Jesus‘ ungezwungener Umgang mit Frauen war für die damalige Zeit äußerst ungewöhnlich. Christina Schlarp, Pfarrerin Köln-Mauenheim-Weidenpesch, hat beim „Frühstück für Frauen“ einen Blick ins Neue Testament geworfen und von Jüngerinnen und Sponsorinnen der Jesusbewegung und den theologischen Gesprächspartnerinnen Jesus berichtet. Ein Interview:
Jesus begegnete den Frauen in seiner Umgebung auf Augenhöhe. Was sind Beispiele hierfür?
Christina Schlarp: Es gibt eine Geschichte von einer verkrümmten Frau im Lukasevangelium, Kapitel 13. Jesus hält diese Frau für so wichtig, dass er sie sogar am Sabbat heilt. Er richtet sie auf, so dass sie ihm und allen anderen wieder in die Augen schauen kann. Und das macht er, obwohl am Sabbat nicht gearbeitet werden darf. Ein anderes Mal traf er eine Frau in einem heidnisch geprägten Gebiet, die Heilung für ihre Tochter suchte. Er hat sich von den Argumenten dieser Frau überzeugen lassen und ihre Tochter geheilt. Auf die Argumente einer Frau hören! Dass war für einen Rabbi in der damaligen Zeit nicht üblich. Die Feministische Theologie hat auch herausgearbeitet, dass zu Jesu´ Umfeld zahlreiche Frauen gehörten, die ihm „gedient“ haben. Das bedeutet, dass sie ihn unterstützt haben, auch finanziell. Es gab außerdem Frauen, die ihn begleitet haben und die wir zu Recht als Jüngerinnen bezeichnen dürfen – Maria von Magdala war die Bekannteste unter ihnen.
Können Sie Jesus‘ Umgang mit Frauen genauer beschreiben?
Christina Schlarp: Die Zeit damals war patriarchal geprägt und die Frauen waren auf ihren häuslichen Bereich beschränkt. Dennoch hat Jesus mit Frauen theologische Gespräche geführt (Joh. 4) oder sie saßen wie Schülerinnen zu seinen Füßen, um den Lehren des Rabbi zu folgen (Lk. 10). Jesus hat sich von – ihm fremden – Frauen berühren lassen und er hat viele Frauen geheilt. Für die damalige Zeit war das ungewöhnlich.
Warum hat die Theologie so lange gebraucht, um die Bedeutung von Frauen für Jesus und für die ersten Christen zu erkennen?
Christina Schlarp: Die Evangelien wurden von Männern verfasst, die – wie bereits gesagt – in einer patriarchal geprägten Gesellschaft lebten. Frauen wurden von den Evangelisten daher nur dann explizit genannt, wenn das unerlässlich war. Auch der Apostel Paulus macht da keine Ausnahme, ganz im Gegenteil. Es ist eine mühsame Arbeit, die verschütteten Frauengeschichten im neuen Testament ans Licht zu bringen.
Was kann die Gesellschaft in der heutigen Zeit von Jesus lernen – auch weltweit?
Christina Schlarp: Für Jesus war jeder Mensch wertvoll. Auch Menschen, die damals wenig geachtet wurden. Dafür steht Jesus – und das ist auch heute noch wichtig. In der frühen Christenheit gab es Diakoninnen und Apostelinnen, Missionarinnen und Frauen, die Hauskirchen leiteten. Aber die Gesellschaft war damals noch nicht reif dafür, das in die Zukunft zu führen. Der patriarchale Blick blieb, die Männer haben die Frauen zurückgedrängt und nach wie vor gibt es keine komplette Gleichberechtigung. Ein Beispiel dafür ist – unabhängig von der Kirche – dass Frauen auch in unserer Gesellschaft für gleichwertige Arbeit nicht gleich bezahlt werden. Der Kampf um Gleichberechtigung ist ein langer Prozess, der immer noch nicht abgeschlossen ist. In Deutschland ist viel auf den Weg gebracht worden, aber es gibt immer noch viel zu tun. Und in vielen anderen Ländern steht die Frauenbewegung noch am Anfang wird oder wird, wie im Iran, zurückgedrängt.
Was ist das Besondere am „Frühstück für Frauen“?
Christina Schlarp: Das Besondere ist, dass es Themen gibt, die Frauen unter sich besprechen können, die für Frauen besonders interessant sind – und die Frauen stärken. Das „Frühstück für Frauen“ ist für Besucherinnen deshalb auch attraktiv, weil es nicht nur um die Stärkung der Seele geht, sondern auch um die des Leibes. Bevor wir das jeweilige Thema besprechen, frühstücken wir zusammen. Man kann neue Kontakte knüpfen und kommt leicht in Gespräch. Das Format ist so beliebt, weil die Frauen miteinander Gemeinschaft erleben und gestärkt aus den Veranstaltungen hervorgehen können.
„Frühstück für Frauen – Vormittage für Leib und Seele“ am 3. Juni: Freundinnen – damals und heute
„Ein treuer Freund ist nicht mit Gold aufzuwiegen, und sein Wert ist nicht hoch genug zu schätzen“, das steht schon in den Schriften der Bibel (Sirach 6,15). Die meisten Frauen hierzulande haben Freundinnen, vielleicht sogar eine beste Freundin. Aber das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da waren Freundschaften den Männern vorbehalten. Das „Frühstück für Frauen – Vormittage für Leib und Seele“ befasst sich mit der Geschichte der Freundschaft. Die Teilnehmerinnen werden interessante und wenig bekannte kulturelle Eigenheiten kennenlernen, aber sich auch über ihre eigenen Erfahrungen mit Weggefährtinnen, Seelenverwandten und engsten Vertrauten austauschen. Das „Frühstück für Frauen – Vormittage für Leib und Seele“ zum Thema „Freundinnen – damals und heute“ findet am Samstag, 3. Juni 2023, von 9.30 Uhr bis 12 Uhr, in der Erlöserkirche, Derfflingerstraße 9, 50737 Köln-Weidenpesch, statt. Kosten für das Frühstück: 5 Euro. Anmeldung im Gemeindebüro unter Telefon 0221-745903-10 oder bei Christina Schlarp unter christina.schlarp@ekir.de.
Foto(s): Privat