„glaubensreich“ heißt die Zukunftsinitiative der Evangelischen Kirche im Rheinland, die in diesem Monat startet. Mitmachen kann jeder und jede, der/die das Evangelium in lebendiger Art und Weise miteinander teilen und gestalten will – unabhängig von der Gemeindezugehörigkeit! In sogenannten Werkstätten werden Zukunftsfragen diskutiert und Ideen entwickelt, den eigenen Glauben zu leben – und mit anderen zu teilen. Einer der Initiatoren ist Pfarrer Christoph Nötzel, Leiter des Amtes für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste (gmd) der Evangelischen Kirche im Rheinland. Mit ihm sprach Angelika Knapic:
Worauf zielt die Initiative „glaubensreich“ konkret, welche Zielgruppe(n) möchten Sie ansprechen?
Christoph Nötzel: „glaubensreich“ wendet sich an Menschen, die etwas wollen. Und zwar, ihren Glauben zum Ausdruck und Kirche in Bewegung bringen. Im Blick sind nicht die Delegierten und Funktionäre, sondern unter anderem die motivierten Frustrierten. Menschen, die das Gefühl haben, mit ihren Ideen und Anliegen allein zu stehen und dafür keinen Raum in der „etablierten Kirche“ finden. Menschen mit „schrägen Ideen“. Bei „glaubensreich“ können sie andere „Schrägdenker“ finden.
Was genau ist das Neue an der Aktion?
Christoph Nötzel: „glaubensreich“ bietet engagierten Christinnen und Christen eine Plattform, miteinander in den Austausch zu kommen: sich zu vernetzen, Glauben phantasievoll zu leben, Ideen für morgen zu entwickeln, sich in konkreten Projekten zu beraten und zu unterstützen – und das über die Grenzen der Institution Kirche hinaus. Wir freuen uns auf Glaubenstänzer, die den Mut haben, neue Rhythmen zu wagen. Und die etablierte Kirche sagt: Probiert’s mal aus, wir wollen das unterstützen, wir spielen euch gerne dazu auf.
Welche Art von „konkreten Projekten“ meinen Sie?
Christoph Nötzel: Das kann die ganze Breite kirchlichen Handelns sein: eine Ladenkirche, ein Straßen-Gottesdienst, geistliche Clownerien, eine Kaffee-Station in der KiTa, ein Twittergottesdienst … Es gibt dafür keine Vorgaben von unserer Seite. Die Akteure sind gleichzeitig auch die Teilnehmenden. Sie werden darüber entscheiden, was im Zusammenhang von „glaubensreich" geschieht.
Worin liegt der Unterschied zu anderen Glaubens-Projekten, die bereits bestehen?
Christoph Nötzel: Das weiß ich nicht. Aber ich wünsche mir Aufbrüche über das Etablierte hinaus. Projekte, in denen das ansteckend Lebendige des Evangeliums spürbar wird. Glaube, der sich traut – und so Vertrauen zeigt. Menschenfreundlich, warmherzig, mutig. Glaubensprojekte, die überraschend neue Zugänge zum Glauben eröffnen.
Was dürfen sich denn Gemeinden und Kirchenkreise von der Initiative bzw. von den durch sie angestoßenen Projekten erhoffen?
Christoph Nötzel: „glaubensreich“ legt neben den vielen Organisationsfragen, mit denen wir uns innerkirchlich beschäftigen müssen, nochmal eine andere Spur. Die geistlich-engagierte Spur. „glaubensreich“ geht es um Auftrag und Berufung der Kirche. Wir meinen: Das ist die wesentliche Spur, wenn es um die Zukunft der Kirche geht. Da liegt der eigentliche Schatz der Kirche. Und hier findet sich auch Inspiration für die Zukunft. Da kann es passieren, dass Gemeinden oder Kirchenkreise überrascht werden von dem, was alles möglich ist. Und sich auf einmal bisher verschlossene Wege zu Menschen öffnen.
Was zeichnet den Austausch in den Werkstattgesprächen aus? Über welche Inhalte könnte man sprechen?
Christoph Nötzel: „glaubensreich“ versteht sich als Initiativ-Prozess über zunächst zwei Jahre. Wir haben zwar den Weg geplant – wir wissen aber noch nicht, welche Schritte wir gehen werden. Das entscheidet sich unterwegs. Das heißt aber nicht, dass wir ziel- und planlos unterwegs sind. Die Inhalte von „glaubensreich“ werden von den Akteuren eingebracht. Wir geben keine Programmatik vor – außer, dass wir nicht dauernd über Organisationsfragen sprechen wollen, sondern über das, wofür Kirche eigentlich da sein soll. Also: viele Gespräche, viel Werkstatt-Charakter, offener Austausch auch über Social Media, über Kreativrunden und Netzwerktreffen. Jedenfalls keine Konferenz-Atmosphäre.
„glaubensreich“ endet im Jahr 2016, kurz vor dem Reformationsjubiläum im Jahr 2017. Wollte man sich bewusst davon absetzen? Oder ist die Initiative auch als Teil der Reformationsdekade zu sehen?
Christoph Nötzel: „glaubensreich“ wird richtig öffentlich mit einem größeren Treffen in Köln am Vorabend des 500. Reformationsjahres, am 28. und 29. Oktober 2016. Da hat uns der Zufall ein wenig in die Karten gespielt. Aber Zufall ist die Logik Gottes. Wir wollen jedenfalls mit „glaubensreich“ auch einen Impuls ins Reformationsjubiläum setzen. Der lautet: Liebe evangelische Kirche, schau in diesem Jahr nicht nur zurück, kehr nicht bloß die Asche zusammen. Entfach das Feuer neu!
Wenn die Initiative erfolgreich ist, was müsste dann im Jahr 2016 anders sein als heute?
Christoph Nötzel: Ob „glaubensreich“ gelingt, entscheidet sich bei den einzelnen Menschen und vor Ort. Ideen wurden entzündet, Projekte geboren, Aufbrüche gewagt. Dann haben Menschen zusammengefunden, die vorher nichts voneinander wussten. Dann gibt es die eine oder andere neue Lebensform von Kirche. Auch unter Menschen und an Orten, die heute nichts mit Glauben am Hut haben. Und unterwegs entdecken wir Bilder einer Kirche von morgen und entwickeln dafür Kräfte und Möglichkeiten, den Weg in die Zukunft zu gehen – aus der Kraft des Evangeliums von Jesus Christus.
Wer jetzt Interesse verpürt, sich in die Aktion mit einbringen zu wollen, kann sich für das erste Treffen am Samstag, 22. November, von 10.30 bis 16.30 Uhr in der Trinitatiskirche, Filzengraben 4, 50667 Köln, anmelden.
Kontakt und Anmeldung:
Evangelische Kirche im Rheinland, Amt für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste, Telefon 0202/282 04 01, E-Mail: gmd@ekir.de, www.glaubensreich.de
Das erwartet Sie beim 1. Netzwerkwertreffen:
- Austausch mit anderen aktiven Personen
- Kreativrunden: Ideen und neue Projekte, die Glauben auf vielfältige Art und Weise zum Ausdruck bringen wollen
- Anregende Impulse zu gesellschaftlichen Trends
- Raum für Besinnung und Inspiration
- Sammlung von offenen Fragen und Herausforderungen zur Bearbeitung in weiteren Netzwerk-Treffen
- Know how-Austausch-Börse: Beratung und Austausch zu Fragen der praktischen Umsetzung
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