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Improvisationen über den Isenheimer Altar in der Trinitatiskirche

„Ein Stück seiner Heimat“ vermittelte Organist Thierry Mechler in seinem Konzert an der Klais-Orgel der Trinitatiskirche den Besucherinnen und Besuchern, als er „Improvisationen über den Isenheimer Altar“ spielte.

Kunstwerk ist weltbekannt
„Dieser Isenheimer Altar ist nicht nur ein Kunstwerk“, erklärte Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd, in seinen einleitenden Worten, es ist „weltbekannt und in zahllosen Kunstbänden abgedruckt“. Es gehöre zum zentralen europäischen Kulturgut. Für Mechler, Professor für künstlerisches Orgelspiel und Improvisation an der Hochschule für Musik und Tanz Köln sowie Orgelkustos der Kölner Philharmonie, ist dieses außergewöhnliche Werk auch ein Stück Heimat. Geboren wurde er im elsässischen Mulhouse – deutsch: Mülhausen – so dass er seine Jugend ganz in der Nähe des Isenheimer Altars verbrachte.

Inspirationen durch den Altar
„Die Malerei hat mich mein Leben lang stark geprägt“, verrät Mechler dann auch vor dem Konzert. Er erinnerte, wie beeindruckt auch andere Komponisten wie etwa Paul Hindemith waren, als sie den Altar besuchten, um ihn teilweise stundenlang tief versunken zu betrachten. Nun, da Thierry Mechler selbst zu einem der wichtigsten Repräsentanten der französischen Organistenszene und zu einem namhaften Komponisten geworden ist, lag es für ihn nahe, sich ebenfalls vom Isenheimer Altar inspirieren zu lassen.

Bilder in Musik umwandeln
Was Thierry Mechler in der Kölner Trinitatiskirche darbot, war jedoch nicht Stimmungsmusik, wie er im Gespräch mit Superintendent Seiger betonte, keine musikalischen Reproduktionen des Gesehenen. „Die Improvisationen sind eher Kontrapunkt zur Malerei des Altars“, erläuterte Mechler: „Ich versuche die Botschaften der Bilder in Musik umzuwandeln“. So versuchte er, wie es bereits im Programmheft zu lesen war, „seine Gefühle und Beobachtungen dieser suggestiven Bilder auszudrücken, spontan, mit unvorhergesehenen und oft unbewussten, nicht rationalen Eingebungen.“

Zehn Bildmotive
Für dieses außergewöhnliche Improvisationskonzert erwies sich die Trinitatiskirche als würdiger Rahmen. Mechler teilte den Abend in zehn Teile ein, die sich mit spezifischen Bildmotiven des Altars beschäftigten. Die dunkle Jahreszeit ermöglichte sehr gut erkennbare Projektionen, so dass die Improvisationen stets einen festen Halt in einem klar definierten Bildmotiv hatten. Nachdem vor Beginn des Konzertes der Isenheimer Altar als Ganzes zu sehen war, wurden im Verlauf der Darbietung die spezifischen Motive in Detailaufnahmen auf eine große Leinwand vor dem Altar projiziert. Die Vorgehensweise war eine chronologische, die dem Kirchenjahr entsprechend und zur Zeit des Konzerts passend mit der Verkündigung begann. Schon hier war zu hören, wie sehr sich Mechler darum bemühte, die sehr eigene Stilistik des Altars in die Musik hinein zu transportieren und eben nicht in den Improvisationen zu sehr auf die bekannten Vertonungen des Ave Maria motivisch zurückzugreifen. Dadurch stellte er den Altar musikalisch nicht primär in die kunsthistorische Tradition, sondern als eigenständigen Monolith dar.

Engelkonzert und Grablegung
Anschließend ging es weiter über das Engelkonzert und die Geburt Jesu über die Kreuzigung bis hin zur Grablegung, um in der Auferstehung den emotionalen Höhepunkt zu erreichen. „Die fantastische Auferstehung ist der Eckstein des Altars“, meint Mechler, um sofort einzuschränken: „Mich persönlich bewegt sehr die Grablegung. Alles kommt hier zur Ruhe“. Auch diese Motive, obwohl die dargestellten biblischen Geschichten Generationen von Dichtern und Komponisten zu sehr wirkungsmächtigen und starken Stücken inspiriert haben, erschloss sich Mechler improvisatorisch, ohne große Rückgriffe auf den bekannten Fundus der Kirchenmusik.

Heiligengeschichten am Abend
Die weiteren Teile des Altars wie auch der Improvisationen beschäftigten sich mit Heiligengeschichten, nämlich dem Heiligen Sebastian, dem Heiligen Antonius sowie der Begegnung des Antonius mit Paulus und schließlich der Versuchung des Heiligen Antonius – durchaus passend zur Adventszeit, wenngleich in der Trinitatiskirche Köln keine Monster lauern, sondern nur Glühweinstände am nahen Heumarkt.

Text: Anselm Weyer
Foto(s): Anselm Weyer