„Wir werden weiter wachsam sein“, gab Bernhard Seiger als Motto aus. Der Stadtsuperintendent und Gregor Stiels, kürzlich wiedergewählter Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln, haben das Fairness-Abkommen des Kölner Runden Tisches für Integration mit den demokratischen Parteien zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im kommenden Mai vorgestellt. Unterschrieben haben das Papier die SPD, die CDU, die FDP, das Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Darin verpflichten sich die Parteien ausdrücklich, sich im Wahlkampf jeder Form von Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit zu enthalten.
Seiger und Stiels haben die Aufgabe übernommen, über die Einhaltung des Abkommens zu wachen.“Wenn uns ein Verstoß gemeldet wird, werden wir zunächst das Gespräch suchen. Sollten wir nicht auf Einsichtigkeit treffen, werden wir den Verstoß und denjenigen, der das Abkommen verletzt hat, öffentlich machen“, beschrieb Seiger das Vorgehen. Seit 1998 verpflichten sich die großen demokratischen Kölner Parteien zur Fairness im Wahlkampf. Einschreiten mussten die kirchlichen Vertreter bislang eher selten. Seiger erinnerte sich an einen Fall aus dem Kommunalwahlkampf 2014. Den damaligen Verstoß habe man ohne großes Aufsehen klären können, weil der Betroffene die angezeigte Äußerung zurückgenommen habe. Man sei angewiesen auf Meldungen und es gelte, die Bürgerinnen und Bürger dafür zu sensibilisieren, sich bei Verstößen gegen das Abkommen unter info@rundertischkoeln.de zu melden. Dann würden er und Stiels tätig.
„Unsere ökumenische Zusammenarbeit drückt sich ja nicht zuletzt darin aus, wie wir unsere gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen“, erklärte Gregor Stiels. Als Katholik stehe er momentan „scharf im Wind“, die Glauwürdigkeit der Institution habe in jüngster Zeit arg gelitten. „Aber die Menschen in Köln haben großes Vertrauen, dass wir diese Verantwortung ernst nehmen.“
Keine Vorurteile schüren
In seinem Grußwort nannte Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Sprecher des Kölner Runden Tisches für Integration, die drei Grundpfeiler des Abkommens: „Es gilt, keine Vorurteile gegen die hier lebenden Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge zu schüren oder in den eigenen Reihen zu dulden, sich aktiv gegen Antisemitismus und Rassismus zu engagieren und Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge nicht für negative gesellschaftliche Entwicklungen wie die Arbeitslosigkeit oder die Gefährdung der inneren Sicherheit verantwortlich zu machen.“ Das Abkommen nehme dies als Leitlinie zum Umgang mit den Themen Flucht und Migration, zum Umgang mit den kulturellen, religiösen und politischen Themen, die in ihrer Vielfalt immer mehr die Stadtgesellschaft bestimmten und auch zu einer Diskussionskultur führe, die trotz aller Unterschiede und Zuspitzungen Hass und Hetze vermeide. Uellenberg-van Dawen dankte Stiels und Seiger, „denen die Parteien die Fähigkeit zuerkennen, fair über mögliche Verstöße zu urteilen und diese zu unterbinden“, für ihre Arbeit.
Auf Aufmerksamkeit angewiesen
Seiger räumte ein, dass es schwierig sei, anstößige Äußerungen in den sozialen Medien zu entdecken und zu verfolgen. In diesem Bereich sei man besonders auf die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. „Es ist oft schwierig, Wahrheiten und Unwahrheiten in der großen weiten Welt der sozialen Medien zu erkennen“, sagte der Stadtsuperintendent. Er verwies auf den Krieg in der Ukraine: „Wir spüren, dass unsere Demokratie nicht sicher ist. Sie ist gefährdet. Manchmal schleichend, mal durch ein besonderes Ereignis wie den aktuellen Krieg. Die Demokratie ist die Staatsform, um die weltweit gerungen werden muss. Die Entscheidungsfindung funktioniert in den politischen Prozessen nur, wenn sich die Partner zuhören, sich bewegen und dann mit einem Kompromiss zueinander finden.“ Der Ukraine-Konflikt sei längst in Köln angekommen. In Schulen etwa oder im Freizeitbereich. „Alle Demokraten müssen dafür werben, dass es nicht zu nationalistischen Polarisierungen kommt.“
Foto(s): Stefan Rahmann