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Gesprächskonzerte über Bach und Mozart mit Christoph Spering

„Fast jeder Text lässt sich in Form eines Rezitativs vermitteln“, erklärt Christoph Spering, und setzt das auch gleich anschaulich in die Tat um, als er einen Zeitungsausschnitt zum Rücktritt des Papstes rezitiert – sehr zur Belustigung der Zuhörenden. Ein bisschen Humor sollte schließlich auch dabei sein: bei der Gesprächskonzertreihe „Un-er-hört“ über Kompositionen Johann Sebastian Bachs und Wolfgang Amadeus Mozarts. In den Gesprächskonzerten nimmt Christoph Spering die Teilnehmenden mit in die Werkstatt der Komponisten. Musikalische Beispiele verdeutlichen augenblicklich das Gesagte.

Auftakt in der Trinitatiskirche
Den Auftakt bot am 17. Februar das Konzert in der Trinitatiskirche über die beiden Bach-Solokantaten für Bass „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ (BWV 56) und „Ich habe genu(n)g“ (BWV 82). Das „n“ in Klammern bezieht sich auf die ursprüngliche Schreibweise zu Zeiten Bachs und wurde im Konzert ganz im Sinn historischer Aufführungspraxis mitgesungen. Denn Spering gehört zu den bekanntesten Spezialisten, wenn es um historische Aufführungspraxis geht, der sich auch seine beiden Ensembles „Chorus Musicus Köln“ und „Das Neue Orchester“ verschrieben haben, mit denen Spering das Konzert bestritt. Selbstredend spielte das Orchester auf Nachbauten historischer Instrumente.

Von der antiken Rhetorik ins Gardinengeschäft
In gut zwei Stunden vermittelte Spering den Zuhörerinnen und Zuhörern grundlegende kompositorische Elemente und gab ihnen auch den einen oder anderen Denkanstoß mit auf den Weg. Mit rhetorischen Geschick und vielen musikalischen Beispielen sorgte er dafür, dass dies keinesfalls in einen langweiligen theoretischen Vortrag ausartete. Und da er sehr anschaulich erklärte – zum Beispiel die „Decoratio“ (Ausarbeitung/Ausschmückung) mit dem Einkauf in einem Gardinengeschäft verglich – konnten auch nicht geschulte Laienohren gut folgen.

Ehefrau drängte den Barockmeister
Zunächst aber erläuterte Spering die Motette, die Vorform der Kantate, und die Doppelmotette – jeweils gefolgt von einem musikalischem Beispiel. Dem Aufbau der „Kreuzstab-Kantate“ mit Arie, Rezitativ und Choral ließ er entsprechende kurze Parts aus der Komposition folgen. Dabei entführte er sein Publikum in die Welt der antiken Rhetoriklehre Quintilians und ließ vorführen, wie „Bach den Jazzelementen den Boden bereitet hat“. In der ersten Kantate konzentrierte sich Spering vor allem auf einige grundlegende kompositorische Elemente und das musikalische Gerüst, während er in der zweiten Kantate den Schwerpunkt auf die verschiedenen Stationen der Entstehung und Bearbeitung des Werks mit einigen, wie er sagte, „spekulativen“ Gedanken legte. So stellte er sich vor, dass der große Barockmeister von seiner Ehefrau Anna Magdalena geradezu gedrängt worden sei, die Solokantate für Bass doch endlich in eine Version für Sopran umzuarbeiten.

Musikalisch überzeugend und absolut „gut eingespielt“
Natürlich erklangen dann auch beide Kantaten komplett – ein wahrer Hörgenuss. Kein Wunder, denn Spering und seine Ensembles können auf nationale wie internationale Erfolge verweisen. Ebenso wie der stimmgewaltige und dynamische Bass Thomas E. Bauer, der die Kantaten exzellent zu Gehör brachte. Das Orchester vermittelte einen wunderbar warmen Klang; es spielte nicht nur sehr fein, sondern auch ausgesprochen lebendig. Dabei nahm Oboist Michael Niesemann einen herausragenden Platz ein. Der Professor spielt, wie Spering erklärte, außerdem Saxofon und Blockflöte und hat dann quasi im Vorbeigehen die Traversflöte übernommen – oder wie Spering ergänzte, er hätte die Melodie „auch auf einem Kamm blasen können“.
Ebenfalls hervorragend: der Chor, der mit 13 Stimmen eher als klein anzusehen war – was der Aufführungspraxis der Zeit entsprochen haben soll – und dabei ein überzeugendes Klangbild mit klar akzentuierten wie vollen Stimmen bot. Auffallend waren auch die stete Präsenz und Präzision der Ausführenden in den zahlreichen, zumeist kurzen musikalischen Beispielen – ein im wahrsten Sinne des Wortes eingespieltes Team.

Weitere Konzerte im März, Oktober und November
Das nächste Gesprächskonzert findet am Samstag, 9. März, 20 Uhr, im Börsensaal der IHK, Unter Sachsenhausen 10-26, statt. Hier geht es um Mozarts „Serenata notturna“ (Serenade Nr. 6 in D, KV 239) und „Eine kleine Nachtmusik“ (Serenade Nr. 13 in G KV 525). Mozarts frühe Sinfonien Nr. 1 in Es (KV 16) und Nr. 5 in B (KV 22) sind dann am selben Ort am Samstag, 19. Oktober, ebenfalls ab 20 Uhr, zu hören. Das letzte Gesprächskonzert führt dann wieder in die Trinitatiskirche, Filzengraben 4, und zu Bach zurück: Am Samstag, 23. November, 20 Uhr, geht es um die Motette „Jesu, meine Freude“ (BWV 227).
Der Eintritt kostet jeweils 17 Euro (ermäßigt 10 Euro). Mit diesem Geld kann man zudem etwas Gutes für Not leidende Kinder bewirken: Der Veranstalter musikforum köln e.V. arbeitet mit „wir helfen“ zusammen, der Aktion des Kölner Stadt-Anzeigers zugunsten von hilfsbedürftigen Kindern und Kindern in Not. Kartenreservierung unter: info@musikforum-koeln.de

Text: Sabina Schult
Foto(s): Sabina Schult