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Mahnmal auf dem Gelände des Mildred-Scheel-Berufskollegs in Solingen

Gedenken an die Brandnacht von Solingen

Am 29. Mai 1993, vor 25 Jahren, kamen fünf türkische Frauen und Mädchen bei einem rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen ums Leben. Sie wurden im Haus der Familie Genç getötet. Es war der schlimmste Anschlag in der Geschichte Nordrhein-Westfalens.  Die Familie wird immer mit dem schlimmen Verlust leben müssen. Mevlüde und Durmus Genç verloren zwei ihrer Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. Acht weitere Mitglieder der Familie wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Die Täter waren vier rechtsradikale junge Männer. Der Anschlag und die gesellschaftliche Reaktion auf das unfassbare Geschehen sind aber zugleich ein Symbol dafür, wie unsere Gesellschaft mi Rechtsextremismus umgeht. Das öffentliche Gedenken am Dienstag wird dieses Jahr nationale und internationale Dimensionen haben, denn auch das Verhältnis Deutschlands zur Türkei ist betroffen.

Frau Genç hat als Opfer die Größe besessen und hat sie bis heute, ihr persönliches Leid nicht in Hass umschlagen zu lassen. Die 75jährige sagt, damals wie heute, „Ich spüre keinen Hass. Es waren Einzeltäter, nicht die Deutschen.“ „Ich bete dafür, dass wir alle gute Menschen sind, verzeihen können und tolerant sind.“ Sie wirbt um Respekt und für die Menschenwürde jedes Menschen. Diese Botschaft brauchen wir immer mehr in einer multireligiösen und multinationalen Gesellschaft. Dies gilt für Solingen und natürlich auch für Köln. Rechtsextremistische Tendenzen nehmen leider wieder zu. Dies zeigt sich am rassistischen Sprachgebrauch an vielen Schulen und in sozialen Netzwerken, aber auch in Anschlägen auf Flüchtlingsheime, Moscheen und Synagogen.

Auf dem Gelände des Mildred-Scheel-Berufskollegs in Solingen, das Hatice Genç, die 18jährige getötete Töchter, besucht hatte, wurde von Solinger Bürgerinnen und Bürgern ein Mahnmal errichtet. Zwei Metallfiguren zerreißen ein verrostetes Hakenkreuz. Darunter stehen fünf Rosen mit Ringen in Erinnerung an die Opfer mit den eingravierten Namen. Darum herum liegen und stehen weitere Ringe mit Namen von Menschen, die einen Ring gestiftet haben, und die mit den Opferringen verschweißt sind. Sie stehen eindrücklich für die Zusammengehörigkeit von Menschen unterschiedlicher Herkunft. Man kann viele deutsche und türkische Namen lesen, es finden sich darunter auch der Name der früheren Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth und eines KZ-Überlebenden. Das Motto: 

„Wir wollen nicht vergessen.

Wir wollen nicht wegsehen.

Wir wollen nicht schweigen.“

Das Mahnmal ist so gestaltet, dass ein weiterer Zuwachs an Ringen möglich ist. 

An diesem Mahnmal beginnt am 29. Mai das Gedenken an die Opfer. Ein beeindruckender Erinnerungsort am Eingang zu einem Berufskolleg, den täglich hunderte junger Menschen passieren. Er vermittelt die Botschaft für Respekt, Toleranz, Menschenwürde und Zusammengehörigkeit. In dieser Haltung muss unsere Gesellschaft zusammen stehen. So ist es gut, wenn Christen, Muslime und Menschen ohne religiöse Konfession die Ereignisse von Solingen nicht vergessen und hier lernen, dass unsere Gesellschaft davon lebt, dass jeder die Augen aufhält sich für Respekt engagiert und rechtsextremistischen Tendenzen im eigenen Umfeld mit Entschlossenheit entgegen tritt. Bei dieser Aufgabe sind die Kirchen in vorderer Reihe dabei, unter anderem tagtäglich in Kindertagesstätten, in Schulen, an Berufskollegs und in der Jugendarbeit. Nähere Infos zu den Solinger Gedenkveranstaltungen, unter anderem einem Gebet der Religionen in der Evangelischen Stadtkirche, finden sich auf der Homepage des Kirchenkreises Solingen www.ekir.de/solingen.

Text: Bernhard Seiger
Foto(s): Bernhard Seiger