Die Nöte und Konflikte eines Menschen, der seine innersten Überzeugungen gegen die Willkür weltlicher Macht verteidigt und dafür Repressalien und schließlich den eigenen Untergang in Kauf nimmt – diesem Thema hatte der griechische Autor Sophokles bereits vor fast zweieinhalb Jahrtausenden mit seiner Tragödie „Antigone“ eine gültige Form verliehen.
In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts las ein junger Mann, der unter den Bedingungen des realen Sozialismus lebte, eine slowakische Übersetzung des Dramas. Dass die Lektüre einen tiefen Eindruck hinterließ, merkt man Milan Sladek an, wenn er über ein Projekt redet, das ihn seit rund 50 Jahren beschäftigt: eine Inszenierung der „Antigone“ mit den Mitteln der Pantomime.
Erfindungsreichtum der Antike
Nun ist es soweit: Am Donnerstag, 23. April, soll die Uraufführung stattfinden, und zwar in der Kölner Trinitatiskirche. Kürzlich erläuterte der weltbekannte Pantomime, der 1970 aus der Tschechoslowakei nach Köln emigriert war und 1974 an der Aachener Straße das Theater Kefka eröffnete, sein Konzept im Römisch-Germanischen Museum. Ohnehin ein passender Ort, wenn es um einen uralten Stoff geht. Aber Sladek, mittlerweile 77 Jahren alt, stellte auch gleich konkrete Bezüge her, erzählte von den ersten römischen Soldaten am Rhein, die der Sprache der Ureinwohner nicht mächtig waren und daher ihre Anliegen teils von Pantomimen dolmetschen ließen. Vergnügt und mit ansteckendem Enthusiasmus berichtete der Künstler vom Erfindungsreichtum seiner antiken Kollegen: „Die haben es sogar gewagt, griechische Tragödien mit Gestik und Mimik darzustellen.“
„Ungewohnte Art von Theater“
An Wagemut und Experimentierfreude steht Sladek den Vorgängern in nichts nach. Er verspricht eine „ungewohnte Art von Theater“, eine „eigenartige Collage“ aus Pantomime, gesprochenem Text und eigens komponierter Musik. Die zwar bunten aber eher archaisch-einfach geschnittenen Kostüme sowie die ausdrucksstarken Masken, die der gelernte Holzschnitzer zum Teil selbst gefertigt hat, waren bei der Vorstellung des Projekts schon einmal zu bewundern. Sladek gab auch kurze szenische Kostproben seines Spiels und verriet, dass er zusammen mit vier Pantomimen der Prager Akademie der musischen Künste die Geschichte der Antigone darstellen wird, die ihren verstorbenen Bruder Polyneikes nach göttlichem Recht bestatten möchte, doch von ihrem Onkel, König Kreon, daran gehindert wird. Im Hintergrund sollen dazu sechs deutschsprachige Schauspieler Texte verlesen. „Wir haben den Text aber stark gekürzt, die ganze Vorgeschichte um Ödipus wird weggelassen“, so Sladek.
Proben beginnen in Ehrenfeld
Nach der Welturaufführung am Donnerstag, 23. April, in der Trinitatiskirche ist die Inszenierung dort am 24. und 25. April sowie am 19., 20. und 21. Mai zu sehen. Beginn ist jeweils um 20.07 Uhr – zu der Uhrzeit, zu der auch im Theater Kefka die Aufführungen anfingen. Am 24. Mai geht’s dann mit „Antigone“ zum Pantomimenfestival nach Prag. Einer ist besonders gespannt: Mathias Bonhoeffer, Pfarrer an der Kartäuserkirche, hatte schon in Sladeks Inszenierung von „Peter und der Wolf“ den Part des Erzählers übernommen. Nun wird der engagierte Laiendarsteller, der auch die Trinitatiskirche als Aufführungsort vorgeschlagen hatte, bei „Antigone“ mitmachen – und zwar als Führer des Chors. Seine Tochter Golda Sophia Bonhoeffer ist ebenfalls dabei, als Organisations-Assistentin. „Wir müssen es nun hinkriegen, dass die Darstellung der Pantomimen mit den Texten übereinstimmt, das ist nicht ganz einfach“, sagte Bonhoeffer. Bald schon sollen die Proben in Ehrenfeld, im Zentrum für Alte Musik (ZAMUS) an der Heliosstraße, losgehen. „Für die heißen Phasen werde ich mir Urlaub nehmen“, so Bonhoeffer.
Kartenverkauf ab sofort
Die Karten für die sechs Aufführungen in der Trinitatiskirche kosten 30 Euro, ermäßigt 25 Euro. Sie sind bereits im Vorverkauf über KölnTicket erhältlich, telefonisch unter 0221/2801. Weitere Informationen gibt’s unter www.milansladek.de
Foto(s): Hans-Willi Hermans