Fragile Leitern aus dünnen Eisenstangen mit aufgefädelten Keramikröhrchen stehen im Altarraum der Christuskirche und überragen mit fast fünf Metern Länge die Orgelempore. Die Installation ist Teil der Ausstellung „Irrt herum“, die Andrea Buhmann eigens für die Reihe „kunst in der christuskirche“ kreiert hat.
Der Mensch auf der Suche nach Erkenntnis
„Wer irrt hier herum?“ fragte Doris Stracke, Künstlerin und Mitorganisatorin der Reihe „kunst in der christuskirche“ während der Vernissage, zu der Erika Baumberger, Initiatorin der Kunstreihe, rund 50 Gäste begrüßte. „Wer irrt herum? Sind es die Besucherinnen und Besucher, die Bilder oder die Künstlerin selbst?“ Diese Frage beantwortete Doris Stracke gleich selbst: Es sei der Mensch, der auf der Suche nach Erkenntnis auf einer Leiter hinauf und hinab steige, so wie die Engel auf der biblischen Jakobsleiter. Sie erschien Jakob im Traum, nachdem er im Streit um das Erbrecht vor seinem Bruder Esau geflohen war. Wie die Jakobsleiter, deren Spitze bis in den Himmel reichte, stellen auch die Leitermotive von Andrea Buhmann eine Verbindung zwischen Erde und Himmel her. Die Künstlerin sieht in der Leiter ein universelles Symbol: „Überall auf der Welt wird sie als Sinnbild der Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen irdischer und jenseitiger, zwischen materieller und spiritueller Welt verstanden.“ Auch in außereuropäischen Kulturen würden schamanische Seelenflüge oft mit dem Auf- oder Abstieg über eine Leiter symbolisiert. „Sie wird genutzt, um in die Welt der Geisteswesen und wieder zurück zu gelangen.“
Acht ist die Zahl der geistigen Wiedergeburt
Neben der Leiter spielt die Zahl Acht in Buhmanns „Irrt herum“ eine besondere Rolle. In vielen Religionen gilt sie als heilige Zahl. In der christlichen Zahlensymbolik des Mittelalters ist die Acht die Zahl des glücklichen Anfangs, der geistigen Wiedergeburt, auch der Auferstehung. Aus acht Leitern besteht die Installation im Altarraum der Christuskirche. An den beiden langen Wänden der Kirche hängen zwischen den Fenstern acht Bilder, die unterschiedliche Leiterfragmente zeigen. Farblich nehmen sie Bezug auf die Kirchenfenster, indem die Hintergründe in zartem Blau und Grün gehalten sind. Diese Drucke – Gouache auf Karton – sind im Gegensatz zu dem „Leiter-Chaos“ im Altarraum streng geordnet und haben alle dieselbe Größe von 40 mal 40 Zentimetern. An der Wand gegenüber des Altars befinden sich links zwei Werke, 80 mal 80 Zentimeter groß, und rechts – der Leiter-Installation im Altarraum diagonal gegenüber – ein scheinbar ungeordnetes Chaos von Bildern in unterschiedlichen Größen.
Chaos der Welt in Ordnung bringen
Chaos und Ordnung sind ein weiteres Thema der Ausstellung. „Die Spur des Chaos zieht sich durch die Geschichte des Denkens“, erläuterte Doris Stracke den rund 50 Vernissage-Gästen. Schon in der Antike wollten die griechischen Philosophen „das Chaos der Welt in Ordnung bringen.“ Auch Nietzsche habe erkannt, dass erst das Chaos die Ordnung gebären könne. Scheinbar chaotisch waren auch die musikalischen Klänge, die Christiane Meis-Schrörs (Akkordeon), Rose Schnell (Gesang) und Irma Stieler (Querflöte) präsentierten. Bei ihrer musikalischen Improvisation ließen sich die drei Musikerinnen von der Ausstellung inspirieren. Sängerin Rose Schnell: „Wir waren selber ganz erstaunt, welche Töne diese Bilder aus uns hervorbrachten.“
Informationen
Die Ausstellung „Irrt herum“ ist noch bis zum 13. Oktober in der Christuskirche, Dellbrücker Mauspfad / Bergisch Gladbacher Straße, in Köln-Dellbrück zu sehen, sonntags von 11 bis 15 Uhr und mittwochs von 15 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung mit der Künstlerin, unter Telefon 0228-693251.
Foto(s): Martina Schönhals