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Friedenskirche Köln-Ehrenfeld: Grüne Lichtpunkte geisterten durch den Raum

Kurz vor Beginn warnt Till Nachtmann die Besucherinnen und Besucher in der gut gefüllten Friedenskirche noch: „Bitte nicht direkt in die Laser schauen“, dann wird das Gotteshaus verdunkelt. Ein grüner Lichtpunkt geistert durch den Chor, man hört klingeln, kratzen, schaben, blubbern, andere grüne Punkte kommen hinzu, sie tanzen umeinander, Linien bilden sich, verdichten sich zu abstrakten krakeligen Mustern.

Die evangelische Friedenskirche in der Rothehausstraße in Köln-Ehrenfeld war kürzlich Schauplatz eines etwa einstündigen Experiments. Kirchenmusiker Alain Gehring hatte die Laser-Künstler Stefan Silies und Till Nachtmann sowie das Musik-Duo „bassfrucht“ – Mathias Funk und Ansgar Silies – zu einem gemeinsamen Konzert eingeladen. „Grundidee war es, dass die Gemeinde den Kirchenraum einmal ganz anders erleben sollte“, erklärte Musikpädagoge Gehring, der seine Mitstreiter 2008 bei einem Konzert zum Weltjugendtag im Altenberger Dom kennen gelernt hatte.

Grüne Strichmännchen und elektronischen Sounds
So war in der Friedenskirche ein etwa einstündiges Gesamtkunstwerk zu bewundern, bei dem auch mal ein grünes Strichmännchen über die Wände spazierte, einen mysteriösen Gegenstand aufhob oder sich auf den Bogen eines Kirchenfensters stellte. Unterlegt war das alles mit elektronischen Sounds, die hin und wieder in Klangflächen oder kurze musikalische Themen mündeten. „Es waren allerdings nur wenige Tonfolgen vorgegeben, ansonsten nur grobe Strukturen, 80 bis 90 Prozent des Konzerts waren improvisiert“, verriet Gehring. Auch die Strichmännchen hätten keine Geschichte im traditionellen Sinne erzählt.

Besucher "hörten" ihre Kirche auf ganz neue Art
Die beteiligten Instrumente waren dabei nur schwer aus dem musikalischen Gesamtgeschehen herauszuhören, Alain Gehring beispielsweise setzte gezielt selten genutzte klangliche Spektren der Kirchenorgel ein und sogar Ansgar Silies E-Saxophon wurde noch einmal elektronisch verfremdet. „Vor dem Konzert bin ich durch die Kirche gegangen, habe an den Kirchenbänken oder an den Orgelpfeifen gekratzt und die Klänge dann später gesampelt“, erzählte er. So „hörten“ die Besucher ihre Kirche tatsächlich auf eine ganz neue Art.

Spenden für den Verein "Lebensdurst-ich" gesammelt
Der Eintritt zum Laser-Konzert war frei, allerdings wurde um eine Spende gebeten, die nun dem Verein „Lebensdurst-ich“ zu Gute kommt. Gegründet wurde er 2012 von Teresa Odipa, als eine Kommilitonin an Hautkrebs erkrankt war: „Damals ist mir bewusst geworden, dass es zwar Vereine und andere Angebote für Kinder und Senioren mit lebensbedrohlichen Krankheiten gibt, aber kaum etwas für junge Menschen, denen so etwas zustößt“, erklärte Odipa. „Wir haben uns vor kurzem auf der Straße getroffen und sie hat mir von ihrem Verein erzählt“, so Gehring. „Das hat mich fasziniert, und als wir dann das Konzert planten, ist mir eingefallen, dass ich ja noch ihre Nummer habe.“

Text: Hans-Willi Hermanns
Foto(s): Hans-Willi Hermanns