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Freundliche und nachdenkliche Grüße zum 500. Geburtstag: Martin Bock grüßt Johannes (Jean) Calvin

2009 ist „Calvinjahr“ – das ist mittlerweile bekannt. Im Gemeindebrief der evangelischen Nathanael-Kirchengemeinde Köln-Bilderstöckchen (denen wir für die freundliche Überlassung des Textes danken!) fragt der Leiter der Melanchthon-Akademie des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region, Dr. Martin Bock: War „Calvin, ein ‚Coach‘ des 16. Jahrhunderts?“ Und so geht der Text weiter:

Jean Calvins Theologie geht nie an den umfassenden Lebensfragen vorbei, sondern mitten in sie hinein. Sein wichtigstes Buch, die „Erklärung der christlichen Religion“, beginnt mit dem beeindruckenden Satz: „All unsere Weisheit, sofern sie wirklich den Namen verdient und wahr und zuverlässig ist, umfasst im Grunde eigentlich zweierlei: Die Erkenntnis Gottes und unsere Selbsterkenntnis“.

Theologie ist Lebensweisheit, existentielles Suchen und Finden eines guten Lebens, eine Beziehungsgeschichte. Deshalb spielt auch die Frage nach dem Guten, nach dem angemessenen Leben, für Calvin zeitlebens eine große Rolle. Er sucht in der Schrift des Alten und Neuen Testamentes nicht nach einem Gegensatz zwischen Handeln und Glauben. Die Bibel ist eine Schulwerkstatt des Lebens, in der Menschen lernen können, ihr Leben mit Gottes Weisungen glücklich zu führen. Die Gemeinden sollen für Calvin Orte sein, wo dies gelingt, wo Menschen aufeinander achten und ein Netzwerk des Lebens entsteht. In Genf hat Calvin sich sehr dafür eingesetzt, dass das Leben der Gemeinde und das soziale Leben so ausgerichtet sind. „Wir werden in Zügeln gehalten durch Gottes Gnade“:

Calvins Theologie hat immer einen ganzheitlichen Menschen im Blick, der inmitten der Schöpfung lebt und für sie verantwortlich ist. Calvin ist ein Vordenker modernen ökologischen Denkens und einer Kritik ungezügelter Globalisierung. Die Welt ist nicht weniger als ein „Theater der göttlichen Herrlichkeit“, in ihr spiegelt sich Gottes Glanz. Calvin ist auch aus diesem Schöpfungsvertrauen heraus zutiefst davon überzeugt, dass diese Schöpfung Gottes unerschöpfliche Ressourcen bietet. Aber wir müssen uns auch ‚Zügel anlegen lassen‘, Maß halten, nicht permanent Grenzen überschreiten.

Dass Calvin zum Stammvater des modernen Kapitalismus erklärt wird, ist daher eine völlige Fehleinschätzung. „Als Johannes Calvin 1509 geboren wird, tritt Martin Luther gerade ins Kloster ein. Johannes Calvin ist zu anderen Zeiten und auf andere Weise Reformator geworden und anders Reformator gewesen: nicht als zweifelnder Mönch, sondern als suchender Humanist kommt er zum evangelischen Glauben. Es ist die französische Flüchtlingskirche, in die er hineinwächst. Und es sind Zeiten der Krise: Johannes Calvin kommt in eine Situation hinein, in der die neu entstandene Kirche sich nach dem ersten Wittenberger Platzregen bewähren muss. Für diese Bewährung im Leben und im Glauben schafft Johannes Calvin zusammen mit anderen eine biblische Theologie des „Kirchenkampfes“.
Diese Theologie kann auch Christinnen und Christen in der heutigen Zeit helfen, politisch und fromm zu sein, den eigenen Glauben und die Freiheit des Anderen zu verteidigen.

Tipp: Calvinabend im November
Übrigens: Eine von vielen Calvin-Veranstaltungen unserer Gemeinden in diesem Jahr ist der gemeinsame „Calvinabend“ der evangelischen Kirchengemeinden der Nathanaelkirche in Köln-Bilderstöckchen und Mauenheim/Weidenpesch am Mittwoch, 11. November 2009, um 19.30 Uhr in der Erlöserkirche Weidenpesch, Derflingerstraße 9. Eine Mitfahrgelegenheit ab Bilderstöckchen gibt es vor der Nathanaelkirche, Escher Straße 160, um 19.10 Uhr (bitte im Gemeindebüro anmelden, Telefon 0221/917 47 90) Martin Bock

Text: Martin Bock für die Nathanaelkirche Bilderstöckchen - danke für die freundliche Genehmigung!
Foto(s):