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Nach dem Gottesdienst trotzten beim Gruppenfoto Uwe Rescheleit (v. l.), Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Riehl, Andreas Kock, letzter Vorsitzender des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Niehl, die Niehler Presbyterin Karin Skiba, Pfarrerin Ingrid Schneider und Bernhard Ottinger-Kasper, Pfarrer in der Evangelischen Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden, Wind und Regen.

Ingrid Schneider, Pfarrerin im Pastoralen Dienst im Übergang, wurde in der Petrikirche in Köln-Niehl verabschiedet

Im März 2017 trat Pfarrerin Ingrid Schneider ihren Pastoralen Dienst im Übergang in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Niehl an. Mitte Januar wurde sie in einem Gottesdienst in der Petrikirche verabschiedet. Ingrid Schneider und Uwe Rescheleit, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Riehl, begrüßten gut achtzig Gemeindeglieder. Pianist Moritz Schily und Sängerin Génesis López gestalteten den Gottesdienst in besonderer Weise musikalisch mit. Im Anschluss leitete der Komitas-Chor der Armenischen Gemeinde Köln e.V. zum informellen Teil der Verabschiedung der Theologin über.

Ingrid Schneider ist seit 2013 seitens der rheinischen Landeskirche als Pfarrerin im Pilotprojekt des Pastoralen Dienstes im Übergang tätig. Dieser ermöglicht Kirchengemeinden, die aufgrund einer (bevorstehenden) Vakanzzeit über mögliche bzw. notwendige Veränderungen in ihrer Gemeindearbeit oder ihrer Struktur insgesamt nachdenken wollen, eine intensive Begleitung durch eine erfahrene Pfarrerin oder Pfarrer.

Konzept

Das Konzept sieht vor, dass die beauftragte Person einerseits „die pfarramtlichen Aufgaben im Sinne einer pastoralen Grundversorgung wahrnimmt“. Andererseits, dass sie die betreffenden Gemeinden „mit beraterischer Kompetenz begleitet“. Dabei stützt sich Schneider nicht nur auf ihre Erfahrungen als langjährige Gemeindepfarrerin in Köln-Klettenberg. Zudem verfügt sie über weitere Ausbildungen insbesondere im Bereich von Organisationsentwicklung. Ihre ersten beiden Stationen im Übergangsdienst waren Bergisch Neukirchen und Düsseldorf-Eller.

Zuletzt war Schneider bis Ende 2019 auf einer 75%-Stelle in der Niehler Gemeinde tätig. Diese hat die Pfarrerin in einem längeren Prozess der Teilung begleitet und beraten. Erfolgreich: Zum 1. Januar 2020 hat sich der nördliche Teil der Niehler Gemeinde, das sind Merkenich, Fühlingen und die Rheindörfer, mit den Evangelischen Kirchengemeinden Köln-Neue Stadt und Köln-Worringen zur Evangelischen Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden zusammengeschlossen. Für den südlichen Teil der Niehler Gemeinde, er umfasst den Stadtteil Niehl, wurde laut Presbyteriumsvorsitzender Andreas Kock ein umfassender und verbindlicher Kooperationsvertrag mit der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Riehl geschlossen.

Diese Lösung sei insofern ungewöhnlich, weil es sich um „eine weitreichende Kooperation über Kirchenkreisgrenzen hinweg“ handele, so Schneider. Ermöglicht habe diesen Vertrag ein neues, auf der Landessynode 2019 beschlossenes Kirchengesetz. Laut Schneider kooperieren die Gemeinden Niehl und Riehl unter anderem beim Konfirmandenunterricht und Auftritt in der Öffentlichkeit; bei Beratungen der Leitungsgremien, der Veranstaltungsplanung und in der Nutzung von Personal, wie aktuell schon im Bereich Kirchenmusik.

Zukunftsweisende Lösung ist größte Aufgabe

Als größte Aufgabe im abgeschlossenen Prozess der Teilung der Niehler Gemeinde bezeichnete Schneider, für beide Seiten eine zukunftsweisende Lösung zu finden. Die stärksten Herausforderungen für die beiden neu entstandenen Gebilde sieht die Pfarrerin nun darin, „die Ideen und Zusammenschlüsse wirklich mit Leben zu füllen und ein aktives und attraktives Gemeindeleben auf den Weg zu bringen“. Das sei deshalb herausfordernd, weil „in den einzelnen beteiligten Gemeinden sehr unterschiedliche Gemeindekulturen und Gewohnheiten“ bestünden. „Das kann fruchtbringend für etwas ganz Neues sein, kann aber auch schnell zum Stein des Anstoßes werden, wenn Unterschiede und Verschiedenheiten nur als trennend erlebt werden.“ Als „schön“ habe sie im Verlauf des Entwicklungsprozesses erlebt, „dass letzteres aber nicht in den Vordergrund trat“.

Die Entwicklung einer Fusion oder auch einer Kooperation habe viele Mütter und Väter, so Schneider. Ihr spezifischer Beitrag sei gewesen, „hier über Prozessstrukturen und das Runterbrechen der nötigen Aufgaben in Kleinstschritte den zu gehenden Weg wirklich gangbar zu machen“. Gerade bei einer Fusion seien so viele kleine Schritte zu gehen, so viele Dinge zu erwägen – das bedeute weit mehr als am Ende nur ein paar Beschlüsse zu fällen. „Mit meiner Kompetenz der Organisationsentwicklung habe ich den Gesamtprozess im wahrsten Sinne des Wortes designed, mir die Sequenzen überlegt und die Aufgaben in Arbeitspakete gepackt. Diese konnten dann nach und nach von den Gremien bearbeitet werden“, schilderte Schneider.

Sie vergleicht den Fusionsprozess mit einem Hausbau. „Ein Architekt hat die Aufgabe, beim Hausbau die Wünsche der Bauherren zu erspüren, dafür den Entwurf zu machen und dann in Abstimmung mit den Bauherren den Bau zu begleiten.“ Der Fusionsprozess sei nur mehr eine Art notwendiger sozialer Architektur. Es gehe also darum, „die Menschen in passenden Formen zusammenzubringen, damit Gespräche über die Vorstellungen, wie die Zukunft aussehen kann, wirklich stattfinden. Und das war meine Rolle.“

Predigt

Ins Zentrum ihrer Predigt stellte Schneider Matthäus 2,1-12. Durch den Text über die Sterndeuter werde das Weihnachtsgeschehen richtig lebendig, leitete sie ein. Es zeigte sich bald, dass Schneider in ihrer klar strukturierten Auslegung nicht zuletzt auf die Situation und Herausforderungen der veränderten und neuen Gemeinden vor Ort einging.

Der Beruf der Sterndeuter habe Qualitäten von Hinsehen, Hinhören, von Achtsamkeit für das, was sich zeige. Es gehe den Weisen darum, Zusammenhänge zu erkennen, zum Kern der Dinge vorzudringen. Die drei Sterndeuter bei Matthäus zeichnen sich laut Schneider durch vier herausragende Qualitäten aus. Als erste Qualität benannte sie „das-sich-auf-den-Weg-machen“, also den entscheidenden ersten Schritt wagen. Sie seien bereit gewesen für ein aus ihrer Sicht attraktives Ziel einen beschwerlichen, gefahrvollen Weg in Kauf zu nehmen. „Uns geht es auch so“, zog die Pfarrerin Parallelen. Aber wie oft folge auf den Vorsatz eben nicht der erste Schritt, wie oft bleibe das bei uns allein im Kopf? Und, gab Schneider zu bedenken, „eine Garantie für das Gelingen haben wir nicht“.

Zweitens seien die Weisen neben dem Stern als äußerem Richtungsweiser einem inneren Kompass gefolgt. Die Quelle von innerer Freude ermutige inneren Träumen zu folgen. „Manchmal begegnen wir Menschen, die das tun, worauf ihr Herz zeigt“, sagte Schneider. Die Frage danach, wohin es einen ziehe, gelte letztlich auch für Gemeinden: „Was wollen wir mit dem Leben in den Gemeinden verwirklichen, was sollen Menschen in unserer Mitte entdecken mögen?“ Wir bräuchten Orientierung, wohin es gehen solle, betonte Schneider. Die Sterndeuter seien drittens offen für unerwartete Wendungen gewesen. Es gelte zu erkennen, wenn Dinge nicht so seien, wie wir sie erhofft oder erwarte hätten, „es doch gut ist“.

„Die Geister unterscheiden können und sich nicht von falschen Verbindlichkeiten einfangen lassen“, zeichne viertens die Sterndeuter aus. Ihre Geschichte verdeutliche, dass am Ziel Angekommene nicht so einfach zurückgehen könnten. „Sie sind andere geworden, die alten Wege passen nicht mehr.“ Der Weg habe sie zu Weisen gemacht. Aus der Kraft ihrer Seelen sei ihr Handeln entstanden. In ihren Herzen hätten sie ihre innere Weisheit, die Kraft aus göttlicher Ressource gefunden. So viele Menschen befänden sich auf dem Weg, sagte Schneider. „Wer ahnt schon, dass damit ein fundamentaler Paradigmenwechsel verbunden ist. Kann ich die innere Weisheit wahrnehmen und wage ich, ihr zu vertrauen?“ Eigentlich seien Kirchengemeinden wunderbare Orte, um sich gegenseitig Mut auf diesem Weg zu machen, schloss Schneider.

Laudatio

„Das, was Sie eben gepredigt haben, haben Sie hier gelebt“, dankte ihr Andreas Kock in der offiziellen Verabschiedung. Schneiders Wirken in Niehl und darüber hinaus sei geprägt gewesen durch die Aufgabe, „eine Gemeinde in einer schwierigen Übergangszeit zu begleiten“. Neben ihren dienstlichen Aufgaben und Amtshandlungen als Pfarrerin habe sie es zusammen mit dem Presbyterium erreicht, dem nördlichen wie dem südlichen Teil der Niehler Gemeinde eine neue Heimat zu geben. Kock stellte Schneiders „maßgebliche Unterstützung“ bei der Fusion des kleineren nördlichen Gemeindebereichs mit den Gemeinden Worringen und Neue Stadt heraus. Und er würdigte, dass man unter ihrer Führung den Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der Riehler Gemeinde erreicht habe.

Der Presbyteriumsvorsitzende attestierte Schneider spirituelle Intelligenz, großes Fachwissen und ausgeprägte Managementfähigkeiten. Dank dieser „haben Sie uns begeistern und mitreißen und so auch zu den anderen Gemeinden einen herzlichen Kontakt herstellen“ können. Gerade auch bei Problemen und Rückschlägen habe Schneider „uns gezeigt, wie wir diesen mit einer geistlichen und spirituellen Haltung begegnen und damit Räume für neue Wege schaffen konnten und in der Zukunft können“, so Kock. Dank prägte auch die Fürbitten: Dank für Schneiders Mühe, Freundlichkeit und ihr großes Herz: „Ihre lebendigen Gottesdienste haben jeden einzelnen von uns begeistert und inspiriert.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich