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Gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution bei der Fußball-WM – ökumenische Presserklärung

„Die Welt zu Gast bei Freunden“ – unter diesem Motto stehen die Tage der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Dieser gastfreundschaftlichen Perspektive steht das Thema „Menschenhandel und Zwangsprostitution“ entgegen, das anlässlich des sportlichen Großereignisses eine deprimierende Realität erhält. Denn rund um die Spielorte wird mit einer erheblichen Zunahme von Menschenhandel und Zwangsprostitution gerechnet.

Menschenhandel und Zwangsprostitution sind eine moderne Form der Sklaverei und eine eklatante Verletzung von Menschenrechten, die die christlichen Kirchen nicht hinnehmen dürfen und nicht hinnehmen wollen. Denn Menschen, vor allem Frauen, werden nicht nur ihrer Kleider beraubt, sondern ihrer Würde, wenn sie missbraucht und Opfer von Gewalt und wie Ware gehandelt werden. „Menschenhandel ist eine große Schande“ (Papst Benedikt, 2006), besonders wenn Frauen weltweit Opfer von Zwangsprostitution werden.

Junge Frauen, vor allem aus Osteuropa, werden mit Täuschung, Drohung oder gar Gewaltanwendung nach Deutschland verbracht und hier zu Prostitution gezwungen. Sie bezahlen ihren Traum vom besseren Leben teuer, wenn sie den Versprechungen auf interessante Stellen und gutes Geld Glauben schenken. Und selbst diejenigen, die zur Arbeit in der Prostitution bereit sind, ahnen nichts von den entwürdigenden Bedingungen, wissen nichts davon, dass Ihnen die Pässe abgenommen, sie eingesperrt oder unter ständiger Bewachung leben werden. Ihnen und ihren Familien wird massiv Gewalt angedroht oder angetan, um die Frauen gefügig zu machen oder zu halten.

Zwangsprostitution spielt sich häufig in Privatwohnungen ab, wohin die Frauen den Menschenhändlern arg- und ahnungslos gefolgt sind. Durch schnelle Ortswechsel entziehen sich die Zuhälter mit ihren Opfern der polizeilichen Kontrolle, sie profitieren von der Abhängigkeit und Isolation der betroffenen Frauen. Alle sind aufgerufen, mit wachem Blick auf Anzeichen von Zwang und Gewalt zu achten und den Opfern zu Hilfe zu kommen, indem sie u. a. die Frauen auf Hilfsangebote der Netzwerke gegen Zwangsprostitution aufmerksam machen oder sie dorthin begleiten.

Wir fordern in Deutschland die Verantwortlichen in Politik und Behörden auf, auch nach der Fußball-Weltmeisterschaft das Problem des Menschenhandels und der Zwangsprostitution wirksam und nachhaltig zu bekämpfen, damit die betroffenen Frauen gezielt vor menschenverachtender Ausbeutung und Gewalt geschützt werden.

In der gottgegebenen Menschenwürde gründet die Unverletzlichkeit jedes menschlichen Lebens. Die christlichen Kirchen machen es sich deshalb neu zur Aufgabe, über die Tage der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hinaus zu appellieren, wirklich allen Menschen Freund zu sein und die Menschenwürde als tragendes Fundament und die Menschenrechte als leitende Prinzipien des Handelns sowohl für jeden einzelnen als auch für die Gesellschaft und ihre Institutionen nicht aus den Augen zu verlieren.

Diese Presserklärung haben unterschrieben:
Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Düsseldorf
Alfred Buß, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Bielefeld
Dr. Martin Dutzmann, Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, Detmold
Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln
Hans-Josef Becker, Erzbischof von Paderborn
Dr. Felix Genn, Bischof von Essen
Dr. Reinhard Lettmann, Bischof von Münster
Dr. Heinrich Mussinghoff, Bischof von Aachen

Text: EKiR
Foto(s): FIFA