You are currently viewing Gestorben für unsere Sünden?

Gestorben für unsere Sünden?

Mit Professor Dr. Dietrich Korsch war ein renommierter Theologe der Einladung in die Antoniterkirche gefolgt, Antworten auf die Frage zu geben „Warum ist Jesus gestorben?“. Der christliche Glaube komme nicht ohne eine Antwort auf diese Frage aus, hieß es in der Einladung. Und weiter: „Hat Jesus dem jenseitigen Gott sein Leben als Sühneopfer gebracht? Oder zeigt der Tod Jesu nur, wie wenig seine Botschaft verstanden wurde, so dass es darauf ankommt, sie neu zu hören und zu verwirklichen?“

Der Tod ist die Sinngrenze
Korsch, der am Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Universität Marburg lehrt, stellte zunächst die Frage nach dem Sinn jedes Lebens. Während man im Diesseits auch im alltäglichen Leben Sinn finden könne, seien die Vorstellungen vom Jenseits weit weniger konkret: „Der Tod ist die große Frage hinter all dem Sinn, den wir dem Leben geben. Der Tod ist die Sinngrenze, alle Sinnkonstruktionen, die uns tragen, brechen ein.“

„Der Mensch ist in Unordnung“
Das Leben, so Korsch weiter, sei vom Tod und damit von Sinnlosigkeit bedroht. Der Sinn des Lebens Jesu Christi sei die Verkündigung gewesen. Und während Johannes der Täufer noch gesagt habe, das Ende der Zeit sei bald erfüllt, und dann beginne das Reich Gottes, habe mit Jesus Chrisus „das Reich Gottes vom Jenseits her die Grenze schon überschritten“. Jesus rede vom Reich Gottes, das auf uns zukommt oder schon da ist: „Es ist da, weil es kommt, und es kommt, weil es da ist“, sagte Korsch. Das werde auch deutlich in den Wundertaten Jesu Christi, vor allem bei den Heilungen: „Der Mensch ist in Unordnung, das Reich Gottes bringt ihn wieder in Ordnung.“ Jesus Christus bringe die Gegenwart Gottes zum Vorschein in Gestalt eines Prophetischen Wanderpredigers.

Jünger waren „sinnbeschädigt“
Und dann werde er hingerichtet durch eine „merkwürdige Koalition“. Er habe Widersprüche aus religiösen Kreisen erhalten – „Was maßt sich der an?“ – und aus politischen Kreisen wegen „Unterhöhlung der Ordnung“. Nach dem Tod Jesu waren die Jünger „schockiert und sinnbeschädigt“, so der Marburger Theologe. „Widerlegt der Tod das Angebot der unmittelbaren Gegenwart des Reiches Gottes?“, fragte Korsch weiter. Schließlich war der, der für die Gegenwart des Reiches Gottes stand, nicht mehr da.

Verkündigung nicht durch den Tod begrenzt
Dann die Auferstehung: „Jesus Christus wird nach dem Tod als lebendig erlebt.“ Die Verkündigung sei nicht durch den Tod begrenzt gewesen. Und wenn der Tod Jesu einen Sinn gehabt haben solle, dann müsse dieser Sinn mit Gott zu tun haben. Im Alten Testament gibt es bei Jesaja Hinweise, dass der Tod nicht das Ende allen Sinns ist. „Die Verkündigung des Reiches Gottes ist von solcher Kraft, dass sie den Tod überwindet. Im Reich Gottes kommt uns Gott unmittelbar und unwiderstehlich nah. Das Reich Gottes ist die Vergebung der Sünden.

Sünde ist die Entfernung von Gott
Die Entfernung von Gott ist demnach theologisch eine Sünde. Der Tod Jesu Christi in die Bedingung dafür, dass für die Menschen eine Nähe zu Gott besteht. Und die ist Bedingung für die Vergebung der Sünden.“ Und immer wieder spiele die Formulierung „Für Euch“ eine entscheidende Rolle. „Das ist mein Leib, der für Euch hingegeben wird“, „gestorben für unsere Sünden nach der Schrift.“ Damit werde die Ferne der Menschen zu Gott überwunden. Deshalb sei auch die Frage, ob Jesus sich als Opfer sah, unsinnig: „Was mit Jesus Christus passiert ist, ist das Ende aller Opfer.“ Und zum Schluss: „Was an Jesus Christus geschieht, öffnet den Platz, an den wir treten können. Er ist die offene Quelle des Lebens.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann