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Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus‘

Unter dem Motto „ERINNERN – eine Brücke in die Zukunft“ wird am Donnerstag, 26. Januar, ab 18 Uhr eine Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus in der Antoniterkirche, Schildergasse 57, gehalten. Dabei wirken mit: der Schauspieler Axel Gottschick, die Schauspielerin Ingeborg Haarer, die Schauspielerin Marion Mainka, der Musiker Professor Igor Epstein, die Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes und die Projektgruppe Gedenktag. Ab etwa 19.30 erfolgt ein Mahngang zum Offenbachplatz (ehemalige Synagoge). 2012 stehen die Kölnerinnen und Kölner im Mittelpunkt, die in der NS-Zeit wegen ihrer jüdischen Herkunft und aus rassistisch-antisemitischen Gründen verfolgt wurden. Die Veranstaltung findet in diesem Jahr wegen des Shabbats bereits einen Tag früher statt!

Rückkehr in die Fremde – jüdische Kölnerinnen und Kölner kehren nach 1945 in die Stadt zurück
„Du musst nicht denken, so ein Lager ist von einem Tag auf den anderen zu Ende. Schön wär das. Wirst befreit, gehst raus, und alles ist vorbei. So ist das leider nicht, ihr stellt euch das viel zu einfach vor, das Lager läuft dir hinterher. Von draußen sieht es aus wie normales Leben, in Wirklichkeit sitzt du noch im Lager, das in deinem Kopf weiter existiert. Du fürchtest, so fängt der Wahnsinn an.“ So spricht die Hauptfigur aus Jurek Beckers Roman „der Boxer“, in dem Becker Gespräche zu verarbeiten versucht, die er zwei Jahre lang mit einem ehemaligen KZ-Häftling geführt hat. Zum Jahrestag (27. Januar) der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz wird aller unter der NS-Herrschaft Verfolgten und Ermordeten, ihrer Leiden, Qualen und Erniedrigungen gedacht.

Sie waren entwurzelt, ihre Lebenswege abgeschnitten. War für sie eine Rückkehr nach Köln denkbar?
Manche konnten der Verfolgung durch Emigration entkommen, nur wenige überlebten die Vernichtungslager, einzelne wurden durch mutige Menschen gerettet, die ihnen in Köln oder Umgebung ein Versteck oder die Flucht ins Ausland ermöglichten. Die Überlebenden sind gezeichnet von sozialer Ausgrenzung und Entrechtung, von tiefster Demütigung und brutaler Misshandlung. Zwangsarbeit zermürbte ihren Körper, die Anwesenheit des Todes ihre Seele. Mit der Rückkehr aus Versteck, Lager und Emigration war für sie die Hoffnung verbunden, an das Leben vor der Verfolgung anknüpfen zu können. Doch dies gelang nur wenigen. Viele hatten ihre nächsten Angehörigen verloren, das Zuhause war ihnen genommen und eine neue Heimat nur schwer zu finden. Sie waren entwurzelt, die Lebenswege abgeschnitten, oft völlig zerstört. 1945 stellte sich ihnen die Frage, wie und wo sie die Kraft für weiteres Leben aufbringen konnten. War für sie eine Rückkehr nach Köln denkbar?

Lebensläufe von Bruno Kisch, Margret Busher, Malka Schmuckler, Herbert Lewin, Moritz und Helmut Goldschmidt nachgezeichnet
Trotz aller Bedenken entschlossen sich einzelne Kölnerinnen und Kölner zur Rückkehr in ihre Heimatstadt, manche schon früh, manche später. Ihre Hoffnung, dass sie dort auf Menschen treffen, die sich ehrlich und selbstkritisch mit ihrem Leben im Nationalsozialismus auseinandersetzen, wurde in den meisten Fällen enttäuscht – gleichzeitig entstanden aber auch Begegnungen und Beziehungen, die als kostbar und unverzichtbar empfunden wurden.
Indem dies an den Lebensläufen von Bruno Kisch, Margret Busher, Malka Schmuckler, Herbert Lewin, Moritz und Helmut Goldschmidt nachgezeichnet wird, wird an alle erinnert, die die Mühen des Neuanfangs in der Stadt Köln trotzdem auf sich genommen und damit viel zum demokratischen Wiederaufbau der Kölner Gesellschaft beigetragen haben. Die Häftlinge von Buchenwald – zu denen auch Helmut Goldschmidt gehörte – schworen nach ihrer Befreiung: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“. Dies ist nach wie vor aktuell. „Deshalb sind wir alle aufgefordert, einen Beitrag zu leisten, dass Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in unserer Stadt keinen Boden gewinnen und die Erinnerungsarbeit demokratische Früchte trägt“, so die Veranstalter der Gedenkstunde in ihrem Appell.

Die Veranstalter:
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Köln; Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen; Bündnis 90/Die Grünen, Kreisverband; Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte; CDU-Ratsfraktion; Centrum Schwule Geschichte; Der halbe Stern e.V.; DGB Region Köln-Bonn; DFG/VK Köln; Die Linke Köln; Die Linke. Fraktion im Rat der Stadt Köln; DKP Köln; Evangelische Gemeinde Köln; FDP Kreisverband Köln; Friedensbildungswerk Köln e.V.; Friedensforum Köln; Geschichtswerkstatt Kalk; Jugendclub Courage Köln e.V.; Jungsozialisten Köln; Karl-Rahner Akademie; Jüdische Liberale Gemeinde Köln Gescher LaMassoret e.V.; Katholikenausschuss; Kölner Appell gegen Rassismus e.V.; Kölner Frauengeschichtsverein; Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit; LAG Lesben in NRW; LSVD, Lesben- und Schwulenverband; Melanchthon-Akademie; NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln; Pax Christi Köln; Rom e.V.; Schwules Netzwerk NRW; SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln; SPD Köln; Synagogen-Gemeinde Köln; ver.di AK Antifaschismus/Antidiskriminierung Köln; ver.di AK Lesben und Schwule; ver.di Bezirk Köln; Verein EL-DE-Haus e.V.; Vereinigung der Verfolgten des Naziregime/Bund der Antifaschisten Köln; Werkstatt für Ortsgeschichte Köln-Brück

Text: Gedenktag/knap
Foto(s): Körber-Leupold für die AntoniterCityKirche