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Gedenkstunde an der Kölner Kindergedenkstätte am Löwenbrunnen

Hoch stiegen die schwarzen Luftballons in den Kölner Himmel. So hoch, dass sie bald den Blicken der Jugendlichen und Erwachsenen entschwunden waren. Anlass für diese Aktion war die rund einstündige Veranstaltung am Kölner Löwenbrunnen am nationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.

Zahlreiche Interessierte waren der Einladung der Synagogen-Gemeinde Köln, des Katholischen Stadtdekanats und des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region in Verbindung mit dem Arbeitskreis „Lern- und Gedenkort Jawne“ auf den innerstädtischen Erich-Klibansky-Platz an der Helenenstraße gefolgt. Die evangelische Pfarrerin Ulrike Gebhardt und Schulreferent Dr. Rainer Lemaire begrüßten Schülerinnen und Schüler von drei Schulen aus der Umgebung.

Ballons mit dem Schriftzug „Freiheit“
Mit der Luftballon-Aktion erinnerten Schülerinnen und Schüler der Religionsklasse 8 von der Gesamtschule Mechernich an die jüdischen Mädchen und Jungen, die in der NS-Zeit aus Kommern und Mechernich deportiert wurden. „Wir haben für Dich einen Luftballon gestaltet, der die ´Freiheit´ symbolisiert, die Du nicht hattest“, erinnerten die Jugendlichen und nannten dabei die Namen deportierter Kinder wie Hannah und Ruth Eiffeler. Viele Ballons trugen einzelne Buchstaben, die zusammen das Wort „Freiheit“ ergaben.

Über 1.100 Namen erinnern an die Deportierten
Erschüttert zeigten sich die vortragenden Jugendlichen über das, was sie im Unterricht und am „Lern- und Gedenkort Jawne“ über das Leid jüdischer Menschen unter der Herrschaft der Nationalsozialisten erfahren hatten – über die Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung Unzähliger, darunter auch viele Kinder aus Köln und der Region. An der Gedenkstätte Löwenbrunnen erinnern über 1.100 Namen auf Bronzetafeln an die Deportierten. Die Schülerinnen und Schüler schilderten, dass sie besonders das Schicksal der deportierten Kinder bewegt habe. Dr. Erich Klibansky, der erste Direktor des jüdischen Gymnasiums „Jawne“, das einst unweit des heutigen Löwenbrunnens in Köln stand, hatte damals durch seine Initiative einige Kinder seiner Schule mit Transporten nach Großbritannien retten können.

Für Jugendliche heute oft schwer vorstellbar
Die Schülerinnen und Schüler äußerten dazu mehrfach, dass sie sich die damaligen schrecklichen Verhältnisse „eigentlich gar nicht richtig vorstellen“ könnten. Welchen unfassbaren Schmerz muss die – oft endgültige – Trennung von Eltern und ihren Kindern auf beiden Seiten ausgelöst haben! „Was für einen Mut müssen diese Kinder aufgebracht haben“, zollten die Schülerinnen der 7. Klasse des Nelly-Sachs-Gymnasiums in Neuss diesen Kindern ihren Respekt. Heute sei das glücklicherweise anders, sagte eine Schülerin: „Bei uns wird niemand diskriminiert.“ Die Schule hat sich dem Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ verpflichtet. Auch die Jugendlichen der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Leverkusen unterstrichen die Bedeutung des „Lern- und Gedenkortes Jawne“ und bezeichneten diese als „wertvolle Einrichtung“.

Domning fordert „mutiges Handeln gegen Diskriminierung“
Stadtsuperintendent Rolf Domning betonte in seiner Ansprache: „Das Gedenken an den Holocaust ist unbedingt notwendig.“ Damit wandte er sich ausdrücklich auch gegen anderslautende Äußerungen von Rechtspopulisten. „Gerade auch weil es diese Stimmen gibt“, gelte es, deutlich Stellung zu beziehen, so Domning. Er dankte den Jugendlichen, die genau das täten. Er dankte ihnen für die aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte und ermutigte sie dafür einzutreten, sich gegen jede Art von Diskriminierung zu wehren. Niemand dürfe aufgrund seiner Religion oder Herkunft zurückgesetzt oder gar verfolgt werden, so sein Plädoyer.

Erinnern wichtig für Gegenwart und Zukunft
Auch Bürgermeister Hans-Werner Bartsch begrüßte das Engagement der jungen Menschen: Er sei immer wieder berührt zu sehen, in welch großer Zahl Schülerinnen und Schüler dieser jährlichen Veranstaltung beiwohnten. Das Holocaust-Gedenken habe unverändert eine unermesslich große Bedeutung. Die Erinnerung müsse Mahnung für unser Handeln in der Gegenwart und Zukunft sein, schloss der Bürgermeister sein Grußwort.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich