Oberbürgermeister Fritz Schramma hatte sich vorbereitet. „Ich habe das Buch am Wochenende mal…“. „Durchgelesen“, warf Sozialdezernentin Marlis Bredehorst lachend ein. „Nein, durchgeblättert“, gestand der OB: „Würde ich was anderes sagen, müsste ich im Sinne meiner Religion ja Buße tun.“ Anlass dieses Geplänkels war die Vorstellung des „Kölner Buches der Religionen“ im Historischen Rathaus. Auf fast 400 Seiten gibt der Autor, Dr. Ulrich Harbecke, einen Überblick über die Vielfalt der Religionsgemeinschaften, die in Köln vertreten sind. Von A wie Advaita-Vedanta bis Z wie Zen reicht die Palette. Man trifft auf „alte Bekannte“ wie die Hare-Krishna-Bewegung, die Heilsarmee und die Freimaurer. Aber mal ehrlich, wer weiß schon, woran die Jesus-Freaks oder die Mariaviten glauben, wie sie organisiert sind und an welchen Orten sie beten? Harbecke hat es herausgefunden, man kann es bei ihm nachlesen.
Die „religiöse Dichte in Köln“ ist sehr hoch
Einleitend werden in dem Kölner Buch der Religionen die Grundzüge der großen Religionsgemeinschaften dargestellt. Dabei handelt es sich um den Buddhismus, das Christentun, der Hinduismus, den Islam, das Judentum, die Orthodoxie und den Protestantismus. Danach widmet er sich rund 80 Gemeinschaften, die man in Köln antreffen kann. „Wir sind ja ein anerkannter Ort der Vielfalt. Das leben wir, und jetzt haben wir es auch dokumentiert“, sagte Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma bei der Buchvorstellung. „Wir haben die Vielfalt immer auch als Bereicherung empfunden.“ Die Kölner Sozialdezernentin Marlis Bredehorst, zuständig für den Bereich Integration, verwies auf die „größere religiöse Dichte in Köln im Vergleich zu anderen Städten“.
Religion und Integration
Der Kölner Rat der Religionen, in dem sich regelmäßig Vertreter vieler Glaubensgemeinschaften zum Dialog treffen, habe eine Erfolgsgeschichte. Eine ähnliche Institution auf Bundesebene sei wünschenswert. „Die Religionen spielen im Integrationsprozess eine sehr wichtige Rolle“, so die Dezernentin. „Bei der Integration ist es entscheidend, dass die Menschen sich begegnen, nicht nur auf der Häuptlingsebene, sondern auch in den Gemeinden.“ Im Übrigen hätten die Religionen viel mehr gemeinsam, als sie gelegentlich wahrhaben wollten. So wollten etwa alle den Frieden. Das Buch könne als Nachschlagwerk genutzt werden, lade aber auch einfach nur zum Schmökern ein. „Ich habe es am Wochenende durchgeblättert und bin pausenlos auf Religionsgemeinschaften gestoßen, von deren Existenz ich nichts wusste.“
120 Religionsgemeinschaften in NRW
Harbecke warf einen Blick zurück auf die Entstehung des Buches, mit dem er eine Idee von Günter A. Menne, Leiter des Amtes für Presse und Kommunikation des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, aufgriff. Forscher der Universität Bochum gewährten Harbecke den Zugriff auf eine Datenbank, in der für Nordrhein-Westfalen 120 Religionsgemeinschaften verzeichnet sind. „Wichtig war mir, nicht den Blick von außen auf die Religionen zu richten. „Zunächst habe ich im Internet recherchiert und Bücher gelesen. Daraus entstand ein Rohtext, den ich an die jeweiligen Gemeinden verschickt habe. Manche haben sofort gegengelesen und geantwortet, andere waren etwas ängstlicher und mussten erst diverse Gremien befragen.“ Der Autor hat sich immer vor Ort ein Bild gemacht, die Gemeinschaften besucht, Gottesdienste oder Feste erlebt und so Kontakt zu den Menschen aufgenommen, über deren Glauben er hinterher geschrieben hat.
„Gottes Lieblingsfarbe ist bunt“
Auch an die, die mehr wissen wollen, hat Harbecke gedacht und an jeden Text eine Kontaktadresse der Religionsgemeinschaften und deren Internet-Seiten gehängt. Das Fazit des Katholiken Harbecke nach eineinhalbjähriger Arbeit an dem Buch: „Gottes Lieblingsfarbe ist bunt.“ Er hat viel gesehen: „Kathedralen und Hinterhöfe, Weltraumbahnhöfe in die Ewigkeit und intime Hauskreise, Kapellen, Krypten. Vertikale Liturgie als berauschendes ,Spiel vor Gott‘, aber auch horizontales Ausschwärmen in die Straßen und auf die Plätze der Gesellschaft. Fenste mit fröhlichem Getöse, aber auch meditatives Betrachten und Einkehr in die Tiefenschichten des Daseins. Eine Religionsgemeinschaft hätte er gern noch aufgenommen. Den 1. FC Köln. Der erfülle für seine Fans in jeder Hinsicht alle Voraussetzung, um als Religionsgemeinschaft gelten zu können. Die wird nämlich definiert als „Gemeinschaft, die eine Aussage macht über den Sinn des Universums und der menschlichen Existenz, die daraus für ihre Anhänger lebensorientierende Verhaltensnormen gewinnt, die ihre Vorstellungen in Formen konkreter oder symbolischer Gestaltungen zum Ausdruck bringt und die einen minimalen Organisationsgrad entwickelt hat, der das Einholen verbindlicher Aussagen ermöglicht.“ Und alle vierzehn Tage ein Gottesdienst in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kathedrale „RheinEnergie-Stadion“.
Das Buch wurde über Werbung finanziert – darum sind die ersten 20.000 Exemplare kostenlos
Finanziert werden die ersten 20.000 Exemplare des Buches durch Werbung. Die Projektleitung hatte Günther Ortmann. Das „Kölner Buch der Religionen“ ist erschienen im KVW-Verlag und wird derzeit mit einer Auflage von 20.000 Stück verschenkt. Abgeholt werden kann es beispielsweise im Bürgerbüro des Oberbürgermeisters, Laurenzplatz 4, im Domforum, Domkloster 3, und in der Evangelischen Informationsstelle hinter der Antoniterkirche, Schildergasse 57, in der evangelischen Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b, oder in im Amt für Presse und Kommunikation des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Kartäusergasse 9-11. Der örtliche Buchhandel hält weitere 5.000 Exemplare vor, die zum Preis von 19,90 Euro verkauft werden. Unter der Adresse www.koelner-buch-der-religionen.de wird in Kürze eine Internetseite eingerichtet, die zusätzliche Informationen zum Thema bieten wird.
Foto(s): Rahmann