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„Geld regiert die Welt. Wer regiert das Geld?“ Nachrichten von der Herbstsynode des evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte

56 von 65 Synodalen begrüßte Pfarrer Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region und Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte, bei der Herbstsynode des Kirchenkreises am Samstag im Haus der evangelischen Kirche. „John Calvin und Kalvin Klein“ lautet der Titel eines Aufsatzes von Christof Stückelberger, Professor für Sozialethik in Basel, aus dem der Superintendent in seinem Jahresbericht zitierte: “ „Die populäre und weltweit verbreitete Auffassung, Calvin und der Calvinismus seien der Vater des modernen Kapitalismus, ist falsch.“ Theologisch und kirchengeschichtlich sei laut Domning nicht von der Hand zu weisen, dass im Calvinismus materieller Erfolg als Nachweis gesegneten und gottgefälligen Lebens angesehen werde. Insofern habe der Religionssoziologe Max Weber den Calvinismus durchaus berechtigt als einen der Vorläufer kapitalistischer Denkweise erkannt: „Erfolg, Sparsamkeit, Fleiß, strenges protestantisches Arbeitsethos.“

„Wirtschaft braucht ein souveränes Gegenüber“
Allerdings gelte es, eine Frage zu stellen: „Geld regiert die Welt. Wer regiert das Geld?“ Hier zitierte Domning aus einem Papier des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA): „Aus protestantischer Perspektive ist daran zu erinnern, dass die Wirtschaft ein souveränes Gegenüber braucht. Protestantinnen und Protestanten fragen danach, in welchen Beziehungsverhältnissen sinnvoller Weise gewirtschaftet werden soll. Eine sich allein auf das Geldmachen zurückziehende Ökonomie zerstört Wahrhaftigkeit und Vertrauen und damit die wesentlichen Grundlagen für alle Formen gesellschaftlichen Miteinanders. Wo heute prekäre Arbeitsverhältnisse, brüchige Erwerbsbiografien und Arbeitslosigkeit für immer mehr Menschen zu den sozialen Folgen ökonomistischer Programmatiken gehören, ist die Frage nach der Rolle des Geldes ein Teil der Gerechtigkeitsfrage.“

Debatte um die so genannte „Ausbeutungsumkehrung“
Darüber hinaus prangerte Domning eine aktuelle Diskussion an, die kaum dem sozialen Frieden diene: Die Debatte um die so genannte „Ausbeutungsumkehrung – die ,Ausbeutung der Produktiven durch die Unproduktiven‘. Die ,Unproduktiven‘, das zielt offensichtlich auf die ,Unterschicht‘, die ,Bedürftigen‘, die ,Arbeitslosen‘, die angeblich Nutznießer einer ,Enteignung per Einkommenssteuer‘ sind.“ Domning nannte diese Debatte eine „Halligalli-Diskussion“ angesichts der immensen Milliardensummen, mit denen die Verluste der „Skandalbanken“ durch den Steuerzahler ausgeglichen werden müssten.

Keine „Halligalli“-Sonntage
Konkret wandte sich der Superintendent auch gegen die „Halligalli-Sonntage“, mit denen er die verkaufsoffenen Sonntage auf dem Stadtgebiet meinte. Wenn man die in den Stadtteilen zu denen in der Innenstadt hinzurechne, komme man locker auf 60 verkaufsoffene Sonntage pro Jahr. „Es ist uns nicht allein um die Gewährleistung des Gottesdienstbesuchs getan, sondern auch um den Erhalt des Sonntags als Freiraum für die gesamte Schöpfung und den Menschen, Freundschaften zu pflegen, Familie zu sein, die Zeit gemeinsam zu gestalten.“

Freundschaftlicher Dialog mit den Muslimen
Der Superintendent begrüßte ausdrücklich noch einmal den Bau der Moschee in Ehrenfeld, für die kürzlich der Grundstein gelegt wurde. „Ich hoffe sehr, dass diese Grundsteinlegung auch eine solche in den Herzen der Menschen sein wird.“ Zum freundschaftlichen Dialog gebe es keine Alternative. Man lebe gemeinsam in einer Gesell-schaft, und das gehe friedvoll nur in gegenseitigem Lernen und in gegenseitigem Respekt.

Haushalt: Überschuss in Höhe von 150.621 Euro
Die Synodalen entlasteten alle an der Haushaltsführung für 2008 beteiligten Personen einstimmig. Der Haushalt des Kirchenkreises wurde festgestellt mit Einnahmen von 876.563 Euro und Ausgaben von 725.941 Euro. Der Jahresüberschuss beträgt demnach 150.621 Euro. Dieser Überschuss geht zu 106.621 Euro in die allgemeine Ausgleichsrücklage, 10.000 Euro werden in die Baurücklage eingestellt, 24.000 Euro steckten die Synodalen in die regionale Ausbildung von Kirchenmusikern, und 10.000 Euro beträgt der Zuschuss in die Konfirmandenarbeit. Für 2010 stellten die Synodalen einen Haushalt mit einem Volumen von 580.943 Euro auf.

Georg-Fritze-Gedächtnisgabe an kolumbianische Menschenrechtsorganisation
Ebenfalls einstimmig beschlossen die Synodalen, die Georg-Fritze-Gedächtnisgabe 2009 der kolumbianischen Menschrechtsorganisation „Corporación Juridica Libertad“ (CJL) zu verleihen. Die CJL ist ein Anwaltskollektiv, das seinen Sitz in Medellín hat. Sechs Rechtsanwälte arbeiten dort und vertreten Menschen und Gemeinschaften, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden sind.
Seit 1981 verleiht der evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte den mittlerweile mit 10.000 Euro dotierten Preis im Gedenken an Pfarrer Georg Fritze einen Ehrenpreis an Menschen und Organisationen, die sich dem Kampf gegen Diktatur und Gewalt und der Unterstützung der Opfer von Gewalt verschrieben haben.

Die Verleihung der „Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe“ erinnert an den „roten Pfarrer“ Georg Fritze, der 1938 als Christ, Sozialist und Antifaschist von seiner eigenen Kirche unter dem Druck des Nazi-Regimes aus seinem Amt „entfernt“ worden war. Fritze war Pfarrer an der Kartäuserkirche.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann