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So sahen Einladungen im vor-elektronischen Zeitalter aus

Happy Birthday Gemeinde Klettenberg! Zum 50. hat Pfarrerin Bettina Kurbjeweit im Archiv gestöbert

In drei Archiv-Kästen des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region finde ich die Unterlagen zur Gemeindegründung. Diese Akten durchzublättern, ist ein Ausflug in eine vergangene Zeit, in eine Zeit vor den elektronischen Medien, vor Computer und Design. Die meisten Dokumente sind mit der Schreibmaschine geschrieben. Immer wieder gibt es mit Korrekturband bearbeitete Zeilen, handschriftliche Zusätze, Anmerkungen und kleine Zettel. Es finden sich Postkarten und Durchschläge.

Nur eine einzige Ja-Stimme!
Aus den Akten erfahre ich: Die Gründung der Gemeinde Klettenberg geht auf die Initiative der Rheinischen Landeskirche zurück. Als die Gemeinde Lindenthal, zu der die Bezirke Tersteegenhaus und Johanneskirche damals noch gehören, 1964 bei der Landeskirche eine weitere Pfarrstelle beantragen will, wird ihr die Gemeindeteilung zur Auflage gemacht. Das Presbyterium stimmt dem Vorhaben zu. Wie vorgeschrieben findet am 25. April 1965 vor Ort eine Gemeindeversammlung statt. Doch hier bekommt der Vorschlag jedoch nur eine einzige Ja-Stimme! – Das Presbyterium berät daraufhin neu und verschiebt die Gründung – auch mit Blick auf den gerade abgeschlossenen Bau der Johanneskirche (1963) und den noch anstehenden Bau des Kindergartens in der Grafenwerthstraße – auf den 1. Januar 1968.

Gemeindegrenzen, Finanzen und Wertanlagen
Um die Gründung ordentlich zu regeln, wird ein Bevollmächtigtenausschuss eingerichtet. Gemeindegrenzen, Gemeindefinanzen und Wertanlagen müssen verteilt, Immobilien geschätzt und übergeben werden. Für die neu zu gründende Gemeinde wird ein Name gesucht und beschlossen. Es wird ein Siegel entworfen. Räume und Personal für eine eigene Verwaltung werden gesucht, Kirchenbücher bestellt.

Vier Lindenblätter im Siegel
Das Siegel lässt erkennen, dass die neue Gemeinde eine Tochtergemeinde von Lindenthal ist. Im unteren Teil finden sich zwei der vier Lindenblätter aus dem Siegel der Gemeinde Lindenthal. Der Johannesadler darüber nimmt Bezug auf die neugebaute Johanneskirche.

Ein Presbyter wollte unbedingt zum Bezirk gehören
Die neue Gemeindegrenze verläuft entlang der Zülpicher Straße. Sie gehört weiterhin zu Lindenthal, der Bereich südwestlich davon zur neuen Tochtergemeinde. Eine Ausnahme bildet die Wilhelm-Waldeyer-Straße. Man erzählt sich, dass dort ein Presbyter wohnte, der unbedingt weiterhin zum Bezirk der Gemeinde Lindenthal gehören wollte…

Pfarrerin Bettina Kurbjeweit
Pfarrerin Bettina Kurbjeweit

Gemeindename bis heute umstritten
Der neue Name „Evangelische Kirchengemeinde Köln-Klettenberg“ ist bis heute in der Gemeinde umstritten. Denn beide Kirchen liegen im Stadtbezirk Sülz. Hat man damals bewusst den eher vornehmen Namen gewählt und damit Sülz als Arbeiterviertel absichtlich übergangen? In den Akten lese ich, dass man den Namen „Köln-Sülz-Klettenberg“ als „zu lang und zu befremdlich“ empfand und außerdem ja ein Teil von Sülz weiter zur Gemeinde Lindenthal gehörte.

Die Neugründung war eine Zäsur
Die Neugründung der Gemeinde Klettenberg ist ein formaler Akt. Als Gemeindeglied fühlt man sich dem Tersteegenhaus oder der Johanneskirche zugehörig. Die Neugründung ist trotzdem eine Zäsur. Schon im Jahr der Gründung findet die erste Presbyteriumswahl statt. Binnen kürzester Zeit ist die Kirchengemeinde selbstständig und handlungsfähig. Der Übergang ist zugleich fließend, auch weil mit den Pfarrerteams Boysen/Hellenberg im Bezirk Tersteegenhaus und Pfarrer Schumann/Sallentien im Bezirk Johanneskirche die pfarramtliche Arbeit kontinuierlich weitergeht.

Ein eigenes Profil entsteht
Prägend für die Geschichte der Gemeinde Klettenberg ist es, dass der Generationswechsel der Pfarrer in die Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs der anfangenden 70er Jahre fällt. Bei der Neubesetzung frei werdender Pfarrstellen folgt die Gemeinde einem neuen Strukturkonzept der Landeskirche, dem sogenannten ROSTA-Konzept. Dieses sah vor, Pfarrstellen nicht mehr allein bezirksorientiert, sondern auch funktionsorientiert anzulegen. 1970 wird Pfarrer Eberhard Viertel als erster neuer Pfarrer auf eine Pfarrstelle gewählt, die für Öffentlichkeitsarbeit ausgeschrieben ist. Mit der Berufung von Pfarrer Eckart Schubert (1972) und Pfarrer Schwarz (1973) gewinnt die Kirchengemeinde Köln-Klettenberg zunehmend ein eigenes Profil. Für dieses Profil steht im Rückblick das Jahr 1968 als Gründungsjahr der Gemeinde in mancher Hinsicht symbolisch.

Auch das waren die 70er: Pfarrer Friedrich-Wilhelm Hellenberg (2.v.l.) bei einem Treffen mit Partnern aus Tanzania

Prägender Aufbruch durch Kirchentage
Dass ein Neuaufbruch gewünscht und angestrebt wird, ist aus den Akten deutlich zu entnehmen. Und er kann sehr weit gehen. Ich finde in den Unterlagen des Kirchenkreises ein Projektpapier aus dem Jahre 1969, in dem der damalige Pfarrer Friedrich-Wilhelm Hellenberg den Abriss der gerade eben gebauten Johanneskirche empfiehlt, weil er diesen Bau in seiner Größe und Struktur für nicht mehr zeitgemäß hält…! Aufrufe werden gestartet, neue Presbyter gesucht, die die neuen Konzepte und Ideen zu einer zeitgemäßen Gemeindearbeit unterstützen und mittragen sollen. Der Aufbruch der Kirchentage in den 70er Jahren prägt die Gemeinde. Neue Projekte entstehen, diakonisches Handeln wird neu bedacht. Damit behinderte Menschen am Gemeindeleben teilhaben können, wird 1973 ein Bus angeschafft. Eine Jugendeinrichtung (OT) und die Jugendwerkstatt (1979) entstehen.

Das Kirchturmdenken ist überwunden!
Ich lege die Akten zurück ins Archiv und mache mich auf ins Klettenberg von heute. Vieles von dem, was die Akten erzählen, prägt unsere Gemeinde bis heute. Zugleich ist auch der Abstand deutlich. Vieles hat sich weiterentwickelt. Manches ist auch anders geworden. So ist das Kirchturmdenken zwischen Tersteegenhaus und Johanneskirche heute überwunden. Das Lebensgefühl, die Art wie wir leben und denken hat sich verändert. Unsere Gemeinde hat sich mitverändert und wird sich weiter verändern.


Sonntag, 10. Juni, ab 11 Uhr
Johannesfest
Wir sagen Danke“
Mit Musik, Tanzaufführungen, Lesung und Show
Johanneskirche, Nonnenwerthstraße 78
www.kirche-klettenberg.de

Und einen großen Jubiläums- und Festgottesdienst gibt es am Sonntag, 23. September.

 

Text: Bettina Kurbjeweit
Foto(s): KG Klettenberg/Engelbert Broich/Archiv EKV