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Fröhlich zog die Gemeinde Volberg an den Fluss Sülz zur Taufe

Flusstaufen in Volberg – Pfarrer Thomas Rusch über Taufen im Freien

Nasse Füße wollten die jungen Eltern am Ende des Taufgottesdienstes haben. Ein Herzenswunsch, den Pfarrer Thomas Rusch ihnen mit großer Freude erfüllte. Am Pfingstwochenende taufte er in der Evangelischen Kirchengemeinde Volberg gleich vier Kleinkinder in der nahegelegenen Sülz. Der kleine Fluss entspringt im bergischen Land und mündet über Agger, Sieg und Rhein schließlich in die Nordsee. Sandalen und Flip-Flops waren also die beste Wahl dieses außergewöhnliche Fest.

Trotzdem wollten die Eltern und Großeltern der Täuflinge nicht auf feierliches Schuhwerk für den Gottesdienst in der Kirche verzichten. Auch Pfarrer Rusch war etwas unschlüssig, was er anziehen sollte. Seinen kostbaren Talar wollte er nach eigenen Aussagen nicht ruinieren, mit Sandalen und kurzer Hose vor der Gemeinde zu stehen, würde dem Anlass aber eigentlich auch nicht gerecht werden. Sich zwischen beiden Teilen im Gottesdienst schnell umzuziehen war also nur eine Notlösung. „Es ist schon komisch mit der Gemeinde da draußen zu stehen, und von Passanten vielleicht gar nicht als Pfarrer erkannt zu werden, weil man keinen Talar trägt“, erzählt Rusch.

Für die Taufe mussten die rund 150 Teilnehmer etwa 700 Meter von der Kirche zum nahegelegenen Flussufer wandern. Die Böschung hinunterzugelangen war nicht für alle einfach. Trotzdem waren viele Gottesdienstbesucher begeistert. „Ich habe nur lächelnde Gesichter gesehen, es hat allen sehr gut getan“, erzählt Rusch. „Ich habe von vielen gehört, dass es schön war, diesen Weg zu gehen und nicht nur in der Kirche zu bleiben.“

Als Ausflug mit spirituellem Touch will er die Flusstaufe aber nicht missverstanden wissen, betont Rusch: „Ein Event darf es nicht sein!“ Man müsse es schon ernst meinen, sonst weigere sich der Pfarrer auch schon mal, eine Taufe unter freiem Himmel zu machen. Grundsätzlich aber feiert er sehr gerne Gottesdienste unter freiem Himmel. Der Himmelfahrts-Gottesdienst am Franziskaschacht hat in der Gemeinde eine lange Tradition. Auch auf Freizeiten feiere er den Glauben gerne in der Natur, zwischen Bäumen und Bergen.

Ein Aha-Erlebnis hatte er vor einigen Jahren auf einer Jugend-Freizeit mit Kanutour in Frankreich. Dort fragte ihn ein Jugendlicher ganz überraschend „Thomas, kannst du mich taufen?“ Die Eltern gaben ihr Einverständnis und die gesamte Gruppe bereitete den Gottesdienst am Ufer der Dordogne vor dem Schloss von Pissac vor. „Für mich war das eine der schönsten Taufen, weil alle gespürt haben, dass es etwas ganz Besonderes ist“, erzählt Rusch. Das zweite Mal war es ein Flüchtling, der in der Gemeinde aufgenommen wurde und in der in der Sülz getauft werden wollte.

Bei der jüngsten Flusstaufe waren es zum ersten Mal kleine Kinder im Alter zwischen wenigen Monaten und knapp einem Jahr. Wegen des kalten Wassers hatte aber keines von ihnen geweint. Das Wasser der Sülz ist im Sommer oft sogar wärmer als das im kirchlichen Taufbecken. Ein im Flusslauf vorgelagerter Stausee heizt das Wasser an sonnigen Tagen auf. Ganz untergetaucht wurden die Täuflinge von Rusch aber nicht. Dazu nahm er lieber die Taufschale aus der Gemeinde, die schon seit geschätzt hundert Jahren im Einsatz ist. „Wir wollten auch nichts völlig abwegiges machen“, sagt Rusch.

„Eigentlich müssten wir uns umgekehrt immer wieder fragen, warum taufen wir eigentlich in der Kirche? Ganz am Anfang, in der Urkirche, wurde ja nur im Freien getauft!“, gibt Thomas Rusch zu bedenken. Auch Jesus selbst wurde von Johannes dem Täufer im Jordan getauft und hat nach der Überlieferung selbst nur in wenigen Gebäuden gepredigt. „Jesus ist zu den Menschen gegangen, in ihren Alltag, und hat sie dort erreicht“, sagt der Pfarrer. Das Wasser zu spüren, die kühle Temperatur und die Strömung, hat für den Pfarrer eine ganz besondere Bedeutung.  Den Glauben draußen in der Welt zu feiern, macht für Rusch das Bekenntnis zu einem tiefergehenden Erlebnis.

Text: Felix Eichert
Foto(s): Pläsker