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Hospizhelferin Petra Kling: „Wir sind keine Ärzte, aber wir sind gut für die Seele“

„Wir kennen uns alle sehr gut untereinander“, betont Petra Kling, ehrenamtliche Hospizhelferin beim Verein „Hospiz – Die Brücke“ in Bergisch Gladbach. Das sei auch nötig, meint sie, und erklärt: „Wenn Angehörige, Pflegeheime, Krankenhäuser oder die Schwerstkranken selbst bei uns anrufen und um Hilfe bitten, werden sie zunächst von einem unserer drei hauptberuflichen Koordinatoren besucht. Diese entscheiden dann, wer aus dem Kreis der 50 bis 60 ehrenamtlichen Hospizhelfer am besten passt.“ Kling begleitet regelmäßig schwerstkranke Menschen und ihre Angehörigen und sorgt darüber hinaus für die Öffentlichkeitsarbeit des ambulanten Hospizdienstes.

Wer Menschen bis zu ihrem Tod begleite und auch für ihre Angehörigen da sein wolle, der benötige Feingefühl, so Kling. Die langjährige Erfahrung der Koordinatoren, die alle aus pflegenden Berufen kämen und zusätzlich in Palliative Care ausgebildet seien, aber auch der enge Kontakt zu den Ehrenamtlichen habe zur Folge, dass man schnell wisse, wer die passende Person für die jeweilige Begleitung sei.

Ein halbes Jahr qualifizierte Vorbereitung
Die Helferinnen und Helfer würden allerdings auch gründlich auf ihre Aufgabe vorbereitet. Rund 100 Stunden – verteilt auf sechs Monate – dauere der „Befähigungskurs für ehrenamtliche HospizbegleiterInnern“. Dabei handelt es sich um eine zertifizierte Ausbildung, die zur Mitarbeit befähigt. Hinzu kommen regelmäßige Fortbildungen, ein monatlicher Teamabend und regelmäßige Supervisionstreffen. Fünf Stunden pro Woche sind für die Begleitung von Sterbenden anvisiert. „Manchmal reicht das nicht. Dann teilen wir die Begleitung auf zwei bis drei Helfer auf“, sagt Kling. Wer berufstätig sei und auch noch Familie habe, müsse seine ehrenamtliche Aktivität gut planen.

Auch Helferinnen und Helfer brauchen Hilfe
Natürlich gebe es auch eine psychische Belastung. „Wenn ich einen Menschen besuche, dann weiß ich von vorneherein, dass derjenige sterben wird. Wenn ich jemanden über Monate begleite, dann wächst er mir ans Herz. Da fließen auch bei mir die Tränen, wenn dieser Mensch stirbt. Zum Glück haben wir die Supervision, die von einer Supervisorin mit dem Schwerpunkt Sterbebegleitung geleitet wird. Und in unserem Vorstand gibt es einen Seelsorger. Das sind Möglichkeiten, sich mal Dinge von der Seele zu reden“, beschreibt sie ihren Umgang mit belastenden Erlebnissen. „Wenn eine junge Mutter stirbt, die kleine Kinder hinterlässt, das geht doch jedem nahe.“ Manchmal brauche man auch einfach mal eine Pause, vor allem nach dem Tod eines Patienten. „Das können auch schon mal zwei bis drei Monate sein“, erklärt die 39-jährige Mutter von drei Kindern. „Man muss ja auch für sich selber sorgen."

Wenn Menschen sich liebevoll einander zuwenden
Vor acht Jahren wurde Petra Kling selbst mit dem Sterben einer nahen Angehörigen konfrontiert. Als ihre Schwiegermutter schwer erkrankte und nur noch kurze Zeit zu leben hatte, nahm sie diese kurzerhand in ihrer Familie zur Pflege auf. „Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass das wirklich gut lief. Man fühlt sich in vielem so allein gelassen." Als die Schwiegermutter in ein Pflegeheim wechseln musste, erlebte Kling wie es ist, „wenn sich Menschen liebevoll um einen kümmern“. Das sei „mit viel Herzblut“ geschehen. Danach ließ sie die Idee nicht mehr los, sich selbst zur Hospizhelferin ausbilden zu lassen und wandte sich an den Verein „Hospiz – Die Brücke“. „Da wird erst geguckt, ob es überhaupt passt. Wenn man zum Beispiel selbst gerade einen nahen Angehörigen verloren hat, ist das vielleicht nicht gerade der richtige Zeitpunkt, um Sterbende zu begleiten“, erzählt sie.

Zwei, drei Stunden Normalität am Tag
„Wir dürfen natürlich keine Tabletten verabreichen, nicht medizinisch arbeiten, aber wir sorgen vielleicht zwei bis drei Stunden für Normalität“, beschreibt Kling ihre Arbeit. In ihren Gesprächen gehe es nicht nur um den Tod, man rede offen über viele Themen. „Über Ängste spricht man vielleicht leichter mit jemandem, der einem nicht nahe steht“, weiß Kling. Ihr Wunsch sei es, den Sterbenden nicht zu verlassen, ohne dass man einmal miteinander gelacht habe. „Ich will einen Moment des Glücks vermitteln – eben ein bisschen Sonne bringen. Wir sind keine Ärzte, aber wir sind gut für die Seele!“

Verein wünscht sich weitere Mitglieder
Nach zwölf Jahren intensiver Arbeit in und um Bergisch Gladbach sei der Verein „flächendeckend vernetzt und gut aufgestellt“. Natürlich wünsche man sich dennoch, dass es eine noch breitere Unterstützung des Anliegens der Hospizbewegung in Kirche und Öffentlichkeit gebe, und dass noch weitere Mitglieder zu den bestehenden 200 Frauen und Männern hinzukommen würden. Denn der Verein müsse sich über Vereinsbeiträge und Spenden finanzieren, so Kling.
Enge Verbindungen bestehen zu zahlreichen Pflegediensten und Altenpflegeeinrichtungen, etwa zum Evangelischen Krankenhaus Bergisch Gladbach und zum Klinikum Leverkusen. Nicht zuletzt zählen auch Kirchengemeinden, die Lebenshilfe und die Caritas zu wichtigen Partnern. Kooperationen bestehen auch mit anderen ambulanten Hospizdiensten, etwa in Rösrath und Wipperfürth, sowie mit dem Bensberger Hospiz im Vinzenz-Pallotti-Hospital. Geplant ist hier ein gemeinsames Projekt unter dem Motto „Hospiz macht Schule“, bei dem in einwöchigen Veranstaltungen über „Tod und Sterben“ mit Dritt- und Viertklässlern gesprochen wird.

Gesprächsabend am 18. Juni 2015
Auch die regelmäßigen kostenlosen Gesprächsabende sind ein wichtiger Baustein in der Hospizarbeit. So lädt das „Hospiz – Die Brücke“ am Donnerstag, 18. Juni, um 19.30 Uhr zu einem Hospizabend unter dem Thema „Bruder Tod – Leben mit der Sterblichkeit“ ins Gemeindezentrum der evangelischen Gnadenkirche, Hauptstraße 256 in Bergisch Gladbach, ein. Referent ist Dr. Georg Schwikart.

Text: Susanne Hermanns/knap
Foto(s): Hospiz - Die Brücke