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Irene Corbach ist tot. Die Synodalbeauftragte für das christlich-jüdische Gespräch hat vieles bewegt.

Am 24. Februar 2005 verstarb in Köln Irene Corbach, Synodalbeauftragte im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch für das christlich-jüdische Gespräch

Bewundernswerter Einsatz
„Mit ihrem Tod entsteht eine große Lücke, die sicherlich so schnell nicht wieder geschlossen werden kann“. Mit tiefer Betroffenheit reagiert Ernst Fey, Stadtsuperintendent des Evangelischen Stadtkirchenverbandes Köln, auf den Tod von Irene Corbach, Synodalbeauftragte für das christlich-jüdische Gespräch im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch. „Es ist bewundernswert mit welchem Einsatz sie sich für das Gedenken von verfolgten und ermordeten Kindern, Frauen und Männern aus der NS-Zeit eingesetzt hat“, so Fey. Dabei sei sie eine äußerst bescheidene Frau gewesen, in der Sache aber, die ihr so sehr am Herzen lag, immer konsequent und hartnäckig. „Auch durch Rückschläge ließ sie sich nicht von ihrer – größtenteils ehrenamtlichen – Arbeit abbringen“. Die „Sache“, das war ihre Spurensuche nach der jüdischen Vergangenheit Kölns.

Intensives Engagement für die Aufarbeitung des Themas Holocaust
Am 15. Oktober 1994 trat Irene Corbach die Nachfolge ihres im selben Jahr verstorbenen Mannes, des Religionslehrers Dieter Corbach, als Synodalbeauftragte für das christlich-jüdische Gespräch im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch an. Doch schon seit 1984 hat sie sich intensiv für die Aufarbeitung des Themas Holocaust eingesetzt. So recherchierte sie in Archiven und Bibliotheken, etwa um herauszufinden, in welchen Kölner Gebäuden einst jüdische Mitmenschen gelebt hatten. Und sie fand heraus, dass sich die größte jüdische Volksschule vor 1939 in der Lützowstraße in Köln befunden hatte. 1988 wurde, finanziert von den Überlebenden, eine Gedenktafel am Gebäude Lützowstraße 8-18 eingeweiht. Sie weist nicht nur auf die ehemalige israelitische Volksschule hin, sondern auch auf das einst gegenüber gelegene israelitische Kinderheim.

Mahnmal für 1100 ermordete jüdische Kinder
Weitere Gedenktafeln und -plaketten folgten. Auf Initiative der Corbachs wurde 1990 der ehemalige Schulhof des jüdischen Reformgymnasiums Jawne an der St.-Apern-Straße nach dessen Leiter Dr. Erich Klibansky benannt.  Zudem wurde auf dedas Mahnmal „Löwenbrunnen“ errichtet, das die Namen von 1100 jüdischen Kindern trägt, die „von Köln aus in den Tod getrieben wurden“, wie Irene Corbach in einem Interview sagte. Dort veranstaltete Corbach regelmäßig Gedenkfeiern.

Zur Erinnerungsarbeit von Irene und Dieter Corbach gehörte wesentlich die Dokumentation. Die von ihnen verfassten Publikationen erschienen im Scriba-Verlag, den Irene Corbach jahrzehntelang betrieben hat, in dessen Programm sich auch die Reihe „Spuren jüdischen Wirkens“ befindet. Daneben war Irene Corbach Mitglied in der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit sowie im Intersynodalen Arbeitskreis Christen und Juden.

Internationale Netzwerke von jüdischen BürgerInnen aus Köln
Darüber hinaus suchte Irene Corbach ständig den Kontakt zu verfolgten Kölner Jüdinnen und Juden in Deutschland, aber auch in den USA, in England und in anderen Ländern. Sie schuf internationale Netzwerke von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern, die einmal in Köln gelebt hatten und von dort vertrieben wurden. Mit rund 700 ehemaligen Kölnerinnen und Kölnern und deren Nachfahren stand sie in Verbindung. Holocaust-Überlebende brachte sie mit Lehrenden und Lernenden in Schulen und Kirchengemeinden zusammen: „Sie sind die tragenden Säulen im Kampf gegen das Vergessen; ihre Denkanstöße bewirken eine Tschuwah, ein Umdenken“, sagte Irene Corbach.

Mit dem „Obermayer German Jewish History Award“ ausgezeichnet
Ende Januar 2003 wurde Irene Corbach anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus der „Obermayer German Jewish History Award“ verliehen. Mit der im dritten Jahr vergebenen Auszeichnung ehrt die von dem US-amerikanischen Unternehmer Dr. Arthur Obermayer ins Leben gerufene Obermayer Foundation deutsche Bürger, die sich eigeninitiativ für die Bewahrung jüdischer Geschichte und Kultur einsetzen.
Bei ihrer Spurensuche nach der jüdischen Vergangenheit Kölns hat sich Irene Corbach auch von Anfeindungen und Schwierigkeiten nicht entmutigen lassen. Weder durch das Fehlen finanzieller Mittel, noch durch Ablehnungen von Hauseigentümern, Gedenktafeln anzubringen. „Meine Entschlossenheit, dem Vergessen entgegen zu treten, ist eher gewachsen“, erzählte sie im Jahr 2003.

Irene Corbach wurde am 7. November 1937 in Köln geboren. Zuletzt gehörte sie zur Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Dellbrück/Holweide. Dort wurde sie am  3. März 2005 beerdigt.

Tipp
Anlässlich der Verleihung des „Obermayer German Jewish History Award“ war im WEG, der Syndalzeitung für das Evangelische Rheinland ein längerer Beitrag über Irene Corbach und ihr Engagement zu lesen, im Internet hie

Text: Angelika Knapic
Foto(s): Engelbert Broich