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Von links: Jens Freiwald, Rolf Domning, Robert Kleine, Dr. Martin Bock

Frühjahrsgespräch: „Frühlingserwachen in der Ökumene?“

Journalisten und Journalistinnen zu Gast beim Frühjahrsgespräch des Stadtsuperintendenten

Ein Thema, das ihm während seiner gesamten Amtszeit am Herzen lag, stand auch in seinem letzten Frühjahrsgespräch, zu dem Stadtsuperintendent Rolf Domning eingeladen hatte, im Mittelpunkt: Die Beziehungen zu den anderen Konfessionen. Um dem Abend von vornherein eine optimistische Richtung vorzugeben, traf man sich unter dem Motto „Frühlingserwachen in der Ökumene!?“.

„Natürlich ist das Fragezeichen durchaus angebracht“, sagte der Stadtsuperintendent, der im Sommer in den Ruhestand tritt: „In unserem Kölner Mikro-Klima spüren wir seit Jahren allerdings mehr Frühling als Winter.“ Domning freute sich über Unterstützer von katholischer Seite und begrüßte Stadtdechant Monsignore Robert Kleine, mit dem er ökumenisch und darüber hinaus freundschaftlich verbunden ist. Per Du sind die beiden – typisch Köln – seit einem Abend im Gürzenich. Sie saßen am gleichen Tisch bei einer Prinzenproklamation. „Es gab auch Wein“, erinnerte sich Kleine im Garten der historischen Kartause. Domning würdigte im Rückblick, dass es zwischen ihm und dem Stadtdechanten nie ein Konkurrenzverhältnis gegeben habe.

Gemeinsame Zukunftsgestaltung

Gemeinsam gelte es, die Zukunft zu gestalten. „Auch vor dem Hintergrund, dass die Evangelischen und Katholischen nicht mehr ganz die Hälfte der Kölner Bevölkerung ausmachen.“ Domning fuhr fort: „Die Dinge liegen auch so, dass nach der neuen Mitgliedschafts-Studie auf das Jahr 2060 bezogen in verstärkter Weise aufeinander Bezug genommen werden sollte. Die Menschen differenzieren immer weniger. Sagen wir mal so, wenn die katholische Seite in der Öffentlichkeit im Fokus steht, merken wir das auch und umgekehrt nicht weniger. Wie auch immer, es geht letztlich nicht um uns selbst, es geht um die Sache Jesu wie auch um den Vorgeschmack des Reiches Gottes, den wir, in dem was wir tun oder nicht tun, den Menschen vermitteln können.“

Zahlreiche gemeinsame öffentliche Auftritte

Einig waren sich der Stadtsuperintendent und der Stadtdechant, dass die beiden großen christlichen Kirchen in gesellschaftlichen und politischen Fragen unbedingt an einem Strang ziehen sollten. Zahlreiche gemeinsame Auftritte habe es in den vergangenen Jahren gegeben. Etwa beim Protest gegen den AfD-Parteitag in Köln unter dem Motto „Unser Kreuz hat keine Haken“ oder bei der Kundgebung gegen Antisemitismus „Köln trägt Kippa“ auf der Domplatte. Man arbeite auch auf anderen Ebenen zusammen. In der Telefonseelsorge zum Beispiel. Und auch die Bildungseinrichtungen, die Melanchthon-Akademie und die Karl-Rahner-Akademie, pflegten einen intensiven Austausch. Und man gewähre sich gegenseitig Gastfreundschaft. Wenn beispielsweise ein evangelisches Gemeindezentrum saniert werde, könnten die Gottesdienste in der katholischen Schwestergemeinde gefeiert werden.

Manches ist noch nicht geklärt

Kleine verwies auf die „unterschiedlichen Ebenen“ der Ökumene „bis nach Rom“. Da sei manches noch nicht geklärt. Und: „Wir werden von Köln aus nicht die Welt verändern. Trotzdem werden wir den Kopf nicht in den Sand stecken.“ Schließlich gebe es vor Ort Fortschritte. Beispielhaft nannte der Stadtdechant ökumenische Gottesdienste im Dom, die man lange nicht gefeiert habe. Das Baptisterium erinnere an das Band, das die Christinnen und Christen verbinde: die Taufe. Der Erzbischof von Köln und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland würden regelmäßig im Advent eine gemeinsame Vesper feiern. Aber auch Sprachregelungen im Leben der Menschen hätten sich verändert. „Früher sprachen wir von Mischehen, dann waren es konfessionsverschiedende Ehen, heute reden wir von konfessionsverbindenden Ehen“, erklärte der Stadtdechant.

Kleine wies darauf hin, dass etliche Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils noch nicht konsequent umgesetzt seien. Auch in der evangelischen Kirche gebe es viele Richtungen. Das gelte natürlich ebenfalls für die katholische. „Es gibt Bischofskonferenzen, die sagen, dass es in ihrem Land keine Homosexuellen gibt.“ Die Weltkirche sei ein schwieriges Pflaster, weil alle mitgenommen werden müssten. Aber auch die Christinnen und Christen vor Ort: „Die, die gar nicht in die Kirche gehen, und die, die jeden Tag um 6.30 im Dom die Heilige Messe feiern.“ Wichtig sei: „Wir minimalisieren uns selbst, wenn wir immer nur das Trennende herausstellen.“ Wo es allerdings noch hakt in der Ökumene, ist das gemeinsame Abendmahl.

Aktueller Stand der Beziehungen zwischen evangelischer und katholischer Kirche in Köln

Für Domning ist die Zukunft klar: „Das wird kommen, weil die Menschen die Gemeinschaft am Tisch des Herrn wollen.“ In konfessionsverbindenden Ehen ist das gemeinsame Abendmahl schon heute möglich. Entschieden wird im jeweiligen Einzelfall. Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie und Ökumenepfarrer des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, lebt in einer konfessionsverbindenden Ehe und pflichtete dem Stadtsuperintendenten bei: „Leute, die das wollen, tun das auch.“ Ökumenepfarrer Dr. Bock und Jens Freiwald, Referent des Stadtdechanten, warfen in kurzen Statements einen Blick auf den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen evangelischer und katholischer Kirche in Köln.

Bock lobte die „durchgehend ökumenische Kontur der Reformationsdekade“. Sie habe einen verlässlichen Grundton in das ökumenische Miteinander gebracht. „Das Reformationsjubiläum war und ist auch in Köln ein langfristiger und nachhaltiger Katalysator für eine Ökumene, die um die Kraft des gemeinsamen Christuszeugnisses weiß und dies auch in konkrete Münze umzusetzen gewillt ist. So verpflichteten sich Stadtsuperintendent Domning und Stadtdechant Monsignore Kleine am Baptisterium 2017 öffentlich, bei innerkirchlichen und bei gesellschaftlich-diakonischen Fragen die jeweils andere Seite mit im Blick zu haben, sie zu informieren, einzubeziehen und mit einer möglichst gemeinsamen ökumenischen Stimme und Sprache aufzutreten.“

Ökumene in ‚leichter Sprache‘

Freiwald warf einen Blick auf den Alltag in den Gemeinden: „Wollen wir tatsächlich ein Frühlingserwachen in der Ökumene, dann geht es um eine Ökumene in ,leichter Sprache‘, um eine Ökumene, die angesichts der Auflösung volkskirchlicher Strukturen ganz selbstverständlich und ganz praktisch die Nähe zueinander sucht – sei es bei der gemeinsamen Nutzung von Gemeindezentren, im gesellschaftlichen Engagement für Benachteiligte und Ausgegrenzte, in diakonischen Initiativen wie zum Beispiel bei Kölsch Hätz und den zahlreichen Hospizvereinen.“

Die Kirchen seien aufgerufen, in guten wie in schlechten Zeiten zueinander zu stehen, einander beizustehen. „Das heißt nicht, dass wir uns nicht gegenseitig kritisieren dürfen oder unsere Differenzen unter den Teppich kehren müssten. Denn auch wenn die Ökumene in Köln in den letzten Jahren tatsächlichen einen guten Frühling erlebt hat, gibt es auch immer wieder den gelegentlichen Eisregen, den wir gemeinsam aushalten müssen.“ Das haben der Stadtsuperintendent und der Stadtdechant gelernt. Und sich weiter in ihrer Doppelkopf-Runde getroffen. Dort spielen sie miteinander, manchmal auch gegeneinander. Aber nur da.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann