Im Rahmen der Dreikönigswallfahrt hat die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zu einem ökumenischen Gottesdienst in den Kölner Dom eingeladen. Dieser stand unter dem – von der Kölschrockband BAP entliehenen – Thema „Wenn et Bedde sich lohne däät“.
„Wir beschenken uns in dieser Stunde mit dem gemeinsamen Gebet“, begrüßte Stadtdechant Msgr. Robert Kleine die Anwesenden am Dreikönigsaltar, auf den Tag genau 702 Jahre nach der Weihe von Domchor und Hochaltar am 27.09.1322.
Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, erinnerte daran, dass unter den ersten Menschen, die Jesus angebetet haben, die Drei Könige waren und betete mit Worten aus Psalm 27: „Gott ist unser Licht und Heil. Vor wem sollten wir uns fürchten.“ Am Ende des Psalms ist von der Hoffnung des Beters die Rede, eines Tages „die Güte des Herrn“ zu sehen, und „wo Güte ist“, so Bock, „verschwindet die Angst.“
Vaterunser in Gebärdensprache
Das anschließende Vateruser konnte, dank einer Gebärdendolmetscherin, nicht nur gebetet, sondern auch visuell wahrgenommen werden.
Sr. Ancilla Wißling (Karmel Maria vom Frieden) nahm Bezug auf den jüdischen Philosophen Martin Buber, wenn sie das Beten vor allem als eine Du-Beziehung beschrieb. Sie zitierte aus dem „Buch des Lebens“ der spanischen Karmelitin Teresa von Avila: Beten sei „Sich gern und oft bei dem aufhalten, von dem ich mich geliebt weiß wie bei einem Freund“. Beten sei ein „Beziehungsgeschehen“ und keine Münze, die man in einen „Wunscherfüllungsautomaten“ wirft.
Pfarrerin Dorothea Ugi beschrieb, wie ihr Verhältnis zum Gebet einen Wandel durchmachte. Sie sei aufgewachsen in einer charismatischen Gemeinschaft in Süddeutschland, in der das Beten eine herausgehobene Stellung und vor allem eine klare Form hatte. „Ich habe immer sehr angestrengt hingehört, ob Gott auch zu mir spricht. Und nicht nur ich zu Gott. Und meistens war ich verzweifelt, weil das mit der Kommunikation nicht ganz so gut geklappt hat, wie bei anderen.“ Das verrückteste Gebetserlebnis, von dem ihr eine Person berichtet habe, sei das einer Wandergruppe gewesen, die abends, am Ende ihrer Kräfte, Gott um Hilfe gebeten habe. Am nächsten Morgen sei der Berg einfach verschwunden gewesen. Da hatte wohl jemand die bergeversetzende Kraft des Glaubens etwas zu wörtlich genommen … „Wenn ich heute bete, versuche ich nicht, Gott zu meinem Vorteil zu beeinflussen, Gott davon zu überzeugen, wie es gut für mich und die Welt wäre.“
„Beten zieht den großen Gott in ein kleines Herz“
Dr. Brigitte Saviano warf einen Blick auf Beten und Gebet in der Caritas-Arbeit, wo Menschen am Anfang und am Ende ihres Lebens, in Krankheits- und Krisensituationen begleitet werden. „Dabei möchten wir den Menschen in seiner Ganzheit sehen. Es bedeutet, diesen konkreten Menschen in seinem Da-Sein und seinem Geworden-Sein wahrzunehmen und kennenzulernen. Dazu gehört seine Biografie, seine Welt, seine Spiritualität.“ „Warum beten Sie?“ Diese Frage wurde vor einigen Jahren Caritas-Mitarbeitenden aus den verschiedenen Arbeitsbereichen gestellt. Brigitte Saviano zitierte einige der Antworten, z. B. „All die Dinge, die ich am Tag während der Pflege nicht verarbeiten kann, die schreibe ich am Abend auf und teile sie Gott mit“ oder „Wenn ich im Gebet aussprechen kann: ‚So sehe ich das. So geht es mir.´ Das ist befreiend.“ Beten als selbstverständlicher Bestandteil des Tages, als vertrautes Zwiegespräch mit Gott, dem kein Thema zu banal oder persönlich ist, oder wie Mechthild von Magdeburg es formulierte: „Beten zieht den großen Gott in ein kleines Herz.“
Nach dem von Hanns Dieter Hüsch (mit)getexteten Lied: „Keinen Tag soll es geben“, in dessen Refrain es heißt: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der halte unseren Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe“, wurden Fürbitten von Repräsentanten und -innen der ACK vorgetragen.
Welche besondere Rolle das Vaterunser für die Ökumene spielt, ist vielleicht daran abzulesen, dass es in diesem Gottesdienst sogar zweimal, nun gemeinsam, gebetet wurde und Lukas 11, 1-10 zudem Text der Evangeliumslesung war. Mit Segenslied und Segen endete ein Gottesdienst, der das Beten in den Mittelpunkt stellte, nicht als „spirituellen Hochleistungssport“ oder religiöses Lifestyle-Accessoire, sondern als alltägliche „Beziehungsarbeit“.
Foto(s): Priska Mielke