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Fotoausstellung zeigt das Skurrile im Alltäglichen

Ein Blumenkohl im blauen Licht der Abenddämmerung, ein getrockneter Putzlappen über einem Eimer hängend – der Fotograf Rainer Hoeft fängt mit seiner Kamera das scheinbar Banale und dennoch Skurrile und Schrille im Alltäglichen ein. Seine Ausstellung „Schneid deine Zwiebeln und geh ins Bett“ ist noch bis zum Samstag, 3. November, in der Kölner Christuskirche am Stadtgarten zu sehen.

„Nicht depressiv oder verzweifelt“
Der Fotograf hält nicht nur Alltagsgegenstände und Essbares aus seiner häuslichen Umgebung fest, sondern dokumentiert auch Szenen auf Kölns Straßen und Plätzen: Festbeleuchtung hinter verbretterten Glasfassaden, Menschen, die einen amerikanischen Schlitten bestaunen, eine scheinbar unversehrte Taube, auf ihrem Rücken tot in einer Blutlache liegend. Eine Fassade mit einem großen Kreuz, zwei Männer in einem beleuchteten Büro – auch auf seinen Streifzügen durch die Innenstadt hält Hoeft das Absurde im scheinbar Normalen und Altbekannten fest. „Nicht depressiv oder verzweifelt, höchstens etwas lustlos“, sei die Stimmung, die er einfangen wolle, „und darin liegt dann auch wieder eine gewisse Heiterkeit.“

Gesamtes Werk nach Zwangsräumung vernichtet
Rainer Hoeft studierte in den 1970er Jahren Fotografie und Film an der Fachschule für Kunst und Design in Köln. Anschließend arbeitete er als freischaffender Künstler, mit Ausstellungen in Köln, Berlin, Hamburg, Amsterdam und New York. Zu den Höhepunkten zählen die Mitarbeit an einem Filmprogramm in 18 Städten der USA und Filmaufnahmen für eine Installation des renommierten Videokünstlers Neime June Paiks. Jahrelang fotografierte Hoeft im Trude-Herr-Theater und arbeitete für Antiquitätenhändler auf Kunstmessen. 2005 wurde seine Wohnung zwangsgeräumt, Hoeft wurde obdachlos, sein Hab und Gut eingelagert. Nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist – zwei Monaten und neun Tagen – ließ das Amtsgericht Solingen alles in der Müllverbrennungsanlage verbrennen. Fotografien und Filme, ganze Archive aus mehr als 30 Jahren künstlerischer Tätigkeit waren vernichtet.

Gestreifter Bademantel vom Vormieter
Hoeft lebte knapp zwei Jahre auf der Straße. Schließlich kam er in der Krankenwohnung des Diakoniehauses Salierring unter und wohnt dort in einem Appartement. Vor zwei Jahren nahm er seine künstlerische Arbeit wieder auf, hat immer eine Kamera dabei. Auch sein Appartement liefert ihm viele Motive: der Sessel am Fenster, das kleine Radio, gekochte Nudeln auf dem Teller. Sein Vormieter hinterließ ihm einen gestreiften Bademantel. „Die habe ich schon als Kind gehasst, aber sie sind scheinbar nicht auszurotten“, sagt Hoeft lächelnd. Der Bademantel, im Kleiderschrank hängend, ziert jetzt ein weiteres Foto seiner Ausstellung. Nur eine Zwiebel kommt nicht vor.

Die Öffnungszeiten der Ausstellung:
Noch bis Samstag, 3. November 2012, ist die Ausstellung „Schneid deine Zwiebeln und geh ins Bett“ in der evangelischen Christuskirche, Herwarthstraße/Ecke Werderstraße geöffnet, donnerstags, freitags und samstags von 16 bis 19 Uhr und nach Vereinbarung.

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Martina Schönhals