„Mut baut Zukunft“: Mehr als 500 Teilnehmende sind vom 8. bis 11. September dem Motto des 30. Evangelischen Kirchbautags gefolgt und haben sich in und um Köln über Möglichkeiten informiert, um die notwendige Reduktion kirchlicher Gebäude zukunftsweisend zu gestalten. Bauexperten und -expertinnen aus Architektur, Theologie, bildender Kunst und Kirchen haben sich in Vorträgen, auf 21 Stadterkundungen, 17 Exkursionen und in 22 Workshops mit einer Kirche befasst, die daran wächst, dass sie kleiner wird. Ein Gespräch mit Markus Zimmermann, stellvertretender Stadtsuperintendent in Köln, der den Kirchbautag in den vergangenen zwei Jahren mit vorbereitet hat:
Wie sieht Ihr Resümee des Kirchbautags aus?
Markus Zimmermann: Die evangelischen Kirchengemeinden hier in Köln und Region haben gezeigt, wie innovativ und mutig sie sind, sei es bei der Umgestaltung von Kirchräumen oder sogar bei Neubauten. Das hat Eindruck gemacht und hoffentlich auch dazu ermutigt, beides zu tun: Gebäude aufzugeben, die nicht mehr gebraucht werden und die übrigen Gebäude entweder zu verschönern und neu zu gestalten oder aber sogar neu und zukunftsfähig zu bauen.
Was fanden Sie persönlich besonders spannend?
Markus Zimmermann: Ich habe leider, da ich krank geworden bin, nicht alles miterleben können. Aber ich habe den Vortrag meiner Frau Susanne Zimmermann und des Architekten Joel Harris gehört, und als „Gastgeber“ die Exkursion nach Weidenpesch miterlebt. Ich fand auch die Rückfragen aus dem Publikum gut. Sie machten deutlich, dass es zwar ein großer Schritt ist, etwa neu zu bauen, aber dann die Arbeit der Gemeinde weitergeht: Wie schaffen wir es, dass Menschen unser einladendes Zentrum besuchen? Wie bauen wir Schwellenängste gegenüber Kirche ab? Wie sehen wir unsere Rolle im Quartier? Für uns als Kirchengemeinde Mauenheim-Weidenpesch wird jetzt diese spannende neue Zeit beginnen. Wir werden aktiv einladen, zu uns zu kommen, zum Beispiel auch durch Einladung der Nachbarschaft und durch intensivierte Kontaktpflege zu anderen gesellschaftlichen Gruppen und Vereinen in den Stadtteilen.
Welche Impulse für gemeindliche Arbeit und kirchliche Perspektiven nehmen Sie mit?
Markus Zimmermann: Dass wir als Kirche allen – und zwar biblischen – Grund haben, mutig und zuversichtlich zu sein! Wir müssen aus der Klageecke herauskommen. Klage und Jammern macht uns nicht attraktiver und glaubwürdiger. Außerdem ist es wichtig – und damit haben wir in unserer Kirchengemeinde ja intensive und gute Erfahrungen, denn wir haben zwei Zentren abgerissen und eins neu gebaut -, die Gemeinde von Anfang an mitzunehmen und intensiv im Dialog zu bleiben. Wir müssen auch neue Informationsquellen wie zum Beispiel Social Media nutzen. Gemeindearbeit wird ohnehin zweigleisig sein müssen: analog und digital.
Wo haben Sie das Motto „Mut baut Zukunft“ des Kirchbautags besonders gespürt?
Markus Zimmermann: Bei den Gemeinden, die sich neu erfunden haben: nicht nur mit einem Neubau, sondern dem Konzept, das dahinter steht. Am Beispiel Antoniterquartier: Gastgeberschaft und Präsenz mitten in der Stadt. Am Beispiel Immanuelkirche Stammheim und Erlöserkirche Weidenpesch: Beide Gemeinden waren so mutig, jeweils zwei Kirchen abzureißen, um eine neue, die Gemeinde verbindende Kirche zu bauen. Mutig finde ich es aber auch, einen in die Jahre gekommenen Kirchraum neu und modern zu gestalten, zum Beispiel in der Lutherkirche in Elsdorf oder auch aus einem äußerlich wenig attraktiven Gebäude ein Kleinod zu machen, zum Beispiel die Epiphaniaskirche in Bickendorf.
Bei dem Kongress geht es auch um das Bild einer Kirche, die daran wachse, dass sie kleiner werde, hieß es. Was wünschen Sie sich, wie der Kirchbautag nachwirken soll?
Markus Zimmermann: Die Erkenntnis, dass kleiner werden nicht heißt, aus dem Leben zu verschwinden und weniger relevant zu werden. Umso wichtiger ist es für uns als Kirche, mit unseren Gebäuden Marken zu setzen, Leuchttürme zu errichten.
Sie haben mit Ihrer Frau auch am Kirchbautag in Erfurt 2019 teilgenommen. Was haben Sie daraus gezogen?
Markus Zimmermann: Dort waren wir sehr beeindruckt von den ländlichen Gemeinden, die ihre Dorfkirchen verschönert und umgestaltet haben mit dem Erfolg, dass sich viel mehr Menschen mit „ihrer“ Kirche identifizieren als die Kirche überhaupt Mitglieder hat. Auch das war für mich ein Beweis dafür, dass es an uns liegt: nämlich, dass wir uns öffnen und noch viel einladender werden. Wir müssen auch eine Sprache erlernen, die die Menschen verstehen und die dennoch alles andere als banal ist. Nicht die anderen müssen sich ändern, sondern wir müssen es dringend auch tun. Abgesehen vom Kirchbautag war das Tauffest im August für mich ein hervorragend gelungenes und mutiges Beispiel dafür. Wir brauchen nicht einzelne „Erprobungsräume“, sondern sollten den Mut haben, zu einem ständigen Erprobungsraum für Menschen zu werden, in dem sie spüren können, von Gott geliebt und angenommen zu sein.
Foto(s): APK/ Monika Nonnenmacher/Kirchbautag Köln