Derzeit steuert die Evangelische Kirchengemeinde Frechen jährlich rund 122.000 Euro an Eigenmitteln zur Finanzierung ihrer drei diakonischen Einrichtungen bei. Davon fließen 26.000 Euro an das Evangelische Kinder- und Jugendzentrum JoJo. Mit seinen vielfältigen Angeboten ist es Anlaufstelle für wöchentlich fast 400 Sechs- bis 21-Jährige. Der wöchentlich von 200 Menschen frequentierte Evangelische Sozialdienst/ Arbeitslosenzentrum erhält von der Gemeinde jährlich 47.000 Euro. Gerade in letzter Zeit, mit Hartz IV, habe man einen großen Zulauf von Erwerbslosen zu verzeichnen, informierte Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul. „Sie erfahren dort Beratung und Hilfe. Auch ältere Menschen und Bedürftige finden Unterstützung und das Erleben von Gemeinschaft.“ Schließlich stellt die Kirchengemeinde jährlich anteilig 49.000 Euro für den Betrieb ihrer Evangelischen Kindertagesstätte zur Verfügung. Um all diese Aufgaben auch weiterhin leisten zu können, hat das Presbyterium jetzt die Gründung einer Stiftung beschlossen.
„Diakonie ist unserer Gemeinde wichtig“,
stellte Koch-Torjuul fest. „Das ist nichts, wozu uns jemanden zwingt, wir machen das freiwillig“, so die Presbyteriumsvorsitzende. Jede der drei Einrichtungen, „in denen Menschen allen Alters der Rücken gestärkt wird“, erfülle eine besondere Aufgabe – in die Stadt hinein. Aber was die anteiligen Finanzierungen betreffe, komme die Gemeinde an ihre Grenzen. Denn angesichts sinkender Kirchensteuereinnahmen sei zu bezweifeln, dass man die notwendigen Gemeindegelder für die Kinder- und Jugendarbeit, die Kita und die sozialen Dienste weiterhin aus dieser Quelle aufbringen könne. „Das Presbyterium stand und steht vor schwierigen Entscheidungen. Wir wollen als Kirchengemeinde, als ´Haus aus lebendigen Steinen´, offen bleiben. Wir wollen, dass dieses Haus offene Türen zum Nächsten hat. Dies gehört zum Kern unseres Auftrags als christliche Gemeinde.“
Die Stiftung „Türen zum Nächsten“
Deshalb habe man seit 2005 über die Gründung einer Stiftung nachgedacht. „Diese Idee ist nun konkret geworden“, teilte Koch-Torjuul als Vorsitzende des sechsköpfigen Stiftungsrates mit. Die vom Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Frechen im Oktober 2006 errichtete unselbständige Stiftung „Türen zum Nächsten“ verfolgt ausschließlich den Zweck, die kirchliche und diakonische Arbeit der Kirchengemeinde materiell und ideell zu unterstützen, insbesondere die Kinder- und Jugendarbeit, Kita und sozialen Dienste.
„Mit der Gründung unserer Stiftung wollen wir ermutigen und einladen, unsere diakonischen Einrichtungen mitzutragen“, sagte Koch-Torjuul. Damit betrete die Kirchengemeinde Neuland, damit beschreite sie neue Wege. Denn es sei heute eine Zeit, in der man neue Wege gehen müsse, um in der Gesellschaft beweglich zu bleiben. „Wir wollen, dass unsere diakonischen Angebote am Leben bleiben“, appelliert sie an Mitbürger und Gemeindeglieder, „den Weg mit uns gemeinsam zu gehen.“
Startkapital: 30.000 Euro
Das Presbyterium, das auch die Gesamtleitung der Stiftung wahrnimmt, hat deren vom Stiftungsrat verwaltetes Vermögen mit einem Startkapital in Höhe von 30.000 Euro ausgestattet. Nun hofft man durch Zustiftungen, durch eingebrachte Stiftungsfonds, Vermächtnisse und kleine wie große Spenden auf ein rasches Anwachsen. „Jede Spende ist uns willkommen; jeder Einsatz, für uns zu werben“, äußerte Koch-Torjuul. Dies sei zugleich eine Investition in das Klima der Stadt, die ohne die diakonische Einrichtungen viel verlieren würde. Entsprechend positiv fällt die Resonanz bei städtischen Vertretern und Personen des öffentlichen Lebens in Frechen aus. So hält auch Bürgermeister Hans-Willi Meier „die Stiftung ´Türen zum Nächsten´ für eine gute Einrichtung, weil sich hoffentlich auf diese Art und Weise viele Menschen in Frechen aufgerufen fühlen, die Leistungen im sozialen Bereich zu unterstützen. Die Bürgergesellschaft sind wir alle.“
Eine Stiftung muss getragen werden von vielen kleinen Spenden
„Wir sind nicht blauäugig an die Sache herangegangen“, verwies Stiftungsratsmitglied Jürgen Schaufuß auf Vorgespräche mit Mitarbeitenden des Amts für Diakonie des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. „Dort sagte man uns, dass kirchliche Stiftungen erfahrungsgemäß getragen werden von vielen kleinen, nicht von wenigen großen Spenden.“ Einige sind bereits eingegangen. Aber um ausreichend Zinserträge für eine nachhaltige Hilfe erzielen zu können, müsse sich das Vermögen deutlich über eine Million Euro bewegen, so Dr. med. Evelyn Plamper, der erste stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates. „Das ist ein hohes Ziel, und es ist ein langfristiges“, charakterisierte Koch-Torjuul das Projekt als einen wichtigen Bestandteil der Gemeindearbeit.
So könne mit dem heute gestifteten Geld noch in fünfzig und mehr Jahren geholfen werden. Bei der Anlage des Stiftungskapitals wird der Stiftungsrat von der Kreissparkasse Köln beraten. Um das Stiftungsvermögen zu mehren, will die Kirchengemeinde nicht nur Einzelpersonen und Firmen ansprechen. Geplant sind Benefizaktionen unter anderem mit bildenden Künstlern und vieles mehr. „Wir wollen die einzelnen Einrichtungen nicht in Konkurrenz treten lassen“, merkte Pfarrer Bernd Stollewerk an. Aber es sei auch möglich, innerhalb der Stiftung Unterstiftungen – ab 5.000 Euro – für spezielle Zwecke einzubringen.
Ziel: Die christliche Botschaft verankern
Plamper ergänzte, dass der Theologe Karl Barth mit dem Satz zitiert werde, dass er lebendige Laienfrömmigkeit für das wichtigste Ziel der Institution Kirche halte. In der Frechener Stiftung sieht sie eine Möglichkeit, dieser „lebendigen Laienfrömmigkeit Ausdruck zu verleihen, christlichen Glauben zu teilen, sichtbar zu machen und in der Gesellschaft nachhaltig zu verankern“. Koch-Torjuul erinnerte an Martin Luther, der die Bedeutung des persönlichen Engagements jedes einzelnen betont habe. „Wir wollen dieses Element auf diese Weise stärken“, so die Pfarrerin. „Die christliche Botschaft zu verankern, heißt das Ziel.“
Information
Stiftung „Türen zum Nächsten“, Hauptstraße 209, 50226 Frechen, Telefon 02234/527 36. Im Internet hier.
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