Eine neue Gemeinde entsteht
Aus drei Kirchengemeinden entsteht eine gemeinsame, eine große Gemeinde. Die Rede ist von der „Evangelische Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden“, die zum 1. Januar 2020 gegründet wird. Schon seit 2014 beschäftigen sich die Betroffenen mit diesem Fusionsprozess und jetzt, in den letzten Monaten vor der offiziellen Neustrukturierung, setzten sich die Menschen besonders intensiv mit der Situation auseinander. Insgesamt sind es 7500 Gemeindemitglieder, die diesen Weg gehen.
Hoffnungsgemeinde – Der Blick nach vorne
„Die Gemeindefusion bewegt uns alle, der Blick muss sich öffnen“, weiß Jörg Haake, Presbyter der Gemeinde Worringen. Auch Pfarrer Volker Hofmann-Hanke aus Worringen, Andreas Kock, Vorsitzende des Presbyteriums der Gemeinde Niehl und Pfarrer Wilfried Seeger, Gemeinde Neue Stadt, sind an diesem Prozess mehr als beteiligt: Sie haben ihn angestoßen. Dabei gibt es eine Besonderheit bei diesem Zusammenschluss: „Die geplante Fusion ist keine Zwangsfusion“, betonen alle drei. Es sei kein betriebswirtschaftlicher Aufbruch, sondern eine Veränderung, die mit viel Bedacht „Hoffnungsgemeinde“ als neuen Namen gewählt habe, „denn wir sind gemeinsam auf dem Weg“, so die Drei.
Dabei ist der geplante Zusammenschluss nicht nur aufgrund der Eigeninitiative und der „Bewegung von unten“ bemerkenswert. Auch geographisch, städtebaulich, gesellschaftlich, ist der Zusammenschluss etwas ganz Besonderes. Denn hier kommen Menschen zusammen, deren Lebensumfeld kaum unterschiedlicher sein könnte. Das neue Gemeindegebiet erstreckt sich vom äußerten Nordwesten bis zum Südosten auf über 15 Kilometer. Im Norden und im Süden befinden sich große Industriegebiete, dazwischen liegen weitläufige Auenlandschaften und Naturschutzgebiete.
Dörfliche Strukturen kommen mit den städtischen Zentren rund um das Stadtviertel Chorweiler zusammen. Siedlungen, die geprägt von Einfamilienhäusern sind, wie etwa Heimersdorf, ergänzen das „Potpourri“ an Wohnstrukturen. Arm und reich, jung und alt, seit Generationen mit den Orten verbunden oder neu zugezogen – alle diese Aspekte wird es in Zukunft zu bedenken geben.
Gemeinsames Verständnis und Begegnen
„Die Lebensbedingungen der Menschen könnten nicht unterschiedlicher sein“, weiß Haake. Und doch gibt es viel Lust, das Projekt gemeinsam zu stemmen. Ein gutes Beispiel hierfür sei die Namensfindung der neuen Gemeinde. Zunächst wurden alle Gemeindeglieder eingeladen. Auf einer gemeinsamen Gemeindeversammlung Ende Oktober in Worringen kristallisierten sich drei Namen heraus: „Emmausgemeinde“, „Friedensgemeinde“ und „Hoffnungsgemeinde“.
Anfang Dezember diskutierten die drei Presbyterien diese Namen auf einer gemeinsamen Versammlung in Merkenich. Für und Wider wurden angesprochen und abgewogen, dann stimmten die Gremien in getrennten Voten demokratisch ab. Die Entscheidung fiel in allen drei Presbyterien eindeutig aus: Die neue Gemeinde soll „Hoffnungsgemeinde“ heißen. Es gab weder Streit noch Sieger oder Verlierer bei der Abstimmung, sondern ein gemeinsames Verständnis führte zur Einstimmigkeit.
Für die Zukunft planen die drei Gemeinden, alle bestehenden Strukturen, die sich als gut und praktikabel erwiesen haben, zu belassen. Alle Angebote, die ohnehin neu gedacht werden müssen, etwa da die Nachfrage und das Angebot nicht mehr stimmig sind, sollen neu angegangen werden. „Gemeinde soll sich begegnen und aus diesen Begegnungen entstehen die Strukturen“, schildert Seeger. „Ab 2024 werden wir nur noch zwei Pfarrstellen für dieses ganze Areal haben. Auch dann wird Kirche aber gelebt werden können“, so Seeger. „Die Kirchenmitglieder sind gefragt, doch so entsteht auch viel Lebendigkeit“, ergänzt Kock. Alle Beteiligten kennen auch Ängste, die in Anbetracht der Veränderungen entstehen. „Wir wollen offen damit umgehen“, schildern sie. „Es muss aber keiner haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter befürchten, dass zum Beispiel Stellen abgebaut werden“, betont Hofmann-Hanke.
Gemeinden verändern sich – und müssen aktiver werden
„Das Verhältnis zwischen der Anzahl an Pfarrern und der Anzahl an Mitgliedern in den Gemeinden ändert sich, Strukturen ändern sich, die Gemeinde selber muss aktiver werden“, beschreibt Kock die Situation. Dabei müsse man zuweilen auch die eigene Komfortzone verlassen. Man entdecke aber auch neue Stärken. „Dabei ist jeder gefragt – diese Prozesse leben auch von der Bewegung die entsteht und von Begegnung“, so Kock weiter. Spiritualität wird von den Menschen durchaus nach wie vor gesucht, „auch wir spüren diese Sehnsucht.
Die Menschen fragen nach dem, was uns zusammen hält“, ergänzt Seeger. „Wir wollen dabei nichts vom Reißbrett aus planen, sondern uns mit viel Hoffnung gemeinsam bewegen“, so Seeger weiterhin. Alle drei betonen, dass die Atmosphäre – auf allen Ebenen – sehr gut und positiv sei. „Wir haben von Beginn an beschlossen, diesen Weg gemeinsam zu gehen“, so Hofmann-Hanke. Man habe die Umstrukturierung auch anders angehen können, sich aber dazu entschlossen, den jetzt eingeschlagenen Weg zu gehen, „wir wollen auch füreinander Verantwortung tragen“, geben die drei zu.
Neue Aufgaben können Sicherheit geben
„Durch die Vernetzung entstehen auch neue Aufgaben, die den Menschen Sicherheit geben. Wir wollen angstfrei nach vorne gehen und vorhandene Ängste annehmen“, beschreibt Seeger. Kirche sei immer unterwegs. „Es ist legitim, Angst vor der Veränderung zu haben“, ergänzt Hofmann-Hanke. Dennoch erlebe er es als sehr positiv, dass von den Gemeinde-Mitgliedern sich niemand gegen die Pläne stelle. Und trotz aller anstehenden Änderungen – das betonen alle drei – werde Kirche vor Ort erlebbar bleiben. Die einzelnen lokalen Stärken werden erhalten bleiben, auch ein Stück Identität vor Ort bleibe erhalten. Ideen die bisher an der einen Stelle gut funktionieren, wird es dann in Zukunft auch in der nahen Nachbarschaft geben, so schildern die drei den Weg in die neue Gemeinde.
Zum 1. Januar 2020 kommt die bisherige Worringer Gemeinde zusammen mit dem nördlichem Teil der Kirchengemeinden Niehl und der Gemeinde der Neuen Stadt, also mit den Blumenberg, Chorweiler, Feldkassel, Fühlingen, Heimersdorf, Langel, Merkenich, Rheinkassel, Roggendorf/Thenhoven, Seeberg, Volkhoven-Weiler.
Foto(s): Judith Tausendfreund