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„Frömmigkeiten & Corporate Identity“ oder „antike Funde und zeitgenössische Kunst“: Zwei Ausstellungen im Römisch-Germanischen Museum zum DEKT

„Frömmigkeiten & Corporate Identity“ – zum Kirchentag führen zwei parallele Ausstellungen im Römisch-Germanischen Museum antike Funde und zeitgenössische Kunst zusammen. „Seine Spannung bezieht die Schau auch aus der Frage, wie sich die private Frömmigkeit von vor 2000 Jahren mit den heutigen interkulturellen und interreligiösen Entwicklungen und Gegebenheiten verhält“, so Erich Witschke, Kunstbeauftragter des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. „Daran an schließt sich die Frage, welche ästhetischen Ausdrucksformen finden Kulte und Religionen.“

Der historische Teil bietet Zeugnisse aus römischen Provinzen vom 1. bis 5. Jahrhundert. Sie vermitteln einen guten Einblick in die vielfältigen Rituale oder Kulte auch in unserer Region; in die Verehrung römischer sowie „einheimischer“ keltischer und germanischer Gottheiten. Behandelt werden „private Frömmigkeiten“ aus lokalen Bräuchen, familiärer Tradition oder persönlicher Erfahrung. Die feine Zusammenstellung thematisiert etwa die häuslichen Bitt- und Dankopfer. Sie erläutert die Kult übergreifende Bedeutung des Lichts, von Musik und Wohlgeruch. Ebenso den weit verbreiteten Glauben an die Wirksamkeit spiritueller Praktiken, von Schutzsymbolen und magischen Texten. Weihegaben und -steine für die angerufenen Götter sind zu sehen, die nach Erfüllung eines Wunsches gestiftet wurden.

„Corporate Identity“ ist ein interkulturelles und -religiöses Projekt von sechs Kunstschaffenden. Sie beschäftigen sich mit dem Begriff Integration als Frage der individuellen Identität. Stammend aus verschiedenen Kulturen und Religionen, geht es ihnen um die Dialektik zwischen der eigenen und der Identität der Gesellschaft, in der man stets oder zeitweise lebt. Sie verweisen auch darauf, das Akzeptanz, Zugehörigkeit und Toleranz zwangsläufig „gegenseitige bewusste Kenntnis und Auseinandersetzung“ bedingen.

Peer Boehm hat private und kollektive Fotografien reduziert in großformatige Acrylbilder übertragen. Obwohl Fragmente, ergänzt unsere Erinnerung die meisten der Motive. Doch ist nicht der Grad der (Wieder)Erkennung der Abbildung entscheidend. Vielmehr will Boehm zu einer Beschäftigung mit dem „klischeebehafteten Deutschlandbild zum einem und dem Ausländerbild zum anderen“ animieren. Von Daniel Menck stammen hölzerne, individuelle, mit Spiegeln besetzte Skulpturen. „Einwanderer/Auswanderer“ betitelt er die figurale Gruppe. Sie steht für „Individuen, die aufbrechen, ihre Heimast verlassen, nach Möglichkeiten der Existenz suchen“. Aber, so fragt Menck den über sein eigenes Spiegelbild auch sichtbar eingebundenen Betrachter, „ist ihre Bezeichnung als Ein- oder Auswanderer allein eine Frage der Perspektive?“.

Niteen Gupte, der im indischen Punae und Dresden lebt, ließ sich bei seinen freien Acrylbildern von der rot-braun-gelben Patina indischer Hauswände inspirieren, die durch Bespucken mit einem Tabak-Betelblatt-Gemisch entsteht. Indem Gupte die farbige Atmosphäre und den Gestus der anarchischen Spuck-Werke mit malerisch-kompositorischen Mitteln fortsetzt, will er unter anderem hinweisen auf die unterschiedliche Bedeutung von Kunst und Ästhetik in verschiedenen Kulturkreisen. Mela Sfregolas siebenteilige Installation „Seelenverwandschaft“ soll „uns zur Selbstwahrnehmung“ führen. Meditativ wirken ihre zu einem Halbrund gehängten Schrift- und Bildzeichen.

Geöffnet sind die parallelen Sonderausstellungen im Römisch-Germanischen Museum, Roncalliplatz 4, bis 10 Juni, dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich