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Gedenkfahrt mit 5000 Bikern zum Altenberger Dom

Helme und Motorradfahrerblues im Altenberger Dom? Beim Motorradgottesdienst ist eben vieles anders. „So viele Teilnehmer hatten wir lange nicht“, sagte ein Polizist, der die verschiedenen Gruppen am Kölner Militärring koordinierte. Bei passendem Oktobersommerwetter trafen sich etwa 5000 Bikerinnen und Biker, um von Köln aus Richtung Altenberger Dom zu fahren und dort den verstorbenen Bikern mit einem Gottesdienst zu gedenken. Veranstaltet wurde das Ganze von der Aktion Bauer Punkt, der Motorradorganisation innerhalb der evangelischen Kirche Rheinland. Durch Corona war die Tour in den letzten Jahren ausgefallen.

In verschiedenen Gruppen nach Odenthal

Ziel war der Altenberger Dom, wo Motorradpfarrer Ingolf Schulz und sein Kollege Thomas Rusch, ebenfalls begeisterter Motorradfahrer, auf die Bikerinnen und Biker warteten. Gefahren wurde in verschiedenen Gruppen, alle mit Polizeibegleitung, einige Straßen und Kreuzungen waren für den Autoverkehr gesperrt. So ging es zügig durch die Stadt, viele Menschen am Straßenrand winkten den Bikern begeistert zu, die sich wiederum mit verschiedensten Hupenkonzerten unüberhörbar bedankten. Dank der professionellen Organisation kamen die Maschinen schnell voran, alle waren rechtzeitig am Altenberger Dom, um dem Gottesdienst zuzuhören und sich erst einmal mit einer Bratwurst zu stärken,

„Wir feiern einen Bluesgottesdienst“

Im Dom selber war alles anders als sonst. Das ganze Gelände stand voller Bikes, Scooter oder Trikes. Die unterschiedlichsten Typen waren dabei, vom Rocker auf der Uralt-Harley bis zum Vater mit Nachwuchs auf der nagelneuen BMW – alle genossen nochmal das wettermäßig letzte tolle Herbstwochenende. Die Stimmung war genauso entspannt wie die Anfahrt, jeder quatschte mit jedem, bevor es dann um 14 Uhr in den Dom ging.

Da sah alles anders aus als gewohnt. Überall lagen Motorradhelme herum, die Orgel war abgeschaltet, vorne probte die Band von Ingolf Schulz die letzten Akkorde, bevor er kurz nach 14 Uhr die Musik anwarf und mit dem Motorradfahrerblues, der sehr an Honky Tonk Woman der Stones erinnerte, den Gottesdienst eröffnete. „Blues ist nicht nur was für frustrierte alte Männer, im Gegenteil, Blues verkörpert Dankbarkeit und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft“, so Ingolf Schulz. „Wir feiern hier heute einen Bluesgottesdienst.“

Nach einem Eröffnungsgebet sprachen beide Pfarrer das Glaubensbekenntnis für Motorradfahrer. „Wir erleben Jesus als unsichtbaren Sozius, kennt und leitet unser Leben, auch der Tod ist ihm nicht fremd. Gott brachte den Motor des Lebens Jesu wieder ans Laufen. Freude bestimmt unser Fahren, Gott zerreißt den Strafzettel unseres Lebens.“

„Ride a horse, ride a Bike“

Die Predigt knüpfte an die Vorstellung der Graf Recke Stiftung an, für deren reittherapeutische Arbeit die Kollekte bestimmt war. „Wir laden in jedem Jahr eine Organisation ein, an die dann die Kollekte geht“, so Ingolf Schulz.

„Was für eine Gelegenheit, das Geld auszugeben“, begann Thomas Rusch seine Predigt. „Ride a Horse, ride a Bike“ – Reiter und Biker hätten einige gemeinsame Eigenschaften, die wichtigsten seien Leidenschaft und Vertrauen in Mensch und Material. „Die Kinder lernen in der Reittherapie Vertrauen, auch für Euch Biker ist Vertrauen in Euch und Euer Material lebenswichtig.“ Im Moment gäbe es viele Ängste von allen Seiten, die Vertrauen zerstören könnten. „Wenn wir uns Jesus anvertrauen, können wir seinen Lebenshauch spüren. Mit ihm kommen wir am Fahrtziel unseres Lebens an.“ Auch eine kleine Bemerkung zum eigenen geliebten Motorrad konnte er sich nicht verkneifen. „Welches Bike würde Jesus fahren? Er fuhr mit Triumph in den Himmel.“ Die Kenner wussten natürlich Bescheid. „Seien wir dankbar, dass wir uns dieses Hobby leisten können, uns geht es wirklich gut. Was ist aber mit unserem Nachbarn, der die Tankfüllung im nächsten Jahr nicht bezahlen kann?“ Hier seien Nächstenliebe und Hilfe gefragt.

Gedenken an verstorbene Bikerinnen und Biker

Einer der Höhepunkte des Gottesdienstes waren die Fürbitten, während derer die verstorbenen Biker namentlich genannt wurden, die vorher in Listen eingetragen wurden. Für jeden Toten wurde eine Kerze entzündet, zu jedem wurde ein persönliches Wort gesagt, was die Gemeinde still und bewegt zur Kenntnis nahm.

Vor dem Segen war noch ein Dank an die 130 Helferinnen und Helfer sowie die Polizei fällig, die diese Veranstaltung, die es seit 1979 gibt und die jetzt zum 42. Mal stattfand, erst möglich machen. „Wir freuen uns auf nächstes Jahr und sehen uns alle gesund am 28. Oktober 2023 hier wieder“, verabschiedete Ingolf Schulz die Gemeinde, nicht ohne noch eine Rocknummer seiner Band zum Besten zu geben.

Text: Dr. Klemens Surmann
Foto(s): Dr. Klemens Surmann