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Jubiläumsgottesdienst: 300 Jahre Evangelische Kirche Frechen

„Lasst Euch aufbauen als ein Haus aus lebendigen Steinen.“ Unter diesem Leitwort feierte die Evangelische Kirchengemeinde Frechen das 300-jährige Bestehen ihrer Kirche an der Hauptstraße 209. Den gut besuchten Gottesdienst, den Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul gemeinsam mit den Pfarrern Bernd Stollewerk und Sven Torjuul leitete, unterstützten der Posaunenchor unter Leitung von Gernot Tillack und die Kantorei unter Leitung von Konstanze Pfeiffer. Presbyter, Gemeindeglieder und Pfarrer Stollewerk ließen Kircheninventar in Spielszenen lebendig werden.

In der Geschichte der Gemeinde, die in der Diaspora wuchs, ist das Bild der Steine ein starkes Symbol. Pfarrerin Koch-Torjuul bezog sich in ihrer Ansprache auf die Bibelstelle 1. Petrus 2 „Das neue Gottesvolk“. Dort spricht Petrus vom „lebendigen Stein“ Christus, der von den Menschen für unbrauchbar erklärt wird, vor Gott aber „auserwählt“ und „kostbar“ ist. Einen Satz aus einem Text der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur Synode 2003 in Leipzig zitierte die Pfarrerin dazu: „Es ist einer Kirche anzumerken, ob in ihr die Gemeinde lebt.“

Feiern in Demut
Pfarrer Stollewerk erinnerte in seiner Predigt an Martin Luthers Grundsatz „solus Christus“. Bei aller Freude über das 300-jährige Bestehen im Reformationsjubiläumsjahr müsse der Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Jesus im Mittelpunkt stehen. „Wir predigen nicht uns selbst, sondern die Vermenschlichung Gottes durch Jesus Christus“, so der Pfarrer. Jede Abkehr von Luthers Grundsatz sei gefährlich und könne wie in der Zeit des Nationalsozialismus zur „Vergöttlichung von Menschen“ führen.

Fröhlich den Glauben leben
Am Sonntag, 26. Februar, plant die evangelische Gemeinde in Frechen eine besondere Aktion. Im Karnevalsumzug werden die Gläubigen mit dem Modell der vor 300 Jahren eingeweihten und rechtzeitig zum Reformationsjubiläum umfassend renovierten Kirche auf einem Fahrradanhänger durch die Frechener Innenstadt ziehen. „Es geht darum, die frohe Botschaft als hellen Schein ins Herz zu geben. Die Menschen froh zu machen, das war einer der großen Durchbrüche der Reformation“, betonte Stollewerk beim Jubiläumsgottesdienst mit Blick auf die kommenden Veranstaltungen.

„Sprechendes“ Kircheninventar
„Ich kam aus Köln im Untergrund, wo wackere Leute unter Androhung von Strafe die evangelische Sache hochgehalten haben“, sagte Jürgen Christoph von Kleist, der eine der drei schwarzen Wandtafeln im Gottesdienstraum verkörperte. „Die Frechener Töpfer und Bauern waren aber auch mutig“, ergänzte die „alte Altarbibel“ von 1693, der Baukirchmeister Reinulf Padberg seine Stimme lieh. In diesen Dialog mischte sich nun der „Abendmahlstisch“, gesprochen von Marie Schulze. „Jetzt ist rund geworden, was vorher eckig war“, sagte die junge Stimme. Neu und anders sind im Altarraum auch das hängende Kreuz und die Taufschale. „So muss es sein, sonst sind wir bald von gestern“, formulierte der von Schulze gespielte „Abendmahlstisch“ im Sinne der Reformation, deren Geist der Wandel ist.

Die Kanzel – Medium für Gottes Wort
Humorvoll verkörperte Pfarrer Stollewerk in einer etwas anderen Predigt die „Kanzel“. „Sie dürfen ruhig ein bisschen Bewunderung zeigen, denn ich stehe als nachweislich einziges Teil aus der ersten Hauskirche unter Denkmalschutz“, erzählte die „Kanzel“. Ursprünglich habe sie an der Wand gehangen und sei mit einem Schalldeckel versehen gewesen, damit sich die Stimme des Predigers nicht im Raum verlor. „Heute sorgen Mikrofone dafür, Gottes Wort an die Menschen zu übertragen.“

Segen über viele Generationen
Im Wechsel mit Pfarrer Torjuul sprach Presbyter Wolfgang Raspe die Fürbitten. „Gott, Herr deiner Kirche, Du hast auch die Gemeinde in Frechen über die Jahrhunderte bewahrt. Du hast uns eine schöne Kirche anvertraut, die unsere Vorfahren gebaut und gepflegt haben“, sagte er. Und weiter: „Am Beginn dieser Kirche standen viele Schwierigkeiten. Doch Du hast Deinen Segen dazu gegeben, über viele Generationen bis heute.“

Als Logo fürs Jubiläumsjahr wählte die Evangelische Kirchengemeinde Frechen den Geusen-Engel mit der Posaune in der gelben Farbe der Kirche. „Er war das Zeichen der widerständigen Gemeinde“, erklärte Koch-Torjuul. Die heutige Gemeinde lenkt mit dem Geusen-Engel den Blick auf ihre Kirche als Ort der Besinnung und Ermutigung, in dem Erinnerungen wachgehalten werden und die Zukunft denkbar ist.

Text: Ulrike Weinert
Foto(s): Ulrike Weinert