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„Ich freue mich das ganze Jahr darauf, dass ich bei Ihnen malen darf!“

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (Genesis 2, 18). In Anlehnung an diesen Bibelvers aus der Schöpfungsgeschichte lud der Evangelische Kirchenkreis Köln-Süd unter der Überschrift „Leben in Beziehungen“ zum 22. Frauentag ein.

Mehr als 100 Frauen trafen sich im Berufsförderungswerk der Diakonie Michaelshoven in Sürth zum traditionellen Frauentag, um gemeinsam kreativ zu werden, sich auszutauschen und zusammen zu feiern. Das zehnköpfige Vorbereitungsteam um die Frechener Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul hatte wieder vielfältige Workshop-Angebote und ein attraktives Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Bewährtes im Ablauf wurde beibehalten, Neues eingeführt, und drei junge Pfarrerinnen aus dem Kirchenkreis machten ihre ersten Erfahrungen im Orga-Team und als Workshop-Leiterinnen.

Eine erfolgreiche Tradition
Seit 22 Jahren gibt es ihn – den Frauentag des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd. Eingeführt hatte ihn 1994 die damals erste Superintendentin des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Hannelore Häusler. Das grundlegende Motto des Frauentages lautet bis heute „Ich nehme mir Zeit“. Die Frauen können sich einen Tag lang mit einem besonderen Thema und mit sich selbst auseinandersetzen. Das scheint bis heute das Erfolgsgeheimnis zu sein, denn „wenn Frauen etwas für sich entdeckt haben, was ihnen gut tut, dann sind sie auch treu, das wissen sie zu schätzen“. Davon ist Almut Koch-Torjuul, die seit mehr als zehn Jahren im Orga-Team mitarbeitet, überzeugt. Der Frauentag verbreitet sich hauptsächlich über Mund-zu-Mund-Propaganda, viele Frauen kommen zu zweit oder auch in Gruppen. Wer allein kommt, findet ebenfalls sofort Anschluss, denn in den Workshops werden schnell neue Kontakte geknüpft. Auch das Datum hat sich bewährt: Man trifft sich immer am letzten Samstag im Januar. Wichtig sei außerdem, so Koch-Torjuul, „dass wir uns immer etwas Neues einfallen lassen“.

Altbewährtes kehrt zurück
Der Frauentag dauert in der Regel von 10 Uhr bis 17 Uhr, das gemeinsame Mittagessen und der Gottesdienst in der Erzengel-Michael-Kirche sind fester Bestandteil des Programms. In den vergangenen Jahren gab es bis zur Mittagspause jeweils einen längeren kulturellen Beitrag, beispielsweise Theater oder Kabarett. Nach der Mittagspause ging es dann in die Workshops, für die sich die Frauen bereits bei der Anmeldung entscheiden mussten. Da gab es schon mal enttäuschte Gesichter, wenn der Favorit ausgebucht war. In diesem Jahr stiegen die Chancen für jede Teilnehmerin in ihren gewünschten Workshop zu kommen, denn es wurden zwei Workshop-Phasen angeboten, eine am Vormittag und eine am Nachmittag. Unter acht Angeboten konnten die Frauen wählen, alle waren gut nachgefragt, keines musste ausfallen.

Pantomime und Schwiegermütter
Bei der Suche nach Themen für den Frauentag entwickelt das Orga-Team immer neue Ideen und geht dabei auf den Lebensalltag der Frauen ein. So kamen in diesem Jahr, passend zum Motto „Leben in Beziehungen“, auch einige Impulse durch das „Familienpapier“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Es habe sich im Vorfeld die Frage gestellt, was Familie heutzutage bedeute und wie eng oder weit der Begriff zu fassen sei, so Koch-Torjuul. „Der Tag sollte vor dem Hintergrund dieser Diskussion auch dazu anregen, zu gucken, wo erlebe ich wichtige Beziehungen und wie prägen diese mein Leben.“
Der Morgen startete mit einer Gruppenpantomime, bei der vier Frauen völlig beziehungslos aneinander vorbeiliefen, sich die Wege abschnitten, sich nicht aufeinander bezogen. Eine durchbrach schließlich diese Situation, nahm Beziehung zum Publikum auf und lächelt es an. Derart vorbereitet, starteten die Frauen in die erste Workshop-Phase, die für jeden Geschmack etwas zu bieten hatte: Musik, Tanz, Malerei, Psychologie und Theologie. Pfarrerin Andrea Döhrer beispielsweise hatte sich das Buch Ruth ausgesucht. Darin sagt die Schwiegertochter zu ihrer Schwiegermutter: „Wo du hingehst, da will auch ich hingehen“. Dieser Satz, oft auch als Trauspruch gewählt, erzählt die spannende Geschichte einer Frau, die ihrer Schwiegermutter folgt, obwohl diese einen anderen Glauben hat: Ausgangspunkt für neue Sichtweisen und Erkenntnisse und für ein Gespräch über kluge und weise Frauen in der Bibel und im heutigen Leben.

Beziehungen in der Kunst
Seit 2011 Jahren arbeitet die Kunst- und Museumspädagogin Suyin Scheid-Hennig im Vorbereitungsteam des Frauentages mit. Ihr kreativer Workshop trug den Titel „Ich und Du und Wir – Beziehungen in der Kunst“. Als Einstieg zeigte sie Bilder aus der Kunstgeschichte, einerseits altertümlich wirkende Familienbilder aus dem 19. Jahrhundert, andererseits Bilder aus dem 20. Jahrhundert von modernen Malern wie Pablo Picasso, Marc Chagall oder Gustav Klimt. Das bot genügend Diskussionsstoff, um sich darüber auszutauschen, wie Beziehungen in der Kunst dargestellt werden, und welche Möglichkeiten Farben und Formen bieten.
Im praktischen Teil konnten sich die Frauen für eine Beziehungsform entscheiden, die sie dann künstlerisch darstellten: es wurde gezeichnet, gemalt oder geschrieben. In der Abschlussrunde wurden die Werke gemeinschaftlich betrachtet. Manchmal entdeckte die Gruppe in einem Bild ganz neue Motive, die von der Malerin gar nicht bedacht waren. Oder umgekehrt: Impulse der Gruppe regten dazu an, über neue eigene Aspekte nachzudenken. Das sei sehr spannend, so Scheid-Hennig. Schon einige Male habe sie den Satz gehört „Ich freue mich das ganze Jahr darauf, dass ich bei Ihnen malen darf!“. Fast, als habe sich schon ein kleiner Fanclub gebildet. Charakteristisch für den Frauentag sei, dass man achtsam miteinander umgehe und viel Lob ausspreche. Alles Beachtenswerte werde beachtet, das stärke das Selbstwertgefühl und halte die Gruppe zusammen, erklärte Scheid-Hennig.

Die drei "Neuen": Miriam Haseleu, Kathinka Brunotte und Kristina Kügler (v.l.)
Frischer Wind für den Frauentag
Die meisten Besucherinnen des Frauentages sind zwischen 40 und 80 Jahre alt, einige haben bislang noch keinen einzigen Frauentag verpasst. Jetzt kommt noch frischer Wind von anderer Seite hinzu: Die drei Pfarrerinnen Miriam Haseleu, Kristina Kügler und Kathinka Brunotte, alle Anfang 30, engagieren ich seit kurzem im Orga-Team des Frauentages. In diesem Jahr waren sie gleich mit zwei Workshops vertreten. Vikarin Kathinka Brunotte aus Rodenkirchen bot in ihrem Workshop „Biblische Beziehungskisten“ eine Spurensuche zu alten Geschichten an und verband diese mit aktuellen Bezügen und der Methode des Bibliolog. Haseleu, Pfarrerin mit besonderem Auftrag in Köln-Zollstock, und Kügler, Pfarrerin im Probedienst in Wesseling und Frechen, boten einen gemeinsamen Workshop unter der Überschrift „Beziehungsweise Gott“ an. „Mir ist ganz wichtig, über den Glauben im Gespräch zu bleiben, bzw. ins Gespräch zu kommen“, betonte Haseleu, die zusammen mit Kügler und zehn weiteren Frauen versuchte, Gott in der Stille auf die Spur zu kommen. Sehr angenehm fand sie die positive Grundstimmung und den offenen Austausch in ihrem Workshop. Ihrer Kollegin Kügler gefällt das Konzept des Frauentages ebenfalls gut, beide wünschen sich noch mehr jüngere Frauen bei dieser gut besuchten Veranstaltung. Vielleicht, so die beiden, sollte man künftig noch mehr Werbung machen, die Themen plakativer setzen und generationsübergreifend verweben. „Total überrascht und auch berührt“ war Haseleu von der guten Kommunikation unter den Frauen. Diese sei ganz anders als in ihrer Generation, „irgendwie freier, ohne Druck und sehr offen“.

Kollekte für Mädchen in Afrika
Der Frauentag 2015 des Kirchenkreises Köln-Süd ging traditionsgemäß mit einem gemeinsamen Gottesdienst zu Ende. In der Kollekte wurde für die Sorores-Mundi-Stiftung (lat. „Schwestern der Welt“) gesammelt, die sich für die Bildung von Mädchen in Sambia, im Süden des afrikanischen Kontinents, einsetzt. Sie wurde 2012 von 12 Frauen des Theologinnenkonventes im Kirchenkreis Köln-Nord gegründet. Pfarrerin Kristina Kügler ist Gründungsmitglied und im Vorstand vertreten.

Frauentag 2016
Der nächste Frauentag im Kölner Süden findet wie immer am letzten Samstag im Januar statt, am 30. Januar 2016. Im Orga-Team sind aktuell vertreten Barbara Bannasch, Carla Braun, Kathinka Brunotte, Andrea Döhrer, Miriam Haseleu, Silvia Hecker, Almut Koch-Torjuul, Kristina Kügler, Magdalene Otto und Suyin Scheid-Hennig.

Text: Jutta Hölscher
Foto(s): Jutta Hölscher