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Georg Kanonenberg ist neuer Prädikant in Bickendorf

Dass im Ruhestand noch viel in Bewegung sein kann, beweist Georg Kanonenberg, der im September in der Dreifaltigkeitskirche in Köln-Ossendorf von Superintendent Markus Zimmermann zum Prädikanten ordiniert wurde.

Anfang des Jahres ging der gelernte Krankenpfleger in den Ruhestand. In den letzten 25 Jahren leitete der Vater von drei Kindern und Großvater von drei Enkeln die Intensivstation des Klinikums Leverkusen und war dort zuletzt Abteilungsleiter der Klinik für Neurologie. Die Ausbildung zum Prädikanten, sagt der 63-jährige, habe sich so ergeben und sei „kein Ersatz“ für seine Berufstätigkeit.

Nicht passiv in der letzten Reihe sitzen
Vor Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten, blieb er lange Zeit konfessionslos. Dennoch hat er sich immer mit Glaubensfragen beschäftigt und war auf der Suche nach Kontakten, die einen christlichen Austausch ermöglichen. Der Evangelische Kirchentag 2007 in Köln war für ihn der Auslöser, in die evangelische Kirche einzutreten. In seiner Gemeinde in Köln-Ossendorf engagierte er sich während der Großveranstaltung als Quartiermeister und lernte dort viele Menschen näher kennen. „Wenn mich etwas interessiert, dann engagiere ich mich dafür“, beschreibt er seine Motivation, sich ehrenamtlich in seiner Gemeinde einzubringen. So gründete er zusammen mit anderen nach dem Kirchentag einen Hauskreis in Ossendorf. „Ich wollte mich strukturiert mit dem Thema ‚Glaube’ auseinandersetzen, Fragen stellen und mich dazu austauschen“, erklärt er. Ein befreundeter Prädikant und die damalige Bickendorfer Pfarrerin Sybille Noack-Mündemann ermutigten ihn dazu, die Ausbildung zum Prädikanten zu absolvieren. „Das war ganz in meinem Interesse“, so Kanonenberg, „denn ich will nicht passiv in der letzten Reihe sitzen, sondern in Gesprächen und durch mein Handeln Gemeinde mitgestalten“. Bereits als Abteilungsleiter im Klinikum Leverkusen habe er mit vielen Menschen gearbeitet, ihnen zugehört und sie motiviert, ihre Ziele zu verfolgen.

Die Gemeinde einbeziehen
Nach zwei Jahren Wartezeit begann er 2014 seine Ausbildung in Wuppertal. Pfarrerin Noack-Mündemann konnte er dafür als Mentorin gewinnen. „Die Ausbildungsgruppe bestand aus sehr unterschiedlichen Menschen, aber wir haben zusammen viel gelernt“, so Kanonenberg. Dieses Wissen nutzt er zur Vorbereitung seiner Gottesdienste: „Anfangs bin ich immer etwas ratlos, ich setze mich zunächst intensiv mit dem Lesungstext auseinander, gehe damit schwanger, bis mir dann plötzlich eine Idee kommt. Es macht Spaß, diese dann in meiner Predigt zu präsentieren“. Ihm ist es wichtig, die Gemeinde möglichst oft in den Gottesdienst miteinzubeziehen. So lässt er die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher zum Beispiel gern ihre Fürbitten selbst formulieren. „Das ist manchmal sehr ergreifend, denn sie formulieren wirklich ihre persönlichen Anliegen. Das ist glaubwürdig, lebendig und authentisch“.

Kontakt zu den Menschen
Dem Prädikanten ist der direkte persönliche und auch der körperliche Kontakt zu den Menschen wichtig. Nonverbale Signale zu deuten, etwa beim Umgang mit komatösen Patienten, mit denen man durchaus in Kontakt treten könne, habe er durch seinen Beruf gelernt. Am Gründonnerstag zum Beispiel möchte er im Gottesdienst eine Waschung vornehmen. Ein spannender Impuls, wie er findet. Mit warmem Wasser wäscht er den Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern die Hände, eine Geste der Nähe, die den Menschen gut tue, weil dies – wie bei der Fußwaschung Jesu – mit einer liebenden Einstellung geschehe. Regelmäßig nimmt er auch Salbungen im Gottesdienst vor. Dabei macht er die Erfahrung, dass durch diese liturgische Handlung die Menschen bis ins Innerste berührt werden.

„Singen ist eine soziale Sache“
Kanonenberg fühlt sich wohl in seiner Gemeinde, in einer offenen Kirche mit vielen Facetten, wie er sagt. Der Beruf fehlt ihm nicht, denn die neu gewonnene Zeit sei gut gefüllt. So engagiert er sich auch bei einer Bürgerplattform, in der die Gemeinde Mitglied ist. Außerdem singt er leidenschaftlich gern im Kirchenchor – zwar in der katholischen Nachbargemeinde, aber durch diese Verbindung trete der Chor auch bei evangelischen Gottesdiensten und Veranstaltungen auf. Überhaupt sei ihm das Singen in Gottesdiensten sehr wichtig: „Das Singen ist eine soziale Sache. Es ist ein schönes Gefühl, zu spüren, dass die Leute neben mir auch mit Freude singen“.

Kirche nicht nur sonntags geöffnet
Viele weitere Betätigungsfelder findet der neue Prädikant in der Gemeinde Bickendorf: So ist er beim regelmäßig stattfindenden „Dämmerschoppen“ mit dabei, ist Mitglied in der Arbeitsgruppe „Liturgie und Gottesdienst“ und er engagiert sich zweimal wöchentlich bei der „Offenen Tür“ der Epiphaniaskirche. „Als Rentner kann ich dort die Vormittagstermine gut wahrnehmen“, meint er. Nicht viele Menschen kämen vorbei, aber die wenigen, die es tun, registrierten, dass die Kirche nicht nur sonntags geöffnet sei. Man könne so mit Kirchenfernen ins Gespräch kommen, „oder die mit uns“, lacht er.
Der Predigthelfer schätzt den respektvollen Umgang mit den Pfarrerinnen und Pfarrern seiner Gemeinde: kollegial, wertschätzend, wohlwollend und rücksichtsvoll empfindet er ihn. Das gelte auch für die Gemeinde. „Man hat hier keineswegs das Gefühl, ausgenutzt zu werden, im Gegenteil, die Menschen bedanken sich und geben positive Rückmeldungen“.

Der Weg führt weiter
Der Weg von Georg Kanonenberg endet nicht mit seinen derzeitigen Aufgaben in der Gemeinde Bickendorf. „Ich möchte gerne noch eine Bibliolog-Ausbildung machen“, verrät er. Denn dies sei eine tolle Methode, in Gemeinschaft einen intensiven, ganzheitlichen Zugang zu biblischen Texten zu finden.

Text: Susanne Hermanns/knap
Foto(s): Evangelische Kirchengemeinde Bickendorf