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Friedhelm Quade wurde in den Ruhestand verabschiedet

Er war Gemeindepfarrer im Ruhrgebiet, Studierendenpfarrer in Köln, Generalsekretär der Evangelischen Studierendengemeinde in Ost und West, Schulpfarrer an einem Gymnasium in Düsseldorf-Benrath. Die vergangen zehn Jahre bekleidete Friedhelm Quade eine Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Lindenthal. Anfang März wechselte der 65-Jährige in den Ruhestand. Zuvor fand in der Paul-Gerhardt-Kirche der Verabschiedungs-Gottesdienst statt. Die Entpflichtung nahm Stadtsuperintendent Rolf Domning vor.

Zahlreiche interessante Gesprächspartner
Nach unterschiedlichen beruflichen Stationen war Quade zuletzt also im Lindenthaler Pfarrbezirk Paul-Gerhardt-Kirche tätig. Dort widmete er sich dem „Kerngeschäft“, wie er Predigt, Taufe, Trauung und Beerdigung nennt. „Komischerweise haben mir die Trauungen jetzt mehr Spaß gemacht. Als ich jünger war, hatte ich dazu einen weniger großen Bezug. Heute finde ich es schön, dass man fröhlich feiert.“ Der Schwerpunkt seiner Amtszeit in Lindenthal habe auf der Arbeit mit Senioren gelegen. So war er seelsorgerisch tätig auch für Bewohnende der drei Seniorenheime im Stadtteil, im St. Anna-Haus, Katharina-von-Bora-Haus und Viktor-Scheffel-Haus. „Als früherer Studentenpfarrer empfand ich das zunächst als Kontrastprogramm. Anfangs war mir nicht ganz klar gewesen, ob mir das gelingen sollte. Jetzt vermisse ich diese Arbeit“, beschreibt er eine Entwicklung. „Die Seniorenarbeit ist eine sehr intensive Sache. Ich habe viel gelernt von den Bewohnern, zahlreiche interessante Gesprächspartner kennengelernt.“ Unter ihnen ein ehemaliger Direktor der Bundesbank, der ihm die Gründe für die aktuelle Finanzkrise erklärt habe. „Natürlich stimmt es traurig mitanzusehen, wie im Alter die Kräfte abnehmen. Man hat sich dann selbst vor Augen, keiner ist ausgenommen.“

Engagement bei Amnesty International
Schon als Schüler in Dortmund habe er sich bei Amnesty International engagiert, erinnert Quade. „Ich war aktiv an der Gründung der deutschen Sektion beteiligt.“ Zur Mitinitiatorin und Publizistin Carola Stern, damals Lektorin im Verlag Kiepenheuer & Witsch, habe er ein „sehr gutes Verhältnis entwickelt“. Sein Theologie-Studium nahm er 1967 in Bochum auf, besuchte anschließend die Kirchliche Hochschule in Bielefeld-Bethel. Die Einflussmöglichkeiten der Studierenden in Bethel bezeichnet er als etwas Besonderes. „Wir haben damals in Kooperation mit dem Vorstand am Entwurf einer neuen Satzung mitwirken können.“ Als ungemein wichtig empfand er die Arbeit in den Pflegehäusern, „wo ich ein bisschen Geld verdienen und viel Erfahrungen sammeln konnte“. Mit dem sehr geschätzten regelmäßigen Austausch mit seiner Tante, Diakonisse im Ruhestand, habe er in Bethal auch familiären Kontakt pflegen können.

Seelsorge "unter Tage"
Der abschließende Wechsel an die Uni Bonn führte Quade ins Rheinland. Sein Vikariat absolvierte er wiederum im Ruhrgebiet, in Essen-Altenessen-Nord. „Damals, 1973, wurde dort die Zeche Emil stillgelegt“, erinnert er an eine einschneidende Maßnahme für den Stadtteil. Seine erste Pfarrstelle trat Quade in Dinslaken-Lohberg an. „Ich wollte in eine Gemeinde mit noch aktivem Bergbau. Es war eine interessante Station, weil ich einen direkten Zugang zum Arbeitsleben vieler Gemeindeglieder hatte.“ So übte er seine seelsorgerische Tätigkeit auch unter Tage aus, verdiente sich außerdem Respekt durch seine „nebenher“ absolvierte Ausbildung zum Hauer. In Dinslaken sei er gerne gewesen, habe dorthin noch etliche Kontakte.

Generalsekretär „in Ost und West“
Aufgrund seiner jahrelangen Aktivitäten in der Studierendenarbeit wurde Quade Anfang der achtziger Jahre von der Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) Köln angefragt. Bis 1988 fungierte er dort als Studentenpfarrer. Einer seiner Schwerpunkte sei die Arbeit mit ausländischen Studierenden gewesen. Damals habe man die Arbeit mit Studierenden sehr wichtig genommen, so Quade. „Dabei habe ich so viel gelernt wie vorher und später in meinem Leben nicht.“ Anfang 1989 wurde er zum Generalsekretär für die Evangelische Studentengemeinde in Deutschland ernannt. „Ich saß zwar im Präsidium, aber dieses Amt war gar nicht mein Plan“, blickt er zurück. „Eingeführt hat mich der damalige Stadtsuperintendent Manfred Kock in der Kölner Antoniterkirche.“ Nach dem Mauerfall war er bis 1996 Generalsekretär „in Ost und West“.

Staatskirchenrecht und Verfassungsrecht
Neben der Theologie habe er sich immer interessiert für Sozialwissenschaften, sagt Quade. Er habe Seminare in Wirtschaftsgeschichte besucht, im Fach Jura kurz vor einem Abschluss gestanden. „Es bestehen viele Bezüge zwischen Staatsrecht, Staatskirchenrecht und Verfassungsrecht“, begründet er seine Faszination für die Rechtsgeschichte. „Denn menschenfeindliche Gesetze, die das Leben hier auf der Erde zur Hölle machen können, werden nicht von Gott, sondern leider immer wieder von Menschen gemacht.“

Piano statt Trompete
Im Ruhestand freut er sich, mehr Zeit für die Familie zu haben, und wieder häufiger musizieren zu können. Statt Trompete und Posaune, die er in seiner Schulzeit und den ersten Studiensemestern gespielt hat, soll es nun ein Stage-Piano sein. Das will er in seiner Wohnung in Köln-Mülheim nutzen. Dort bezog er bereits während seines Pfarramtes in Lindenthal Domizil, und dort bleibt er unverändert gerne wohnen.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich