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Gemeinsamer Neustart in Schildgen

„Noch einmal etwas Neues zu beginnen, motiviert und bringt uns weiter“, sagt Eva Manderla. Gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen ist die Pfarrerin im November aus Quadrath-Ichendorf an die Andreaskirche in Bergisch Gladbach-Schildgen gewechselt, wo sich das eingespielte Team erneut eine Pfarrstelle teilt. „Konkurrenz ist bei uns gar kein Thema – wir arbeiten nicht bloß nebeneinander im selben Beruf, sondern miteinander in derselben Gemeinde“, beschreiben die beiden ihre Zielsetzung.

Schon in ihrer ersten Gemeinde im Kirchenkreis Wetzlar – „ein unbekanntes Fleckchen Rheinland, das eigentlich mitten in Hessen liegt“ – hatten sich Jürgen und Eva Manderla die Pfarrstelle geteilt und ihr Prinzip der Arbeitsteilung entwickelt. Wenn einer den Konfirmandenjahrgang übernimmt, ist der andere für den Presbyteriumsvorsitz zuständig, im folgenden Jahr wird gewechselt. Oder: Einer verantwortet eine Woche lang Gottesdienste, Besuche und Beerdigungen, der andere ist dann in der nächsten Woche dran. „Bei uns kann jeder alles, und kann auch in der Gemeinde von allen angesprochen werden. Das ist uns wichtig“, erläutert das Paar.

Bleiben oder wechseln?
Da Manderlas, die sich im Theologiestudium in Bonn kennenlernten, gebürtig aus der Region stammen, freuten sie sich über die Gelegenheit, im Jahr 2002 aus Hessen zurück nach Nordrhein-Westfalen zu kommen. 14 Jahre lang waren sie in der Bergheimer Gemeinde Quadrath-Ichendorf tätig – natürlich wiederum als Team. Ihre Kinder Judith und Simon machten dort ihr Abitur, verließen dann das Elternhaus zum Studieren, „und auf einmal waren wir sozusagen wieder frei“, erzählen die Eltern. „Wir haben auch von Anfang an gesagt, dass wir nicht vom ersten bis zum letzten Tag auf derselben Stelle sein wollen. Andererseits: Wir sind ja nun auch schon etwas älter und haben uns ehrlich gefragt: Machen wir das noch einmal? Wie wird das?“ Als die beiden dann die Ausschreibung der Gemeinde Altenberg/Schildgen entdeckten, hätten sie es einfach gewagt. „Sie haben uns dann wirklich gewählt, und nun sind wir hier!“, sagt Jürgen Manderla.

Ansprechpartner für jedes Alter
Seit einigen Wochen leben die beiden sich nun in und an der Andreaskirche ein und sehen sich in ihrer Entscheidung für den Wechsel bestätigt: „Landschaftlich haben wir das Gefühl, wir sind im Urlaub, aber arbeitsmäßig sind wir schon gut dabei – der Terminkalender ist voll und wir haben den Eindruck, nach vier Wochen schon ganz gut drin zu sein.“ In der Gemeinde leben viele junge Familien, was sich auch in der Arbeit des Pastorenehepaars niederschlägt. Mit den verschiedenen Arbeitsbereichen und Gruppen an der Andreaskirche, zu denen etwa die KiTa „Schneckenhaus“, der KiK-Gottesdienst für Unter-drei-Jährige, die Betreuung einer Offenen Ganztagsschule und ein aktiver Seniorenkreis zählen, sind auch viele Namen und Gesichter zu lernen. „Die müssen wir uns noch einprägen. Die Gemeinde hat es da leichter – sie muss sich ja nur einen Namen merken“, schmunzelt Eva Manderla, und ergänzt: „Ich wäre aber kein Mensch für immer die gleiche Aufgabe und schätze an einer Gemeinde die Vielfalt von den ganz Kleinen bis zu den Alten.“

Volles Haus an Heiligabend
Mit seinem Start kurz vor Weihnachten hat sich das Ehepaar Manderla eine besonders spannende Zeit ausgesucht. Eva Manderla berichtet: „Heiligabend scheint hier das absolute Highlight zu sein: Es gibt fünf Gottesdienste und man hat uns allen Ernstes erzählt, dass sie hinten Stühle und vorne Bierbänke in die Kirche stellen, um alle Leute unterzubringen.“ Bei nur 2.700 Gemeindegliedern, davon viele mit Kindern, konnten also mit großem Andrang rechnen. Den Heiligen Abend als Arbeitstag zu verbringen sind auch die Kinder der Manderlas schon lange gewöhnt. Dass die Zeit mit der eigenen Familie an diesem Tag um die Gottesdienste herum arrangiert werden muss, konnte beide jedoch nicht davon abhalten, sich auch für ein Studium der Theologie zu entscheiden. „Wir haben uns bei dem Thema sehr zurückgehalten, und waren über ihre Wahl erst ziemlich überrascht, aber nun macht es ihnen beiden großen Spaß“, freuen sich die Eltern.

Evangelische Zeitfenster im Altenberger Dom
Da die Schildgener Andreaskirche gemeinsam mit dem Altenberger Dom die Evangelische Kirchengemeinde Altenberg/Schildgen bildet, sind Manderlas von Zeit zu Zeit auch dort im Einsatz. „Dass wir in so einer Kirche mal einen Gottesdienst halten würden, haben wir uns auch nie träumen lassen“, sagt Jürgen Manderla und ergänzt: „Das Wichtigste dort haben wir schon gelernt: Da der Altenberger Dom simultan von beiden Konfessionen genutzt wird, gibt es klar begrenzte evangelische und katholische Zeitfenster, die genau eingehalten werden müssen. Unser Gottesdienst beginnt um neun Uhr und muss pünktlich um zehn zu Ende sein, denn um halb elf ist wieder katholische Messe – man darf daher alles, außer zu lange zu predigen.“ Auch vor Ort in Schildgen sei die Ökumene stark, wie Eva Manderla hinzufügt. Hier gelte der Leitsatz: „Alles, was man zusammen machen kann, macht man zusammen.“ Die Zusammenarbeit mit den Katholiken, die in Schildgen in der imposanten Herz Jesu-Kirche beheimatet sind, laufe ausgezeichnet.

Andreaskirche wird 50
Viele repräsentative Veranstaltungen der Kirchengemeinde zum Reformationsjubiläum finden im Altenberger Dom statt, allerdings hat die Andreaskirche 2017 ohnehin ihr eigenes Jubiläum: Das Kirchengebäude mit dem außergewöhnlichen Turm feiert sein 50. Jubiläum. „Aber ob nun 50 oder 500 – wir feiern alles“, scherzt Jürgen Manderla. Dass der Start in Schildgen so gut gelungen ist, verdanken er und seine Frau aber auch ihrer ehemaligen Gemeinde in Quadrath-Ichendorf, die der überraschenden Entscheidung ihrer Pfarrerin und ihres Pfarrers mit viel Verständnis und Wohlwollen begegnet sei. „Unser Weggang ist letztlich nicht nur für uns, sondern auch für die Gemeinde die Chance auf einen Wandel. Wir haben uns mit großer Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit von der Kirche und den vielen lieben Menschen dort verabschiedet. Um in einen neuen Lebensabschnitt zu gehen, muss man sich auch lösen können“, sagt Eva Manderla. Mit guten Erinnerungen an das Alte und Lust auf neue Akzente beginnen die beiden nun ihre Arbeit in Schildgen.

Text: Kristina Pott
Foto(s): Kristina Pott