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Karfreitag 2010: „Gottes versöhnendes Handeln ermöglicht einen anderen Umgang mit Schuld und damit Chancen auf ein heiles Leben“. Die Predigt des Stadtsuperintendenten

Stadtsuperintendent Rolf Domning nimmt in seiner Karfreitagspredigt kein Blatt vor den Mund: Offen gibt er zu, dass sich die evangelische Kirche in der Vergangenheit mit der Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs schwer getan habe. Dass es auch Repräsentanten evangelischer Kirchen nicht leicht falle, Schuld einzugestehen.



Mit Gottes Hilfe dem „Teufelskreis der Schuld“ entkommen
Und es ist ganz und gar kein Zufall, dass Domning dieses Schuldeingeständnis ausgerechnet an Karfreitag macht: „… werden wir doch offen konfrontiert mit der eigenen Schuld und Unzulänglichkeit. Das wäre eigentlich nicht auszuhalten. Aber der unschuldig ans Kreuz geschlagene Jesus weist uns den Weg zu einem anderen Umgang mit Schuld“, sagt er. Und weiter: „Gott wählt einen ungewöhnlichen Weg, um uns Menschen eine Möglichkeit im Umgang mit der Schuld zu zeigen. Wer sühnt die Schuld? Die überraschende Antwort: Gott selber! Gott macht sich in seinem (schuldlosen!) Sohn zum Gekreuzigten, der mit ihm leidet und so erst Gerechtigkeit möglich macht.“ Nur so, sagt Domning, können Christinnen und Christen den „Teufelskreis der Schuld“ durchbrechen und zu einem heilen Leben kommen, da werde „eine Tür aufgestoßen, die es uns ermöglicht, der eigenen Schuld ins Auge zu sehen und wieder handlungsfähig zu werden.“

Protestantinnen und Protestanten als neue „Botschafter einer Kultur des offenen Umgangs mit Schuld“
Doch: Schuldhaftes Verhalten könne nicht „einfach weggewischt werden“, warnt Domning. Einerseits bedarf es der Vergebung – und da können wir uns jetzt bereits sicher sein: „zwischen Gott und Mensch ist sie in Jesus vollbracht.“ Andererseits aber müssen Menschen – in der Gewissheit eben dieser „Zuwendung Gottes“, wie sie sich im Karfreitagsgeschehen zeigt – selbst aktiv werden: Domning fordert die evangelische Christinnen und Christen dazu auf, „Botschafter einer Kultur des offenen Umgangs mit Schuld“ zu werden, mit sich, mit anderen Menschen und mit Gott „ins Reine zu kommen“ – und das, obwohl man vielleicht schuldig geworden ist. Der Schlüssel dazu ist für Domning das Eingeständnis: „Ich bin mir meiner Schuld bewusst“. MIt Blick auf Gottes Vergebung ist dies eine Chance – die uns Gott immer wieder gibt. Jederzeit, und ganz besonders an Karfreitag.

Die „Konfrontation mit den unheilvollen Seiten unseres Menschseins“ birgt gleichzeitig auch Chancen für heilsames Wirken
Wörtlich sagt Domning in seiner Predigt: „Der Mann am Kreuz zeigt uns den Weg. Im Anblick des Kreuzes erblicken wir das Antlitz Gottes selbst, das uns in Leid und Schuld zugewandt ist und zugewandt bleibt. Wir können uns nicht selbst rechtfertigen. Wir können aber auch nicht von Gott gerechtfertigt werden, ohne dass wir eingestehen, dass wir Vergebung nötig haben. (…) Der unschuldig ans Kreuz Geschlagene konfrontiert uns mit den eigenen Abgründen, mit den unheilvollen Seiten unseres Menschseins. Karfreitag ist der Tag, an dem wir das ansehen und aushalten müssen.“ Und weiter: „Als Christinnen und Christen müssten wir Botschafter einer Kultur des offenen Umgangs mit Schuld sein. Warum? Weil uns der Karfreitag dazu ermutigt. Weil Gott selbst nicht um eines stillen Triumphes willen, nicht um der Schadenfreude willen, sondern um Heil zu schaffen ans Kreuz geschlagen worden ist. Dies heilsam in unser Zusammenleben einzubringen, dazu sind wir heute aufgerufen: in Familie und Beruf, auch in unserer Kirche, damit wir mit Gott und mit uns selbst im Reinen sind – ohne Schuld verdrängen oder ausblenden zu müssen.“ Darum: „Werden wir zu ‚Botschaftern an Christi statt“ und tragen die Versöhnung in die Welt, in der Versöhnung von Mensch zu Mensch.“

Die ganze Predigt zum Nachlesen finden Sie als pdf-Datei hier

Im Namen unseres Kirchenverbandes wünscht Ihnen die Online-Redaktion eine friedvolle und gesegnete Osterzeit!


Text: Domning/AL
Foto(s): Schulzki