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Gedenkräume, Gedenkkunst und Mahnmale in Köln: Ausstellung über die NS-Zeit noch bis zum 9. Mai 2010 im NS-Dokumentationszentrum zu sehen

Noch bis zum 9. Mai 2010 informieren eine Ausstellung im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln sowie eine Publikation über Gedenkkunst und Mahnmale in Köln: Über Anlagen und Gedenkobjekte, mit denen an Weltkriegstote sowie an Opfer der NS-Verfolgung und des Widerstandes gegen die NS-Diktatur erinnert wird.

Veränderungen der Erinnerungskultur
„Archiv des Gedenkens an die NS-Zeit im Rheinland“ ist ein bundesweit einmaliges Projekt betitelt. Anfang 2008 gestartet, dient es der möglichst umfassenden Dokumentation aller Denkmalobjekte zum Thema. Unter anderem soll es über die verschiedenen Ausprägungen, über Entwicklungen und Veränderungen der Erinnerungskultur informieren. Angesiedelt ist dieses Projekt an der Kunst- und Museumsbibliothek/Rheinisches Bildarchiv der Stadt Köln. Durchgeführt wird es in Kooperation mit dem Landschaftsverband Rheinland. Das Datenmaterial soll allen Interessierten in Form des Internet-Portals „Denkmälerarchiv des Gedenkens an die NS-Zeit im Rheinland“ zugänglich gemacht werden.

Unterstützung durch den Kirchenverband
Die Stadt Köln bildet natürlich einen Teil des Untersuchungsraumes. Über deren Gedenktopographie informiert aktuell auch die Ausstellung „Gedenk-Räume – Die NS-Zeit in der Gedenkkunst in Köln“ im städtischen NS-Dokumentationszentrum. Anlässlich dieser Schau im EL-DE-Haus ist der „Mahnmalführer Köln“ erschienen. Die Finanzierung von Ausstellung und Publikation wurde großzügig unterstützt vom Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. Konzipiert haben die Ausstellung Elke Purpus und Hans Hesse. Die Kunsthistorikerin Purpus ist Direktorin der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln, der Historiker Hans Hesse leitet das Projekt „Archiv des Gedenkens an die NS-Zeit im Rheinland“. Die Fotografien stammen von Britta Schlier und Sabrina Walz, Mitarbeiterinnen des Rheinischen Bildarchivs. Die Ausstellung „Gedenk-Räume“ widmet sich anhand ausgewählter Beispiele der Erinnerung an Weltkriegstote sowie an Opfer der NS-Verfolgung und des Widerstandes gegen die NS-Diktatur. Insbesondere nimmt sie die Präsentation von Mahnmalen und Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum in den Blick, die Art der Inszenierung von Gedenk-Räumen. In der Schau finden sie sich mittels großformatig abgezogenen Fotografien dokumentiert. Texte erläutern die Objekte und die ihnen zugewiesene(n) Funktion(en).

Grabanlagen auf dem Westfriedhof
Die Inszenierung der Denkmäler, so Hesse und Purpus, räume nicht nur der Erinnerung an das vergangene Geschehen einen Platz ein. Sie weise zugleich der Geschichte einen Ort im öffentlichen Raum zu. Zu diesen Gedenk-Räumen zählt die Kirchenruine St. Alban mit der Nachbildung der „Trauernden Eltern“ von Käthe Kollwitz und dem „Kriegsgefangenenmahnmal“ von Kurt-Wolf von Borries. Dazu gehört ebenso ein besonderes Ensemble von Grabanlagen auf dem Westfriedhof. Es umfasst unter anderem eines der größten Gräberfelder für Kriegstote des Zweiten Weltkriegs in Köln. Zudem eine Gedenkanlage mit einem Gräberfeld, in dem über 1.700 Opfer der NS-Verfolgung, Deutsche wie Ausländer, bestattet worden sind.

Tradition von Gedenkräumen in Kirchen
Problematisch, so ist dort zu lesen, seien Denkmäler, die den Kriegsfolgen des Ersten und Zweiten Weltkriegs zusammen gedenken – und damit den Nationalsozialismus als Ursache des Zweiten Weltkrieges ausklammern. Dies habe ein „diffuses ´Weltkriegsgedenken´ zur Folge, das nicht nur die historischen Fakten verklärt, sondern auch schuldentlastend wirkt“. Andererseits bewerten Hesse und Purpus die in den vergangenen 20 Jahren erfolgte Entwicklung der Gedenklandschaft für die Opfer der NS-Verfolgung und des Widerstandes „unter dem Strich positiv“. Die Schau weist hin auf die lange Tradition von Gedenkräumen in Kirchen. Zahlreiche der nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Kriegergedächtniskapellen wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. „Der Charakter der Kapellen, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, hat sich weitgehend geändert. Als ´Kriegergedächtniskapellen´ lassen sie sich nicht mehr bezeichnen. Sie dienen heute vielmehr dem Kriegstotengedenken. Ihre Symbolik enthält überwiegend keine militaristischen Attribute mehr“, heißt es dort.

Kombination von zwei Gedenkobjekte
Eher selten in Köln anzutreffen ist eine Verknüpfung von Gedenkobjekten für die Toten beider Weltkriege und die Opfer der NS-Verfolgung oder des Widerstandes gegen die NS-Diktatur. Eine solche Kombination von zwei Gedenkobjekten stellen Purpus und Hesse für die evangelische AntoniterCitykirche an der Schildergasse fest: Einerseits befinden sich dort „Der Schwebende“ von Ernst Barlach, darunter eine Platte mit den Jahreszahlen 1914-1918 und 1939-1945. Andererseits die „Holocaust-Stele“ von Dieter Boers. Der 1941 eingeschmolzene Erstguss der Barlach-Plastik wurde 1927 für den Dom in Güstrow geschaffen und diente ursprünglich als Mahnmal für den Ersten Weltkrieg. Boers‘ Stele erinnert an den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden.

Ein besonderes Gedenkobjekt befindet sich in der Vorhalle der evangelischen Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Köln-Junkersdorf. Gewidmet ist es dem Namenspatron des 1965 eingeweihten Gotteshauses der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden an der Birkenallee. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) wurde 1943 als Unterstützender des Widerstandes gegen das NS-Regime verhaftet und am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Als Sinnbild für Bonhoeffers ungebrochenes christliches Bekenntnis schuf der Künstler Kurt-Wolf von Borries in Ketten gelegte betende Hände, die aus einer „Mauer-Öffnung“ hervor ragen, die eine unüberwindlich scheinende Begrenzung „durchbrechen“.

„Stolpersteine“ von Gunter Demnig
Die Ausstellungsmachenden behandeln selbstverständlich auch das Gedenkprojekt „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Nicht nur in Köln erinnern seine in die Bürgersteige vor ehemalige Wohnhäuser von deportierten und ermordeten Opfern der NS-Verfolgung und des Widerstandes verlegten Steine an deren Namen und, wenn bekannt, deren Geburts- und Todesjahre. Laut Purpus und Hesse hebt Demnig so nicht nur die Spurlosigkeit dieser Opfer auf. Gleichzeitig erschließe er mit seinen Objekten „die ganze Stadt als einen umfassenden Gedenk-Raum“. Die Einschätzung „umfassender Gedenk-Raum“ könne auch auf die Gesamtheit der unterschiedlichen Gedenkobjekte in Köln übertragen werden.

141 Objekte umfassenden Auflistung
Der „Mahnmalführer Köln“ (ISBN 987-3-8375-0168-1) ist im Klartext-Verlag, Essen, erschienen. Er bildet Band 4 der Schriftenreihe der Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln. Herausgeber des „Mahnmalführers Köln“ sind Hans Hesse und Elke Purpus. Ihr Ziel war die Erfassung aller Gedenkobjekte in Köln, mit denen an die Opfer der NS-Verfolgung und des Widerstandes gegen das NS-Regime, mit denen an Zwangsarbeitende und Kriegsgefangene, mit denen an die Kriegstoten erinnert wird. Der 141 Objekte umfassenden Auflistung findet sich ein Beitrag über die Denkmaltopographie Kölns vorangestellt. Ein umfangreicher Anhang enthält ein Straßen- und Künstlerverzeichnis, führt außerdem Namen von Straßen und Schulen sowie Namensgebungen von Gebäuden und Einrichtungen auf, denen eine Gedenk- und Erinnerungsfunktion zukommt. Die Auflistung selbst gliedert sich zunächst in die neun Stadtbezirke Kölns. Dann sind die Standorte der Objekt in alphabetischer Reihenfolge Straßennamens. Jedes Objekt ist mit (mehrheitlich) einem Foto und kurzen Erläuterungen vertreten.

Gedenkobjekte an evangelischen Einrichtungen
Darunter befinden sich auch Gedenkobjekte in und an, respektive auf dem Gelände von evangelischen Einrichtungen. Beispielsweise zu nennen ist die Gedenktafel auf dem evangelischen Friedhof in Köln-Mülheim, Bergisch Gladbacher Straße, zur Erinnerung an den hier bestatteten Diakon Moritz Weissenstein (1876-1944). Sie wurde 1987 auf Anregung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein angefertigt zur Erinnerung an „den letzten Mitarbeiter des Westdeutschen Vereins für Israel, der vielen seiner rassisch verfolgten Leidensgenossen zur Flucht verhalf, bevor er selber im ´Judenlager´ Köln-Müngersdorf ein Opfer des Hitler-Faschismus wurde (…)“. An der evangelischen Matthäuskirche in Köln-Porz, Teutonenstraße, befinden sich an der Außenwand vier Tafeln mit den Namen der zivilen Kriegstoten und gefallen Soldaten des Zweiten Weltkriegs der Evangelischen Kirchengemeinde Porz.

Geöffnet ist die Ausstellung „Gedenk-Räume“ im städtischen Museum NS-Dokumentationszentrum, EL-DE-Haus, Appellhofplatz 23-25, bis einschließlich Sonntag, 9. Mai: dienstags bis freitags von 10 bis 16 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 16 Uhr. Donnerstag, 6. Mai, ist „KölnTag“ und das Museum bis 22 Uhr geöffnet. „KölnTag“ bedeutet, dass bei Vorlage des Personalausweises alle in Köln gemeldeten Bürger freien Eintritt erhalten.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich