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Die Stimmberechtigten des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte stimmen einstimmig für die Fusion zum Kirchenkreis Köln-Linksrheinisch

Historische Weichenstellung und Aufarbeitung – Nachrichten von der Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte

Nun haben alle vier Synoden im Kirchenverband Köln und Region ihre Herbsttagung abgehalten. Und das Wort „historisch“ hatte dabei durchaus jeweils eine Bedeutung, kam immer wieder vor.

Hatten die Synodalen in Köln-Rechtsrheinisch mit Pfarrerin Kerstin Herrenbrück und Pfarrer Torsten Krall eine Doppelspitze in die Superintendentur gewählt, brachten ln-Nord, -Süd und -Mitte nun mit großer Übereinstimmung die Fusion ihrer drei Kirchenkreise zum 1. Januar 2026 auf den Weg – auch das ein historisches Ereignis im Kirchenverband, wie Superintendentin Susanne Beuth in der Sitzung im Haus der Evangelischen Kirche betonte.

Beginn der Kreissynode in der Kartäuserkirche

Pfarrerin Ulrike Gebhardt
Kantor Bertold Seitzer
Abendmahlsgottesdienst in der Kartäuserkirche

Doch zunächst fand unter Leitung von Pfarrerin Ulrike Gebhardt aus Köln-Lindenthal und unter Mitwirkung des Presbyteriums Köln-Lindenthal sowie von Kantor Bertold Seitzer ein Abendmahlsgottesdienst in der Kartäuserkirche statt. Die Gemeinde sei auf vielstimmige Weise gemeinsam unterwegs, betonte die Pfarrerin und nahm damit schon einen roten Faden auf, der sich durch die gesamte Synode ziehen sollte. Sie sprach in ihrer Predigt davon, das Gefühl von Ohnmacht angesichts weltweiter Krisen und Gewalt nicht übermächtig werden zu lassen, davon, dass an Gewalt die Gewalttäter, nicht die Opfer schuldig seien. „Wir sollen in Gemeinschaft leben und gute Orte dieses Lebens gestalten, mahnte Ulrike Gebhardt und verwies auch hier schon auf ein großes Thema, das die Synodalen später beschäftigen würde: die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche.

Die Kollekte wurde gesammelt für den Verein „Neve Hanna – Deutscher Förderverein zur Unterstützung des israelischen Kinderheims Neve Hanna. Pfarrerin Dorit Felsch stellte den Verein vor. Sie berichtete: „Im Kinderheim Neve Hanna in der südisraelischen Stadt Kiryat Gat habe ich ein Jahr als Freiwillige gearbeitet und gelebt. Es wurde vor fast 50 Jahren von einer in Deutschland geborenen Jüdin gegründet und ist ein besonderes Kinderheim, mit unterschiedlichen Therapieangeboten und einer sehr aktiven Friedensarbeit für jüdische und muslimische Menschen.“ 472,98 Euro kamen letztlich zur Unterstützung des Vereins zusammen.

Tagung im Haus der Evangelischen Kirche

Bei der anschließenden Tagung im Haus der Kirche – abwechselnd moderiert von Superintendentin und Synodalassessorin Miriam Haseleu – stellte Susanne Beuth, die am späteren Nachmittag für ein weiteres Jahr wiedergewählt wurde, ihren Jahresbericht unter den Titel „Alles hat seine Zeit. Auch das „Verbinden, wie sie mit Blick auf die Fusion betonte. Aber: „Es führt kein Weg an einer Veränderung vorbei: Ein Kirchenkreis ist kein Selbstzweck, sondern hat Aufgaben, die er zielführend und effizient erfüllen muss.“ Strukturen müssten verschlankt werden, denn Pfarrpersonen würden für Kontaktangebote, Beziehungsarbeit und Gottesdienste gebraucht, nicht für Gremien und Sitzungen. „Die Fusion ist also keine theologische, sondern eine pragmatische Entscheidung, die wir selbstbewusst angehen können. Jeder Kirchenkreis wird seine Schätze einbringen – und wir haben auch viel zu bieten.“ Und so stimmten die Synodalen unter dem Tagesordnungspunkt „Beschlussfassungen zur Fusion“ letztlich allen Punkten einstimmig zu. Dazu gehörten die Aufhebung des Kirchenkreises Köln-Mitte zum 31. Dezember 2025, das Siegel für den neuen Kirchenkreis Köln-Linksrheinisch, das Vermögen und die kreiskirchlichen Pfarrstellen.

Bericht der Superintendentin

Superintendentin Susanne Beuth

Pfarrerin Susanne Beuth erinnerte in ihrem Bericht zudem an das Bauprojekt Campus Kartause des Kirchenverbandes als der Gemeinschaft der Gemeinden und Kirchenkreise in Köln und Region: „Die neuen Gebäude werden ein Zeichen dafür sein, wie evangelische Kirche in Köln sich versteht: Engagiert für Bildung in jedem Lebensalter, ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung gerecht, offen für und angewiesen auf die Vernetzung mit anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen und Institutionen.“

Aber sie erklärte auch mit Bedauern, das Projekt des Kirchenverbandes, in der ehemaligen Kreuzkapelle in der Stammheimer Straße eine Synagoge für die jüdisch-liberale Gemeinde Gescher La Massoret zu schaffen, sei finanziell nicht realisierbar. Sie sprach vom Erprobungsraum „Queere Kirche“ und vom Segensbüro „Hätzjeföhl, die erfolgreich ihre Arbeit aufgenommen haben. Und schließlich stellte sie mit sehr deutlichen Worten die ForuM-Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in den Mittelpunkt ihres Berichts. „Fakt ist: In der Evangelischen Kirche hat es über Jahrzehnte hinweg tausende Fälle sexualisierter Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen gegeben. Institutionelles Versagen der Gesamtkirche und ein bewusstes Vertuschen von Taten sind dabei nicht als Einzelfälle, sondern als Muster erkennbar geworden.

ForuM-Studie

Assessorin Miriam Haseleu
Kleingruppenarbeit

Das von Susanne Beuth, Pfarrerin Miriam Haseleu, Dörte Münch, einer Betroffenen, und Matthias Kämper vorbereitete Papier „Lernen von der ForuM-Studie“ stellte sie mit Miriam Haseleu im Anschluss an ihren Bericht und die Berichte der Ämter und Gemeinden vor. Der zusammengefasste Befund der Studie: Sexualisierte Gewalt spaltet, missbraucht und zerstört Gemeinschaft. Ein Ergebnis der Studie: Betroffene von sexualisierter Gewalt erleben oft, dass sie nicht als Teil der Gemeinschaft gesehen werden. Sie werden als störend wahrgenommen, was eine Verschiebung von Schuld impliziert. Aufarbeitung findet erst auf Initiative von Betroffenen statt. Das Fazit der Arbeitsgruppe: „Wir wollen handeln und Strukturen verbessern, wir wollen Betroffenen gerecht werden und ihnen die Möglichkeit zur Deutungshoheit der erlebten Gewalt-Geschichte zurückgeben. Wir wollen sexualisierte Gewalt innerhalb unserer Institution aufarbeiten, denn Betroffene haben ein Recht darauf.

In Kleingruppen wurde das Thema vertieft. Deren Impulse beinhalteten den Wunsch danach, klarere Einsicht in Personalakten nehmen zu können, um ein „Wegloben“ zu verhindern, Unterstützung von außen bei einem Anfangsverdacht, eine Sprache für Sexualität etablieren, um Grenzen äußern zu können, Räume des Vertrauens schaffen. Als Ergebnis fassten die Synodalen einstimmig den Beschluss, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die unter anderem ein gemeindepädagogisches Konzept, traumasensible Kommunikation in den Gremien und ein Awarenesskonzept für die Kreissynoden auf den Weg bringen soll.

Regio Lokal und „Zuflucht – Zentrum für Kirchenasyl Köln“

Pfarrerin Dr. Dorit Felsch mit Jan-Niklas Collet

Den aktuellen Stand des Projekts „Regio Lokal in Köln-Mitte“ erläuterte das Projektleitungsteam, Pfarrerin Miriam Haseleu, Pfarrerin Dorit Felsch und Pfarrer Christoph Rollbühler. „14 Projekte wurden angestoßen, alle haben sich schon getroffen, freuten sie sich und berichteten von einem erfolgreichen Kick-off im September mit 60 Teilnehmenden, bei dem „die Ideen – vom Coffee-Bike, über Übernachtungen an ungewöhnlichen Orten bis hin zur Musik – nur so sprudelten.“ Unter dem Motto „Wir wollen frei denken“ will Regio Lokal in Köln-Mitte“ Menschen im urbanen Köln erreichen, um evangelische Kirche zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Eine Projektgruppe von „Regio-Lokal“ hatte einen Antrag an die Kreissynode mitgebracht, mit dem sie um Unterstützung für das geplante „Zuflucht – Zentrum für Kirchenasyl Köln“ bat, das auch Teil von „Regio Lokal in Köln-Mitte“ ist und für das die Landeskirche schon einen Zuschuss in Höhe von 20.000 Euro zugesagt hat. Mit Jan-Niklas Collet, Vorsitzender des Vereins Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche NRW, stellte sie das Projekt vor und warb für Kirchenasyl als wichtiges Instrument für den Schutz von akut bedrohten Menschen und für die Erhaltung der Menschenrechte. „Zuflucht – Zentrum für Kirchenasyl Köln“ soll seinen Sitz zunächst in den Räumlichkeiten der Nathanael-Gemeinde in Köln-Bilderstöckchen finden. Die Kreissynode schloss sich dem an und bewilligte für das Projekt weitere 20.000 Euro.

Wahlen

Pfarrer Christoph Rollbühler
Mitglieder des neuen Kreissynodalvorstandes

Im Zuge der Wahlen zum Leitungsteam des Kirchenkreises bis zur Fusion, also für das kommende Jahr, wurde Superintendentin Susanne Beuth in ihrem Amt bestätigt. Zum Skriba wählten die Synodalen Pfarrer Christoph Rollbühler aus der Gemeinde Köln. Der bisherige Skriba, Pfarrer Uwe Rescheleit (Köln-Niehl/Riehl), wechselt in die Position des 2. stellvertretenden Skriba.

Annette de Fallois (Köln-Nippes) ist nun 2. Synodalälteste, ihre Stellvertreterin ist Dr. Heike Henneken (Köln-Lindenthal). Matthias Kämper(Gemeinde Köln) wurde zum 4. Synodalältesten bestimmt. Herbert Klischke(Gemeinde Köln) übernimmt das Amt der Stellvertretung des 1. Synodalältesten. Stellvertreter des 3. Synodalältesten ist Christopher Braun (ln-Klettenberg). Stellvertreter des 4. Synodalältesten ist Quirin Seifert (Köln-Niehl/Riehl). Pfarrerin Mareike Maeggi und Pfarrerin Katja Korf werden als Delegierte den Kirchenkreis beim Fachverband für Kindertagesstätten Rheinland-Westfalen-Lippe vertreten. Der Vorsitz des Kreisdiakonieausschusses blieb unbesetzt.

Finanzen

Den Jahresabschluss 2023 trug Finanzkirchmeister Matthias Kämper vor. Er berichtete: „Der Jahresabschluss zeigt eine Bilanzsumme in Höhe von 3.470.178,81 Euro mit einem positiven Jahresergebnis in der Ergebnisrechnung in Höhe von 20.415,34 € und einem positiven Bilanzergebnis in selber Höhe von 20.415,34 Euro.

Die kreiskirchlichen Kollekten gehen an das Projekt der Diakonie Köln und Region: „Wohnungslosenhilfe – würdevolle Auszeit“ im Tagestreff für wohnungslose Menschen in Köln und Region, an das Projekt der Comisión de Acción Social Menonita (CASM) für „Umweltpolitische Arbeit in Honduras – Bekämpfung der Folgen des Klimawandels“ sowie an das Projekt des Gustav-Adolf-Werkes „Libanon, Beirut – Hilfsprogramm für libanesische Familien.

Ausblick

Die Frühjahrssynode findet am 13. Juni 2025 voraussichtlich in den Gemeinderäumen der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Niehl/Riehl, die Herbstsynode am 15. November 2025 voraussichtlich im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region statt.

Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl/APK