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Gastbeitrag von Pressesprecher Günter A. Menne in der letzten Samstagsausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers: „Heilige Brings-Familie“

Kommentar zum Beitrag mit Foto „Licht zu schlecht fürs Krippenspiel“ am Freitag, 18. April 2008, Ausgabe 91, S. 28

Ob Hochzeit oder Weihnachten – in Köln gerät doch immer (fast) alles irgendwann zum Karneval! Das vorerst letzte Beispiel fand sich dieser Tage im Kölner Stadt-Anzeiger. „Licht zu schlecht fürs Krippenspiel“ war da ein Artikel betitelt, über dem ein vierspaltiges Farbfoto die folgende Szene präsentiert: Das holde „Jesuskind“ – etwa Mitte dreißig, mit Glatze und in einer Windel mit Schottenkaro – liegt, ansonsten nackt und bloß, in einem Bollerwagen moderner Bauart, umringt von der „Heiligen Brings-Familie“ in Theaterkostümen, mitten im Kamelfreigehege des Kölner Zoos: „Brings an Dromedar“ – mit Heiland, sozusagen.



Das biblische Shooting diente einem profanen PR-Zweck. Es ging um Werbefotos für die so genannten Weihnachtskonzerte der kölschen Stimmungsband („Poppe, kaate, danze, dat kannze, dat kannze!“) im kommenden Herbst/Winter, wo Peter Brings, so erfahren wir Leserinnen und Leser, traditionell als „Josef“ und Ilja Engel als „Maria“ auftreten, die Kampagne für die „Weihnachtsshow“ startet jetzt gerade Ende des Monats.



Wer nun an dieser Stelle – denn hier schreibt ja der Pressesprecher der evangelischen Kirche von Köln – einen reflexhaften Aufschrei der Empörung erwartet, der wird enttäuscht: So mancher Pfarrer hat sich in den letzten Jahren doch auch schon mal als „Popstar“ oder -regisseur versucht, um seine „Weihnachtsshow“ (sprich: Festgottesdienst) am 24. Dezember mit Kunstlicht, Requisiten und Theatereffekten zum Event zu machen. Ich erinnere mich noch gut an eine rockige Inszenierung der Weihnachtsgeschichte bei Lukas im Stile der Westside Story. Also, was soll die Aufregung? Geht doch!

Nein, geht eben nicht. Das Krippenspiel in der Kirche, übersetzt in die Kulisse der Großstadt, das geht tatsächlich. Die Oper „Salome“ in der Hotelküche, das geht auf der Bühne – falls schlüssig inszeniert – ebenfalls. Und Künstlerfotografen von Lagerfeld bis Newton haben in Sachen Mode gezeigt (da geht es bestimmt auch ums Geschäft), dass man sich aus dem Fundus abendländischer und orientalischer Ikonografie durchaus mal bedienen kann, ohne gleich den guten Geschmack zu verlieren, ohne die religiösen Gefühle von Menschen zu verletzen wie ein Trampeltier.

Bei der „Heiligen Brings-Familie“ im Zoo aber sitzt Christus – also: Gott selbst ! – in der PR-Karre. Auch wer diese „neutestamentliche“ Position so nicht teilen mag und vielleicht gelassen einwendet: „Mit seiner Menschwerdung ist der Christengott selbst das Risiko seiner Vereinnahmung eingegangen – da kann er doch gar nicht beleidigt werden“, der muss zustimmen: Hier wird die Profanisierung des Heiligen betrieben, um des Kommerzes willen. Auf diesen theologischen Punkt gebracht, ist das schon mehr als nur ein ziemlich übler, auf jeden Fall dämlicher Klamauk mit dem Christentum, dem Evangelium. Und darum auch (wenn Sie mich fragen) überhaupt nicht kölsch, sondern ganz einfach schlechter Karneval im April. Davon geht zwar das Abendland auch diesmal nicht unter, doch was kommt wohl demnächst? Vielleicht ja Mohammed im Planschbecken als „superjeiler“ Werbe-Gag für die Sommertournee?! Keine Angst, dazu wird der Mut zur schlagzeilenträchtigen Banalität selbst im toleranten Köln nicht reichen…

Text: Günter A. Menne
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