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EXIT – gegen häusliche Gewalt. Kampagne in Köln unter diakonischer Beteiligung

„Wenn er mich schlägt, tut mein Körper weh. Aber wenn ich sehe, wie er mein Kind schlägt, bricht mein Herz. Ich dachte immer, er ändert sich. Warum ich? Ich habe immer hart gearbeitet, ich liebe meine Kinder. Und ich habe Angst vor dem Alleinsein“ – diese Schilderung häuslicher Gewalt findet sich in einem neuen Flyer der Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt, der kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.

Schirmherrschaft: Ursula Schramma
Denn: „Häusliche Gewalt ist ein gesellschaftliches Problem, das in allen sozialen Schichten, in jedem Stadtteil vorkommt und das Leben vieler Menschen prägt und für immer verändert“, so die Organisatoren

Gewalt ist
• Psychischer Druck – Demütigung, Erniedrigung, Beschimpfung, Bedrohung, Einschüchterung, Liebesentzug
• Androhung von körperlicher Gewalt
• Körperliche Gewalt
• Sexuelle Belästigung bis hin zu sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung“,
so die Feststellung von Ursula Schramma, die die „Schirmherrinnenschaft“ für die Kampagne übernommen hat.

40 Prozent der deutschen Frauen haben Gewalt erfahren
„Wie wichtig diese Kampagne ist, zeigen die Ergebnisse einer im Jahr 2004 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlichten repräsentativen Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Danach gaben 40% der befragten 10.000 Frauen an, seit dem 16. Lebensjahr körperliche und sexuelle Gewalt erfahren zu haben. (Die Studie: vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Zusammenfassung zentraler Studienergebnisse, S. 9. Berlin/Bonn 2004 )

Die meisten Opfer häuslicher Gewalt sind Frauen und Kinder. Aber auch Männer sind betroffen oder ein Partner in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung“, so begründet Monika Kleine, Geschäftsführerin des Sozialdienst katholischer Frauen, die Notwendigkeit, erneut auf das Thema aufmerksam zu machen. „Wir sind sehr froh, dass das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW hat die Entwicklung dieser Kampagne finanziert hat, sonst wäre uns eine Umsetzung nicht möglich geworden, so Kleine weiter.

Gewaltschutzgesetz und Polizeigesetz bieten Handhabe
Der Einrichtung der Interventionsstellen und der dort geleisteten Arbeit liegt das am 1. Januar 2002 bundesweit in Kraft getretenen Gewaltschutzgesetz und die auf Landesebene durchgeführte Novelle des Polizeigesetzes in NRW zugrunde. Seither kann der Schutz der Opfer häuslicher Gewalt wirkungsvoller sichergestellt werden.
In Nordrhein-Westfalen kann die Polizei heute den Täter aus der Wohnung und deren unmittelbaren Umgebung verweisen und ihm ein Rückkehrverbot für die Dauer von 10 Tage erteilen. Die Polizei informiert das Opfer über die Beantragung zivilrechtlichen Schutzes und Beratungsangebote. Ferner bietet sie dem Opfer die Vermittlung einer Beratungsstelle an. Das bedeutet, dass wenn das Opfer dies wünscht, eine der beiden zuständigen Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt per Fax über den Einsatz vor Ort informiert wird.

In Köln: Katholische wie evangelische Hilfe in spätestens 24 Stunden
In Köln ist seit dem 1. September 2002 der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) e.V. Träger der linksrheinischen Beratungsstelle. Die Opfer im rechtsrheinischen Köln werden seither durch die Frauenberatungsstelle Kalk in Trägerschaft der Diakonie Michaelshoven e.V. betreut. Trifft in einer der Interventionsstellen ein Fax ein, reagieren die Mitarbeiterinnen innerhalb von 24 Stunden. Dabei arbeiten beide Stellen mit der sogenannten „Komm- und Gehstruktur“. Das bedeutet, dass die Mitarbeiterinnen Beratungsgespräche nicht nur in den Beratungsstellen anbieten, sondern auch Hausbesuche machen oder die Betroffenen dort aufsuchen, wo diese dies wünschen.

Birgitta Neumann de Zavalla, Geschäftsführerin des für die Frauenberatungsstelle Kalk zuständigen Unternehmensbereiches der Diakonie Michaelshoven e.V. umreißt die Aufgaben der Interventionsstellen: „In den Kontakten mit den Opfern kann festgestellt werden, welche Hilfestellungen die Opfer wünschen.

Die Interventionsmöglichkeiten sind
• die rechtliche Erstberatung über die Wege und Mittel des Gewaltschutzgesetzes bis hin zur Vermittlung an Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
• die Klärung der Frage, ob eine Fortführung der Beziehung oder die Trennung gewünscht ist
• gegebenenfalls die Weitervermittlung in eine Paarberatung
• Vermittlung an Ämter, wie das Sozialamt oder das Jugendamt
• Vermittlung an das Jugendamt zur Installation weiterer Hilfen, wenn Kinder im Haushalt leben
• Vermittlung an Frauenberatungsstellen
• Vermittlung an Flüchtlingsberatungsstellen
• Vermittlung an Familienberatungsstellen und an die Sozialpädagogische Familienhilfe
• Unterbringung in einem Frauenhaus, wenn der Aufenthalt in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist oder nicht mehr gewünscht wird.

Über 2.000 Opfer wurden bereits betreut
Insgesamt haben die Mitarbeiterinnen der Interventionsstelle des SkF e.V. vom 1. September 2002 bis Ende 2004 1000 und bis Ende April 2005 noch einmal 159 Opfer häuslicher Gewalt beraten, betreut und begleitet.
Die Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle Kalk haben in diesem Zeitraum 1036 Opfer beraten. In ca. 65% der bearbeiteten Fällen lebten Kinder im Haushalt, die damit ebenfalls Opfer von Gewalt wurden, weil sie entweder selbst geschlagen werden oder weil sie als Zeugen Gewalt als Bestandteil ihres Lebens und der Beziehung ihrer Eltern erfahren.

EXIT: Gegen häusliche Gewalt
Um die Arbeit und die Angebote der Interventionsstellen bekannter zu machen, mehr Opfer zu erreichen, die bislang noch nicht wissen, wo sie Hilfe und Unterstützung bekommen, haben die Träger der beiden Interventionsstellen gemeinsam mit dem Amt für Soziales und Senioren, das die Arbeit für Opfer häuslicher Gewalt seit dem Herbst 2003 auch materiell bezuschusst, eine Kampagne entwickelt.

Unter dem Titel „EXIT: Gegen häusliche Gewalt“ wurden Flyer für Betroffene und Interessierte entwickelt, die in den kommenden Wochen und Monaten in ganz Köln verbreitet werden sollen. „Wir hoffen damit, die landesweit überdurchschnittliche Quote von mehr als 65% aller Opfer, die Zugang zu einer Beratungsstelle finden, nachdem es zu einem Einsatz der Polizei wegen häuslicher Gewalt gekommen ist, noch erhöhen zu können – das ist dann erfolgreiche Opferhilfe“, so abschließend Ursula Schramma, die die bis zum Herbst laufende Kampagne auch aus ihrem Engagement als Vorstandsvorsitzende der Kölner Opferhilfe gerne begleitet.

Text: Diakonie Michaelshoven
Foto(s): Innenministerium NRW