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Martina Hanke, Pfarrer Volker Hofmann-Hanke und Sigrun Heicapell (v.l.) setzen sich für Menschen auf der Flucht ein.

Kirchenasyl: Ein starkes Team für Menschen auf der Flucht

Menschen auf der Flucht aus der Ukraine sind derzeit in aller Munde. Die evangelische Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden gewährt seit langem Menschen auf der Flucht aus den verschiedensten Ländern Kirchenasyl. „Zwei junge Menschen aus dem Irak sind derzeit bei uns. Nach Prüfung der Fälle sagt das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche NRW, dass sie in Deutschland den Antrag genehmigt bekommen werden. Bis April sind sie bei uns und leben in zwei kleinen Zimmern mit einem Klo, im Gemeindezentrum ist eine Dusche und eine kleine Möglichkeit zum Kochen. Wir kommen für Verpflegung auf, denn während des Kirchenasyls gibt es keinerlei staatliche Unterstützung. Dafür sammeln wir Geld, wo auch einiges zusammen gekommen ist, was uns sehr gefreut hat“, sagt Pfarrer Volker Hofmann-Hanke.

Kirchenasyl ist die zeitlich befristete Aufnahme von Schutzsuchenden in Räumen, in denen die Kirchengemeinde Hausrecht ausübt. Schutz wird Menschen gewährt, deren Abschiebung oder Überstellung in ein anderes Land voraussichtlich eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der betroffenen Personen oder eine Verletzung ihrer Menschenwürde und Menschenrechte darstellen würde. Während des Kirchenasyls werden alle in Betracht zu ziehenden rechtlichen, sozialen und humanitären Gesichtspunkte geprüft. Pfarrer Volker Hofmann-Hanke betont: „Wir machen kein Kirchenasyl ohne Zielperspektive. Wir gehen da vernünftig dran, wir lassen das von Fachleuten begleiten, die es juristisch gut begleiten können. Es gibt nicht so viele Gemeinden, die das überhaupt machen. Es gibt keine staatlichen Zuschüsse. Wir sind für Kosten und Logis da.“ Er arbeitet intensiv mit dem ökumenischen Netzwerk zusammen: „Wir kennen uns mittlerweile sehr gut.“

Er sagt, dass bisher ausnahmslos alle Menschen „mit Erfolg aus dem Kirchenasyl entlassen worden sind.“ Es habe sich immer um sogenannte Dublin-Fälle gehandelt. Das heißt: Die Menschen müssten eigentlich in das Land der EU zurück, wo sie erstmals Boden der EU betreten haben, um dort ihren Asylantrag zu stellen. „Weil die Bedingungen für Flüchtlinge in diesen Ländern oft desolat sind, kommt es zur Bitte um Kirchenasyl. Uns ist wichtig, dass mit dem Kirchenasyl auch ein erreichbares Ziel verbunden ist: zum Beispiel, in Deutschland den Asylantrag stellen zu dürfen. Dabei arbeiten wir eng mit Fachleuten zusammen, die sich mit den rechtlichen Fragen besser als wir auskennen: konkret mit dem ökumenischen Netzwerk ,Asyl in der Kirche‘ und mit der Migrationsberatung des Diakonischen Werkes in Köln. Bisher gingen alle Fälle positiv aus, allerdings dauerte es oft monatelang.“

„Jeder hat seine eigene Geschichte“

Dabei wird Pfarrer Volker Hofmann-Hanke – neben den gesammelten Spendengeldern – auch von Ehrenamtlichen aus Worringen unterstützt:

Martina Hanke erzählt: „Ich mache etwas ganz Alltägliches, nämlich: die Wäsche waschen. Außerdem schaue ich ab und zu nach, wie es den Leuten geht oder
was gebraucht wird, bin Ansprechpartnerin, besorge kleine Geschenke zum Beispiel zu Weihnachten oder Ramadan.“ Sigrun Heicapell berichtet: „Ich mache vor allem – weil ich das auch von Berufs wegen mitbringe – Deutschunterricht mit den Geflüchteten, sei es, um grundlegende Kenntnisse zu erwerben oder schon vorhandene zu vertiefen. Dabei schaue ich, was gerade an Themen dran ist über das Schulwissen in Deutsch hinaus. Ich zeige auch gerne, wo man günstig einkaufen kann, und helfe bei organisatorischen Schwierigkeiten.“

„Je mehr Kontakt da ist, desto mehr berühren mich die Geschichten: Was sie zu Hause erlebt haben, die Erfahrungen auf der Flucht, enttäuschte Hoffnungen hier, Fotos von zerstörten Wohnungen der Familie oder von erfrorenen Füßen unterwegs. Man könnte so viel erzählen. Jeder hat seine eigene Geschichte, und bei allen ist es absolut verständlich, warum sie da sind. Es ist toll zu sehen, wie motiviert die Menschen sind und wie die Hilfe angenommen wird“, sagt Martina Hanke. Sigrun Heicapell frage sich oft, „warum das Kirchenasyl als letztes Mittel überhaupt nötig ist. Ich rede ganz viel mit den Geflüchteten und erinnere mich an Berichte über Folter in Gefängnissen oder den Überlebenswillen bei der Überwindung einer Grenze. Ich möchte diese Menschen unterstützen, auch weil ich überzeugt bin, dass wir solche jungen Leute hier bei uns brauchen. Es ist schön, dabei zu helfen, dass die Menschen hier einen Schritt weiter kommen, also zum Beispiel für einen Test zu üben, und damit die Hoffnung zu geben, dass sie das schaffen können, dass es eine Zukunft gibt, trotz aller Schwierigkeiten in einer fremden Umgebung.“

Pfarrer Volker Hofmann-Hanke fügt hinzu: „Wenn man diese Menschen fragt, wie es ihnen geht, sagen sie: Ja, ja, alles gut. Aber es sind junge Menschen, denen man eigentlich etwas anderes wünscht. Sie sind aufgeschlossen und lernen fleißig und werden sicherlich unsere Gesellschaft sehr bereichern, wenn sie denn mal loslegen können.“

Kirchenasyl

Die Tradition eines Schutzraumes im Bereich des Heiligen reicht bis in die Antike zurück. Beim Kirchenasyl handelt es sich heute um die Aufnahme von Flüchtlingen, die vom Bundesamt zur Ausreise aufgefordert wurden. Dabei ist wichtig, dass sich das Kirchengebäude nicht im rechtsfreien Raum befindet. Das heißt, den Behörden wird der Aufenthaltsort der Schutzsuchenden mitgeteilt und versichert, dass mit dem Kirchenasyl nicht das Gewaltmonopol des Staates grundsätzlich infrage gestellt sein will, dass die Kirche aber aus Sorge für die Menschen meint, diesen Schritt gehen zu müssen.

Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche NRW e.V.

Joke Jesinghaus, Thomas Brandt
Haus der Evangelischen Kirche | Kartäusergasse 9-11 | 50678 Köln
Keine offene Sprechstunde vor Ort.
Tel: 0221 . 33 82 -281, nrw@kirchenasyl.de

www.hoffnungsgemeinde-koeln.de

Rechtsberatung

Kölner Flüchtlingsrat

Der Kölner Flüchtlingsrat e.V. ist eine Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisation. Seit 1984 setzt er sich für den Schutz und die Rechte der Flüchtlinge, für ihre Integration sowie für Toleranz und Völkerverständigung ein. Als unabhängiges Netzwerk setzt er sich aus Flüchtlingen, Beratungsstellen, Menschenrechtsgruppen, Flüchtlingsinitiativen, Haupt- und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit sowie interessierten Einzelpersonen zusammen.

www.koelner-fluechtlingsrat.de

Text: Frauke Komander
Foto(s): Volker Hofmann-Hanke