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Viele Menschen legten Blumen an den Ort, an dem vor kurzem noch ein Mahnmal aufgestellt war

Mahnmal gefordert beim Gedenken des Völkermords an den Armeniern

„Im Moment ist diese Fläche noch leer. Aber sie wird schon bald ein Ort des Gedenkens sein“, sagte der Kölner Rechtsanwalt Ilias Uyar auf dem Platz neben dem Reiterdenkmal von Wilhelm II. an der Hohenzollernbrücke. Uyar sprach als Vertreter der Initiative „Völkermord erinnern“. Sie hatte zum Gedenktag des Genozids an den Armeniern eingeladen. In der Nacht vom 23. auf den 24. April 1915 hatte die türkische Polizei im damaligen Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, damit begonnen, Armenier als „Landesverräter“ zu deportieren. Historiker sprechen von 1,5 Millionen Armeniern, die 1915 und 1916 umgekommen sind. Die Türkei weigert sich, die Schuld anzuerkennen. Bis heute gibt es dort kein Gedenken an die Opfer. Uyar erinnerte an unvorstellbare Gräueltaten der türkischen Polizei. Der damalige türkische Innenminister Talat Pascha habe unmissverständlich erklärt: „Ziel der Verschickung der Armenier ist das Nichts.“

Initiative „Völkermord erinnern“ stellte letzte Woche ein Mahnmal auf
„Der deutsche Kaiser Wilhelm II. war Waffenbruder der osmanischen Türken im Ersten Weltkrieg“, erklärte Uyar. Die deutschen Diplomaten vor Ort hätten zu dem Völkermord geschwiegen: „Die Täter von damals wurden geehrt, den Nachfahren der Opfer bleibt nur das Gedenken.“ Und auch in Köln gebe es dafür keinen angemessenen Ort. Den wollte die Initiative „Völkermord erinnern“ neben der Statue Wilhelms II. schaffen. Sie stellte in der vergangenen Woche ein Mahnmal auf. Das sorgte für Schlagzeilen.

Debatte um den Standort für ein Mahnmal
Die von zwei Künstlern geschaffene stählerne Pyramide war 1,50 Meter hoch mit einem aufgeschlitzten Granatapfel als Symbol für den Genozid an der Spitze. Die Inschrift lautete: „Dieser Schmerz betrifft uns alle.“ Nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtes Köln entfernten städtische Mitarbeiter das Mahnmal nach wenigen Tagen. Seine Entscheidung begründete das Verwaltungsgericht damit, dass für das Aufstellen die hierfür erforderliche Sondernutzungserlaubnis gefehlt habe. Die Meinungsfreiheit schütze nicht zugleich das Recht, an beliebigen Stellen Gegenstände im öffentlichen Straßenraum zu verankern. Auch die Oberbürgermeisterin, Henriette Reker, äußerte sich: „Es ist mir ein großes Anliegen, dass wir in Köln Formen des gemeinsamen Erinnerns an die großen Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts entwickeln. In welchen Formen sich transnationales Erinnern angemessen ausdrücken soll, kann nicht am Anfang der öffentlichen Debatte stehen, sondern an deren Ende. Die richtigen Antworten können wir nur in einer breiten politischen und bürgerschaftlichen Debatte finden, die nicht in nationalen Denkmustern stecken bleibt und niemanden ausgrenzt.“„Wir sind jederzeit bereit, diese Debatte zu führen“, erklärte Ilias Uyar.

Unterstützung durch den Evangelischen Kirchenverband Köln und Region und die ACK
Der Evangelische Kirchenverband Köln und Region unterstützt die Forderung der Armenier nach einem würdigen Gedenkort.  „Wir möchten die Stadt Köln ermutigen, den Impuls der Initiative ‚Völkermord erinnern‘ positiv aufzunehmen und baldmöglichst zusammen mit den Initiatoren nach einem angemessenen öffentlichen Ort für das Denkmal zu suchen“, erklärte Pfarrer Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, vergangene Woche in einer Pressemitteilung. Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, der zu der Gedenkveranstaltung an der Hohenzollernbrücke gekommen war, betonte: „Der Ort in Sichtweite zum Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm II., einer der schlimmsten Antisemiten, der im Deutschen Reich mitverantwortlich für den Völkermord am armenischen Volk und anderer kolonialer Verbrechen war, und in großer Nähe zu der Installation des israelischen Künstlers Dani Karavan ‚Ma’alot‘, die seit 1986 auf subtile Weise an den Holocaust erinnert und Erinnerungsräume zwischen Dom und Deutzer Bahnhof berührt, das war aus meiner Sicht der richtige Standort.“ Auch Bock rief beide Seiten zum konstruktiven Dialog auf. Er freute sich, dass viele Menschen der Einladung gefolgt waren und Blumen an die Stelle legten, an der für kurze Zeit das Mahnmal gestanden hatte. Als Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Köln (ACK) legte deren Vorsitzende, die Klettenberger Pfarrerin Susanne Beuth, Blumen nieder: „Die ACK steht an der Seite der Armenier bei ihrem Bemühen um den Gedenkort.“

 

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann