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„Gebet der Religionen“ in der Kölner Karl Rahner Akademie

Gebete, Gesänge und Statements, vorgetragen von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften und Glaubensrichtungen waren die Hauptbestandteile des Abends beim Gebet der Religionen am UN-Weltfriedenstag. Den Höhepunkt bildete das miteinander kraftvoll gesprochene, vom US-Amerikaner Stephen Vincent Benét stammende, „Gebet der Vereinten Nationen“. Der UN-Weltfriedenstag ist auch der Internationale Gebetstag für den Frieden.

„Wir wissen und lernen voneinander.“
Derzeit gehören dem Rat 29 Religionen, Kirchen, Einrichtungen und Vereine an. Darunter der Evangelische Kirchenverband Köln und Region sowie die Melanchthon-Akademie. „Es geht um Verständigung, um einen interreligiösen Dialog“, hebt Stadtsuperintendent Rolf Domning die Bedeutung des Gremiums und auch des „Gebetes der Religionen“ hervor. „Wir wissen und lernen voneinander, weit über verschiedene religiöse Ausdrucksformen hinaus. Wir demonstrieren Einigkeit, indem wir gemeinsam auch für den Frieden beten.“

Kölner Buddhisten richteten das Gebet aus
Ausgerichtet wurde das diesjährige „Gebet der Religionen“ vom Buddhistischen Zentrum StadtRaum und vom Shambhala-Zentrum in Köln. Rund achtzig Gäste nahmen an dem Abend teil. „Man hält zusammen, man hilft sich“, dankte Buddhist Werner Heidenreich Akademieleiter Dr. Bernd Wacker für die Bereitstellung des Saales. Einzig die Stühle seien der Grund für die Ortswahl gewesen, ergänzte Shambhala-Zentrumsdirektorin Anne von der Eltz: „Wir haben nur Meditationskissen.

„Nachbarschaft“ Thema des Abends
Der Buddhismus wolle zum Frieden beitragen, leitete Heidenreich ein. Die eigenständigen buddhistischen Zentren in Köln nähmen sehr aktiv an den Stadtgesprächen teil. „Für uns ist Gemeinschaft wichtig.“ Buddhisten lebten und pflegten Nachbarschaft, stellte Heidenreich das vom Vorbereitungskreis bestimmte Thema des Abends vor. Dieses zog sich wie ein roter Faden durch die Beiträge.

Nachbarschaft nicht nur erfahrbar, sondern erlebbar
„Ewige Güte (…) dem Nachbar, der ein anverwandter, und dem Nachbar, der ein Fremder ist“, trug Dursun Atak vom Islam-Dachverband DITIB aus dem Koran vor. Mitglieder der Kölner Bahá’í-Gemeinde betonten, dass diese sich auch mit für jeden Interessierten offenen Andachten für ein „offenes, friedliches und solidarische Miteinander“ einsetze. Monsignore Rainer Fischer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) Köln, motivierte mit den Worten „wenn wir hier gemeinsam singen, wird Nachbarschaft nicht nur erfahrbar, sondern erlebbar“. Gemeinsam sangen die Teilnehmer das Lied „Du bist da, wo Menschen leben“.

Für die Freiheit jedes einzelnen einsetzen
Weder die USA, noch Deutschland, noch ein anderes Land „first“, bat Stadtsuperintendent Rolf Domning um die Einsicht, „dass wir nicht die eigenen Interessen in den Vordergrund stellen.“ Sondern uns einsetzten für die Freiheit jedes einzelnen. „Dass wir unser Bestes tun in der ganzen Welt.“ Gewähre uns Einsicht darin, „wenn unsere Schwestern und Brüder unterdrückt werden, dann werden wir unterdrückt“. „Gerechtigkeit erhöht ein Volk“, so Domning, „gerade dann, wenn wir Schwerter zu Pflugscharen machen.“ Anschließend animierte Pfarrerin Dorothee Schaper von der Melanchthon-Akademie die Anwesenden, gemeinsam mit einer entsprechenden Liedversion von Martin Luther der Bitte um Frieden Nachdruck zu verleihen.

Nähe des anderen betonen
Nachbarschaft ist etwas Besonderes in dieser Zeit, meinte der Kölner Sozialdezernent Dr. Harald Rau in seinem Grußwort. Heute habe er vom „Dritten Weltkrieg“ gelesen, der sich im Denken von Menschen bewege. Bestimmte „Menschen leben gerade keine Nachbarschaft“. Sie schürten Ängste. Die Abgrenzung des eigenen Lagers zu anderen werde deutlicher. Dabei gelte es, nicht das Anderssein zu betonen, sondern die Nähe des anderen. Im Großen wie im Kleinen. Rau brach eine Lanze für eine „wertschätzende Kommunikation“. Dafür stehe auch dieser schöne nachbarschaftliche, friedvolle Gebetsabend.

Religiöses Miteinander einüben
Akademieleiter Wacker bezeichnete den Rat der Religionen als einen der wenigen Orte in Köln, wo man mit so vielen Menschen anderer Religionen zusammenkommen und religiöses Miteinander einüben könne. Er betete zwei Texte aus der hebräischen Bibel auch in Verbundenheit mit den abwesenden Mitgliedern der jüdischen Gemeinden. Sie feierten am selben Tag Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest. Nachbarschaft gehe weit hinaus über die Bedeutung von Leuten, die in angrenzenden Wohnungen lebten, betonte Wacker. Davon zeugte auch der vorgetragene Psalm 15. In ihm heißt es unter anderem: „Herr, wer darf weilen in deinem Zelt? Wer darf wohnen auf deinem heiligen Berge? (…) Wer seinem Nächsten nichts Arges tut und seinen Nachbarn nicht schmäht (…) Wer das tut, wird nimmermehr wanken.“

Frieden stetig neu erarbeiten
„Es kommt immer auf ein gegenseitiges Miteinander und Verständnis an“, bekräftigte Rabeya Müller vom Zentrum für Islamische Frauenforschung und Frauenförderung e.V. (ZiF). Trotz oder gerade aufgrund vieler leerer Versprechungen in kleinen und großen Reden sollten wir uns „vornehmen“, in unsere täglichen Gespräche irgendetwas Friedliches mit hineinzunehmen. „Friede ist etwas, was wir uns stetig neu erarbeiten müssen.“ Daher bestärkte die Islamwissenschaftlerin und muslimische Theologin die Zuhörenden, jeden Gesprächspartner ernst zu nehmen und sich den guten Glauben zu erhalten, dass auch sie „Frieden möchten“.

Vom Frieden träumen
Wenn manche sagten, Frieden in der Welt, Frieden in der Nachbarschaft sei utopisch, dürften, ja müssten wir trotzdem davon träumen, forderte Bernd Skoppek auf, Bezirksältester für den Bezirk Köln-West der Neuapostolischen Kirche. An wen sollten wir unsere Träume besser adressieren als an Gott. Von ihm wolle man „Kraft, Mut und Impuls“ holen, „um Zeichen von Frieden in unserer Nachbarschaft, in unserem persönlichen Umfeld zu setzen“, bat er zugleich um Frieden in der Welt.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich