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„Kirche konsequent aus der Zukunft heraus entwerfen“ – Nachrichten von der Frühjahrssynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch

Auftakt mit einem geistlichen Impuls

Mit einem „geistkräftigen“ Gottesdienst begann die Frühjahrssynode des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch. So hatte ihn Superintendentin Kerstin Herrenbrück erlebt, wie sie, zu Beginn der Tagung im Refrather Bürgerzentrum Steinbreche, sagte. Liturgisch verantwortlich für die Feier in der Kirche am Vürfels waren die Pfarrerinnen Ingrid Kibilka aus Porz und Sybille Noack-Mündermann aus Dellbrück-Holweide, die beide in diesem Sommer in den Ruhestand verabschiedet werden.

Der Predigt lag der Satz „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus zugrunde. Kirche könne durchaus stolz sein auf das, was sie getan habe und tue. „Neben aller Selbstkritik können wir uns Freude und Begeisterung leisten“, sagte Noack-Mündermann. „Wir können erzählen von Gottes Hoffnung, die uns Mut macht. Hoffnung zu verbreiten ist Aufgabe der Kirche in Vielfalt und Freiheit.“

Kirchenasyl als sozialethisches Thema

Superintendent Torsten Krall wies gleich zu Beginn auf ein Thema hin, mit dem sich kürzlich der Pfarrkonvent des Kirchenkreises beschäftigt habe: das Kirchenasyl. Die Zustände in bulgarischen und rumänischen Einrichtungen, in denen Geflüchtete nach Dublin-Verfahren inhaftiert würden, seien oft menschenunwürdig. Kirchengemeinden im Linksrheinischen stellten in Bocklemünd Wohnungen für Kirchenasyl zur Verfügung. Das sei ein unterstützenswertes Projekt, das man im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch unterstützen und gegebenenfalls nachahmen könne.

Ehrenamt und Regionalisierung

Ein zentrales Thema der Synode war die Zusammenarbeit der Gemeinden in Regionen. Das Ehrenamt spiele dabei eine wichtige Rolle, die noch zunehmen werde. Durch die Regionalisierung entstünden neue und andere Aufgaben für Ehrenamtliche. Das Ehrenamt in der Region eröffnet neue Herausforderungen. Deshalb seien die ehrenamtliche Mitarbeit und die Ehrenamtskoordination im Prozess der Regionalisierung zentral zu berücksichtigen. Ansprechpartner bei Fragen ist im Kirchenkreis Dr. Thomas Dräger, der eine Fortbildung als Ehrenamtskoordinator absolviert hat und unter thomas.draeger@ekir.de zu erreichen ist.

Zukunft der Kirche: Vortrag von Dr. Steffen Bauer

Andrea Grafenschäfer aus dem Kreissynodalvorstand moderierte den Tagesordnungspunkt und stellte Dr. Steffen Bauer vor, bis Juli 2024 Leiter der Ehrenamtsakademie der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und mittlerweile im Ruhestand. Bauer referierte in einem kurzweiligen Vortrag über die Kirche der Zukunft. Zum Beispiel in Bayern: Dort habe man mit dem Projekt „Einfach heiraten“ große Erfolge gefeiert. 2023 habe man Paaren angeboten, sich anzumelden und nach einer 20-minütigen Liturgie kirchlich verheiratet zu sein. „Wer will das?“, hat sich Bauer damals nach eigenen Worten gefragt. 250 Paare in zwölf Kirchen wollten das. In diesem Jahr traten 800 Paare in 60 Kirchen vor den Altar und „heirateten einfach“.

Konkrete Perspektiven auf Kirchenentwicklung

„Das ist Kirchenentwicklung“, sagte Bauer und erzählte noch eine Anekdote aus dem Westerwald. Ein Paar hatte von „Einfach heiraten“ gehört und wollte sich anmelden. „Nicht zuständig“ habe die Pfarrerin im Kopf gehabt, sich dann aber sagen hören: „Wunderschöne Idee.“ Um 21 Uhr habe sie sich mit dem Hochzeitspaar und der Organistin in der Kirche getroffen. Anschließend gab es Sekt für alle – nicht zu knapp – und der Abend ist der Pfarrerin als unvergessliche Erfahrung im Gedächtnis geblieben.

„Das ist Kirche. Aber das geht nicht, wenn wir das noch zusätzlich machen.“ Man müsse die Strukturen verändern, um die personellen Ressourcen besser zu steuern. „Jeder, der fragt: Was sollen wir noch alles machen?, hat immer recht.“ Es müssten Strukturen geschaffen werden, in denen die Haupt- und Ehrenamtlichen in den Gemeinden mit bestimmten Fragen nicht mehr mit allen Themen gleichzeitig behelligt würden, sondern sich in den vielen Aufgabenfeldern von Verwaltung über Personal und Bauen bis hin zu Gemeindeentwicklung interessensorientiert einbringen könnten.

Gebäudestrategie und Emotionen

Bauer hat die Landeskirchen analysiert und vier strukturelle Handlungsmuster erkannt:
– „Tot stellen“ – Veränderungen schlicht ablehnen, finde nur noch selten statt.
– „Nur optimieren“ – bedeutet in der Praxis, die Vergangenheit der Kirche so lange wie möglich zu erhalten. Haupt- und Ehrenamtliche würden immer weiter belastet, das bestehende Netz werde immer weiter gespannt, immer neue Einsparungen und Zusammenlegungen im bestehenden System erfolgen – „eine Endlosspirale auf dem Weg in den Burnout der Menschen und Systeme“.
– „Schon transformieren“ – Der Blick ist in die Zukunft gerichtet. Man hat die Ressourcenverknappung im Blick, die Kirche wird strukturell, kulturell, vom Gemeindeverständnis und von der Leitung her neu entworfen, um vor allem geistlich vor Ort und als Regio-Lokale Kirche leben zu können.
– „Konsequent aus der Zukunft entwerfen“ – Der Königsweg. Spätestens 2040 werde sich die Zahl der Evangelischen gegenüber 2017 halbiert haben. Bauers Hypothese: Die Regio-Lokale Kirche wird sich in den 294 Landkreisen und 107 Stadtkreisen in Deutschland aufgestellt haben mit jeweils 26.000 Mitgliedern. Diese Einheiten leben weitgehend selbstbestimmt, selbstwirksam und selbstbewusst in den Sozialräumen, in denen sie Kirche sind.

„Das wird plural, kleinteilig, ehrenamtlich und hoffentlich in guter Kopplung mit weiteren Religionsgemeinschaften sein. Immer geht es um die Fragen, was Menschen geistlich-lebensdienlich vor Ort brauchen, wie sie ihre Lebens-, Glaubens- und Gotterfahrungen einbringen und zur Verfügung stellen können und wollen, damit die Rede und das Erleben von Gott in Wort und Tat befördert wird.“

Ganz konkret: Der alte Gedanke „mein Pfarrer“ wird abgelöst. Pfarrer müssen nicht mehr alles machen. Es wird Spezialisierungen geben. Presbyterien sollten sich fragen: Wie soll Kirche in zehn Jahren sein? Was können wir lassen? Haupt- und Ehrenamtliche haben die strategische Aufgabe, in die Zukunft zu blicken – nicht darüber nachzudenken, wer für eine Veranstaltung den Kuchen backt.

Bei der Gebäudebedarfsplanung ist man im Kirchenkreis auf dem Weg. Man habe eine Beratungsfirma ins Boot geholt, berichtete Hartmut Melenk. Auch die Antoniter Siedlungsgesellschaft sei beteiligt. Ein Ergebnis der Analysen werde im September kommuniziert. „Und zwar so, dass es jede und jeder versteht“, sagte Melenk. Und mit einem Anflug von Ironie: „Dann werden wir jede Menge neue Mitarbeiter mit dem Namen Emotion haben. Da bitte ich, dass wir gnädig mit den Mitchristen und -christinnen umgehen.“

Dr. Steffen Bauer verteilte das angefügte Handout.

Hier können Sie es download:

Transformation by Design – Transformation by Desaster

Neues Leben im Veedel: Projekt Mütopia

Die Gemeindepädagogin Katharina Haubold und Pfarrerin Janneke Botta berichteten von dem „Mütopia“-Projekt in Mülheim. „Wir erproben Kirche“, sagte Haubold. „Wir hören auf Menschen im Veedel. Hören auf Gott: Wo bist du schon im Veedel? Was willst du, dass ich dir tue? Lieben und dienen. Daraus entsteht Gemeinschaft. Leben teilen. Wir sind selbst oft überrascht, was passiert. Gemeinde kann neue Form annehmen. Wir fangen immer wieder neu an. Nach sieben Jahren beymeister stellen wir die Fragen nochmal neu.“

„Mütopia“ teile das Leben beim Tanzen, beim Reparieren von Fahrrädern, und dazwischen sei immer wieder Raum für die großen Fragen: Was hat Gott mit deinem Leben zu tun? Mittlerweile hat das Projekt an der Buchheimer Straße sogar das sprichwörtliche Dach über dem Kopf. „Da ist ein Ort entstanden, an dem Menschen gesehen, gewollt und geliebt werden“, ergänzte Janneke Botta. Die Synode entschied, das Projekt auch für die Jahre 2026 und 2027 zu finanzieren.

Finanzieller Rückblick und Ausblick

Die Synodalen stellten den Jahresabschluss des Kirchenkreises fest mit einer Bilanzsumme in Höhe von 7.024.721 Euro und einem positiven Bilanzergebnis von 319.110 Euro. Rücklagenentnahmen in Höhe von 221.475 Euro wurden berücksichtigt. Der Jahresüberschuss in der Ergebnisrechnung beträgt 97.634 Euro. Aus dem positiven Bilanzergebnis wird an die Kirchengemeinden ein Betrag in Höhe von 2,80 Euro je Gemeindeglied ausgeschüttet. Der Restbetrag des Bilanzergebnisses 2024 in Höhe von 110.051 Euro geht in die Ausgleichsrücklage des Kirchenkreises.

Der Kirchenkreis im Überblick

Der Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch umfasst mehr, als der Name auf den ersten Blick aussagt: Vom rechtsrheinischen Teil der Millionenstadt Köln erstreckt sich der Kirchenkreis über Rösrath und Bergisch Gladbach hinaus bis nach Kürten im Rheinisch-Bergischen Kreis und Lindlar im Oberbergischen Kreis. Auch der Altenberger Dom gehört zum Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK