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Kirche und Fundraising: Erfahrungen einer Gemeinde im Rechtsrheinischen. Ein WEG-Interview mit Christoph Nötzel

Das Thema Geld spielt eine immer größere Rolle, als uns allen lieb ist. Darum hier noch einmal ein Beitrag aus dem WEG, in dem es um das Thema Fundraising ging:

„Im April 2002 beschloss das Presbyterium des Gemeindebezirks Andreaskirche, das Gemeindezentrum in Schildgen zu renovieren und zu modernisieren. Das Problem: Es fehlte das Geld, um das Vorhaben zu bezahlen. Die Mittel aus der Kasse der Kirchengemeinde Altenberg/Schildgen, sowie die Zuweisungen vom Evangelischen Stadtkirchenverband Köln alleine hätten die Baupläne nicht finanzieren können. Im Juni 2002 gründeten Gemeindeglieder und das Presbyterium deshalb den „Förderverein Gemeindezentrum Andreaskirche“. Dessen Ziel: Über Mitgliedsbeiträge und Spenden genug Geld zu sammeln, um den stufenweisen Um- und Anbau zu ermöglichen. „Fundraising“ heißt der englische Begriff dazu, der mittlerweile in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens Einzug gefunden hat. Über seine Erfahrungen im Hinblick auf Kirche und Fundraising sprach WEG-Mitarbeiter Ingo Gschwilm mit Pfarrer Christoph Nötzel vom Gemeindebezirk Andreaskirche Schildgen.


WEG: Herr Nötzel, was verstehen Sie unter „Fundraising“?
Nötzel: Fundraising ist für mich Kommunikation. Ich habe ein Anliegen, und das muss ich überzeugend nach außen vermitteln. Wir haben für unsere Gemeinde zunächst ein Leitbild entwickelt. Ich glaube, das ist eine ganz wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Fundraising. Man kann nur jemanden für die Zusammenarbeit begeistern, wenn man überzeugend klar machen kann, welche Werte man vertritt und wohin man will.


WEG: Sie sprechen von Zusammenarbeit. Geht es nicht vor allem darum, Geld zu sammeln?
Nötzel: Natürlich geht es ums Geld. Aber es ist ja nicht so, dass man nur sagen muss: ‚Ich mache jetzt Fundraising‘ und die Leute geben einem ihr Geld. Man muss ihnen zeigen, was mit ihrem Geld passiert. Das meine ich beispielsweise mit Kommunikation. Ich würde die Arbeit eher als Sponsoring bezeichnen.


WEG: Boshaft gefragt: Was haben die „Sponsoren“ denn davon, wenn sie sich am Umbau Ihres Gemeindezentrums beteiligen?
Nötzel: Ein lokales Unternehmen erfährt zum Beispiel eine gewisse Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Das kann sich auch nach innen positiv auswirken: Eine Druckerei aus unserem Ort hat sich bei einer unserer Aktionen sehr engagiert beteiligt. Wie ich gehört habe, hat sich das nachher nicht nur sehr positiv auf das Betriebsklima ausgewirkt, sondern auch auf die Auftragseingänge.


WEG: Nennen Sie doch einmal ein Beispiel für eine Aktion im Rahmen des Fundraisings.
Nötzel: Das spektakulärste Beispiel bietet sicher unser „Sponsorenlauf“, der am Himmelfahrtstag 2003 stattgefunden hat. Die Teilnehmer haben sich vorher Personen und Firmen gesucht, die ihnen für jede Runde, die sie auf einer abgesteckten Strecke in Schildgen laufen, einen bestimmten, kleinen Geldbetrag zahlen. Manche Kinder haben 20 Sponsoren gehabt. Insgesamt hatten wir 500 Beteiligte, als Zuschauer und Läufer. Da kam ein großer Batzen unserer Einnahmen aus dem Jahr zusammen.


WEG: Wie schwer ist es denn, in dieser Zeit die Menschen zu überzeugen, Geld zu spenden? Gerade für die Kirche, die ja bereits mit der Kirchensteuer viel Geld erhält?
Nötzel: Natürlich ist das schwer, denn man kann wirklich nicht behaupten, dass die Kirche arm ist. Und viele Leute zahlen ja auch erhebliche Summen an Kirchensteuer. Aber man muss auch sehen, dass das, was davon bei uns ankommt, gerade ausreicht, um das Nötigste zu bezahlen. Für all das, was ein aktives Gemeindeleben ausmacht, müssen wir selber aufkommen.


Fazit und Ausblick
Seit seiner Gründung hat der Förderverein mehr als 50.000 Euro durch Spenden und Mitgliedsbeiträge erhalten. Der erste Teil der Umbauarbeiten – die Renovierung der Jugendräume – wird in Kürze beginnen. Mit der nächsten Bauphase, der Modernisierung der Sanitäranlagen, „würden wir uns wünschen im Sommer 2004 anzufangen“, sagt Nötzel.

Text: Ingo Gschwilm
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