Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Köln hat Grund zu feiern. Am 18. Oktober 1989 aus dem 1962 gegründeten „Ökumenischen Arbeitskreis der Kirchen in Köln“ hervorgegangen, besteht sie nun 20 Jahre. Aus diesem Anlass organisierte man in Kooperation mit der Brühler ACK einen ökumenischen Pilgerweg. Unter dem Motto „Zeit für Gottes Schöpfung“ pilgerten rund 100 Menschen vom Tersteegenhaus in Köln über die evangelische Friedenskirche in Hürth-Efferen, die katholische Pfarrkirche St. Martin in Hürth-Fischenich, die Freie Evangelische Gemeinde in Brühl-Vochem zur Griechisch-orthodoxen Kirche Hl. Johannes der Täufer in Brühl. „Das war für alle ein ganz tolles, ermutigendes Erlebnis“, fasste ACK-Vorstand Rainer Will die Stimmung und Rückmeldungen zusammen.
Ökumenische Beziehungen durch theologische Gespräche vertiefen
Am Vorabend des Pilgerweges lud der Vorstand der ACK in Köln zu einem Festakt und Empfang. Feierort war das Domforum, an dem ein orange-rotes Banner auf den 2. Ökumenischen Kirchentag in München (12.-16. Mai 2010) zum Thema „Damit ihr Hoffnung habt“ hinwies. Im gut besuchten Domforum fanden sich insbesondere Vertretende der aktuell 18 ACK-Mitglieder ein. Mitglieder sind christliche Kirchen und kirchliche Gemeinschaften. Durch theologische Gespräche vertiefen sie ihre ökumenischen Beziehungen, versuchen sie Spannungen abzubauen und gemeinsame Empfehlungen zu erarbeiten. Ein weiterer Schwerpunkt ist das gemeinsame Eintreten für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. ACK-Mitglied ist auch der Evangelische Kirchenverband Köln und Region. So weilte Stadtsuperintendent Rolf Domning unter den Zuhörenden. Pfarrer i.R. Dr. Hans-Georg Link, von 1987 bis 2004 der erste Ökumenepfarrer des Verbandes, und sein Nachfolger Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie des Kirchenverbandes in der Südstadt und ACK-Vorstand, wirkten aktiv beim Programm des Abends mit.
Hans-Georg Link war Mitbegründer der Kölner ACK
Geprägt war die Feier von Rück- und Ausblicken, von Erinnerungen, Bestandsaufnahmen und Wünschen. Zur Sprache kamen Erfolge wie Probleme. In einer ersten Gesprächsrunde wurden unter anderem Hans-Georg Link und Erzpriester Constantin Miron interviewt. Link war und ist immer noch ein engagierter wie begeisternder, konstruktiv kritischer Streiter für die Aufhebung der Trennung der christlichen Kirchen. Er war Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirche (ÖRK), 1988 Mitbegründer des Kölner Ökumenischen Studienkreises, gehörte zum Beirat des 1982 eingerichteten Evangelisch-Katholischen Arbeitskreises für Ökumene in Köln. Früh hatte sich Link auch für die Bildung einer ACK in Köln stark gemacht. Schließlich wurde er deren Mitbegründer und sehr aktiver Mitarbeiter. Einiges sei erreicht worden, auch auf europäischer Ebene, so Link. Gleichwohl blieb ihm bislang ein „ganz besonderer Wunsch“ unerfüllt: „Es ist mir in all den Jahren nicht gelungen, ein Mal im Jahr einen richtig großen ökumenischen Gottesdienst in Köln zu organisieren. Dass wir einen solchen Gottesdienst und Ort dafür haben, das wünsche ich mir.“
„Anfangs war die Arbeit eher katholisch und evangelisch bestimmt“
Laut dem griechisch-orthodoxen Erzpriester Miron war in den Anfängen der Kölner ACK die Position der orthodoxen Kirchen die von „Zaungästen“ gewesen. „Anfangs war die Arbeit eher katholisch und evangelisch bestimmt. Ich habe versucht, das zu ändern. Wohl mit Erfolg.“ Auf die Moderator-Frage nach einem Wunsch äußerte Miron die Hoffnung, „dass wir langsam die drei Buchstaben A und C und K und deren Bedeutung kennenlernen. Auch über die Gemeinden und kirchliche Presse hinaus. Die Arbeit in der ACK macht Spaß, und die Gemeinschaft erst recht.“
Kreuz weist auch auf die Verantwortung für die Erde hin
In der zweiten Gesprächsrunde standen Ulrike Graupner, Pfarrerin der Evangelischen Clarenbach-Kirchengemeinde Köln-Braunsfeld, das ACK-Gastmitglied Benediktinerin Schwester Gabriele Funkschmidt und das ACK-Vorstandsmitglied Rainer Will vom Katholischen Bildungswerk Köln auf dem Podium. Mit ihnen sprach der Moderator Bock über die Gegenwart und Zukunft der christlichen Ökumene in Köln. Der Theologe und Pädagoge Will erzählte von den bislang vier Kölner Brückenwegen, der Entstehung und Wirkung des Ökumene- und Versöhnungskreuzes. „Anlässlich des ersten ökumenischen Kölner Brückenweges 1998 hatten wir die Idee für ein eigenes Kreuz.“ Will fragte bei dem mit ihm befreundeten Heilbronner Künstler Raphael Seitz an, der das Werk nach Vorgabe des Kölner Ökumene-Logos fertigte. „Im Zentrum ist das geschwungene Kreuz, in dem manche eine Taube als Zeichen für den Heiligen Geist oder ein Ökumeneschiff sehen. Wichtig sind auch das Motiv und die Farben des Regenbogens, die hinweisen auf unsere Verantwortung für die Erde.“ Nicht nur auf den drei folgenden Kölner Brückenwegen, der letzte fand 2007 zum Evangelischen Kirchentag in Köln statt, habe sich das Kreuz als Identität stiftendes Symbol für die Ökumene hier in Köln und der Umgebung etabliert, meinte Will. Ebenso sei es ein strahlender Blickfang auf dem 1. Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin gewesen. Zudem sei es seit Januar 2006 zum Erkennungszeichen der Ökumenemonate in den ACK-Mitgliedsgemeinden geworden. Anlass für den ersten Brückenweg war eine Domwallfahrt. „Die wollten wir ökumenisch machen“, erinnerte Will. Zunächst habe man das Kind „Pilgerweg“ nennen wollen. „Das war aber damals noch nicht möglich. Das klang zu katholisch. Und da wir über zwei Brücken gehen wollten, haben wir die Veranstaltung kurzerhand Brückenweg genannt.“
Im Kloster ist Ökumene ein „relativ junges Thema“
Graupner arbeitet seit einem Jahr in der ACK mit. Vorher habe sie gerade mal gewusst, wofür die drei Buchstaben stehen. „Aber damals ist mir schon aufgefallen, dass die ACK auch für Wege zuständig ist, für die Ökumenischen Brückenwege, für das ´Brückenbauen´.“ Aufgrund ihrer Erfahrungen sieht Graupner in konfessionsverbindenden Gemeinschaften und Gruppen in den Kirchengemeinden die ursprüngliche Basis für Ökumene. Schwester Gabriele, die in der Benediktinerinnen-Kommunität von der ewigen Anbetung in Köln-Raderthal lebt, bekannte: „Ich hatte von der ACK vorher gar nichts gehört.“ In ihrem Kloster sei Ökumene ein relativ junges Thema. Funkschmidt wuchs in einer gemischt konfessionellen, freikirchlich orientierten Familie auf, trat später in die katholische Kirche ein. „Meine Mitschwestern wissen, ein Drittel meines Herzens tickt noch freikirchlich.“ Von Schwester Gabriele stammt auch der Vorschlag, in ihrer Gemeinschaft ein Mal im Monat eine Votivmesse für die Einheit der Christen zu lesen. „Das Thema Ökumene ist deutlich in das Bewusstsein unserer Kommunität gesickert, ohne dass es ein Anliegen ist“, relativierte Funkschmidt. Bock sagte ihr Dank fürs Brückenbauen.
Was heißt Rechtfertigung überhaupt?
„Welche Pfunde vergraben wir in der Ökumene, statt sie anzulegen?“, fragte Bock die Podiumsgäste. „Wir begraben ein Baptisterium“, erwiderte Will. Der denkwürdige Ort unter der östlichen Domplatte verkomme zusehends. „Den kann kein Mensch so einfach betreten. Wir vergraben den großen Schatz der Taufe, deren Dimension wir gar nicht richtig erahnen. Das könnte an dem Problem der Kleinkind-Taufe liegen.“ Graupner glaubt, dass man in den Kirchen zu sehr mit Chiffren arbeitet. „Ich habe letztens in unserer lokalen Ökumene-AG das Thema ´10 Jahre Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre´ vorgeschlagen. Die Antwort lautete: Ja, und was haben wir davon? Gefolgt von einer weiteren Frage: Was heißt Rechtfertigung überhaupt?“ Schwester Gabriele bedauerte, dass man zu wenig miteinander bete. „Die Begeisterung fehlt. Der Gebetsschatz kommt zu kurz, die Vielfalt der Gottesdienstformen gilt es zu beleben.“
Das Baptisterium
„Das gemeinsame Beten ist elementar für die Ökumene“
„Es gibt den fälschlicherweise Luther zugeschriebenen Spruch: Und wenn die Welt morgen unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, so Bock. „Welches ´Bäumchen´ würden Sie pflanzen?“ Will erinnerte an ein Gespräch mit einem Katholiken. Dieser habe ihm von seiner tollsten ökumenischen Erfahrung erzählt, gemacht vor 40 Jahren in St. Bruno (Klettenberg): Damals habe er zum ersten Mal das „Vater Unser“ gemeinsam mit Evangelischen gebetet. „Das gemeinsame Beten ist elementar für die Ökumene“, betonte Will. Schwester Gabriele wünschte sich ein Treffen von christlichen, auch den etlichen evangelischen Kommunitäten. „Dass wir uns treffen und miteinander sprechen, ausgehend von unserer Taufe und unserem Glauben.“ Graupner mochte als wichtiges Anliegen München 2010 nennen, den 2. Ökumenischen Kirchentag. „Ich finde es immer noch wunderbar, dass es einen gemeinsamen Kirchentag gibt. Einige sagen zwar, den hatten wir doch schon. Aber dass es nun einen weiteren geben wird, ist für mich immer noch ein Wunder.“
„Ökumene ein religiöses Tu-Wort“
Den Festvortrag hielt Pfarrer Dr. Matthias Haudel. Er ist Privatdozent für Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen für ökumenische Aufgaben. Erst am Vorabend hatte er spontan zugesagt, für die vorgesehene Referentin einzuspringen, und auf der Rückfahrt von einer Vortragsreise in Köln Station zu machen. Seine Ausführungen über „Die ACK im Horizont ökumenischer Herausforderung“ verdeutlichte rasch, wie versiert Haudel auf dem Gebiet der Ökumene ist. Von seinem Vortrag gestärkt, in dem Haudel mehrmals die Taufe als die gemeinsame christliche Grundlage betonte, folgten zahlreiche Gäste der Einladung des ACK-Vorsitzenden Monsignore Rainer Fischer. Fischer, für den „Ökumene ein religiöses Tu-Wort“ ist, bat abschließend zum gemeinsamen Besuch des Baptisteriums. Der heute durch eine verschließbare Gittertür zumindest vor Vandalismus geschützte frühchristliche Taufort unterhalb des Doms ist zu einem unansehnlichen Flecken verkommen. Gleichwohl empfanden die meisten der ACK-Gäste, die am Taufbecken gemeinsam ein Gebet sprachen und von Will dessen Geschichte erläutert bekamen, die Begegnung mit der historischen Taufstätte, mit einem der ältesten Zeugnisse der Christenheit im Rheinland, als sehr beglückend.
Foto(s): Engelbert Broich