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Evangelische Familienbildungsstätte Köln: Erste Zertifikatsverleihung an Tagesmütter

1994 verabschiedete die Evangelische Familienbildungsstätte (FBS) Köln ihr erstes Konzept zur Qualifizierung von Tagespflegepersonen. Seitdem werden in der Einrichtung am Kartäuserwall 24 B in Kooperation mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Köln entsprechende Schulungen angeboten und kontinuierlich weiter entwickelt. Damit reagiert die FBS auf den wachsenden Bedarf an qualifizierten Tagesmüttern und -vätern in dieser Stadt. Die Rechnung geht auf: In den letzten Jahren stieg die Zahl derer, die die in Grund- und Aufbaukurs gestaffelte berufliche Qualifizierung für Tagespflegepersonen absolvierten, stetig an.

Neue Standards für Qualifizierung
Laut Sozialgesetzbuch VIII sind Tagespflege und Tageseinrichtungen gleichrangige Angebote zur Förderung von Kindern. Strukturell zuständig für die Angebote der Kindertagespflege ist in Köln das städtische Amt für Kinder, Jugend und Familie. In Köln hat man zum 1. Januar 2006 die Umsetzung des Gesetzes zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder bewirkt. Auf dessen Grundlage hat das Jugendamt in Zusammenarbeit mit den fünf hiesigen Maßnahmenträgern und Anbietern das Qualifizierungs-Konzept für Tagesmütter und -väter überarbeitet. Seit Beginn dieses Jahres werden die neuen Standards angewandt und umgesetzt. Auch in der Evangelischen Familenbildungsstätte. Sie nimmt sogar eine Vorreiter-Rolle ein.

Erster Zertifikatskurs in der FBS
Bereits im April endete dort der erste als Zertifikatskurs organisierte Aufbaukurs. Er wurde durchgeführt nach dem Curriculum des Deutschen Jugend-Institutes (DJI) München. Die durchweg weiblichen Teilnehmer hatten zuvor erfolgreich einen Grundkurs nach DJI-Lehrplan besucht. Abgeschlossen wurde der sich ab Februar anschließende Zertifikatskurs mit einem Examen nach der Prüfungsordnung des Tagesmütter Bundesverbandes für Kinderbetreuung in Tagespflege e.V. In einer kleinen Feierstunde im neu gestalteten „Roten Raum“, dem einstigen großen Werkraum der FBS, überreichte die zuständige Fachbereichsleiterin Inge Reschke nun neun der insgesamt 15 erfolgreichen Prüflingen das vom Tagesmütter-Bundesverband ausgestellte Zertifikat „Qualifizierte Tagespflegeperson“. Damit hat die FBS erstmals einen solchen Zertifikatsskurs mitsamt Prüfung durchgeführt. Zugleich ist die evangelische Einrichtung die erste Maßnahmenträgerin in Köln, die diese zeitlich unbefristete Bundesverband-Lizenz aushändigen konnte.

„Beim Unterschreiben der Zertifikate überkam mich ein bisschen Stolz“, bekannte FBS-Leiterin Irene Diehl. „Köln braucht sie dringend“, wandte sie sich an die Teilnehmerinnen. Unverändert seien zahlreiche Alleinerziehende und Berufstätige auf der Suche nach einer qualifizierten und möglichst zeitlich flexiblen Betreuung für ihren Nachwuchs. „Was das Konzept der Qualifizierung betrifft, sind wir in Köln up to date.“ Mechthild Klose, Sachgebietsleiterin im Jugendamt der Stadt Köln und zuständig für die Kindertagespflege, erinnerte an die intensive Zeit der Konzeptüberarbeitung und Vorbereitung. „Es ist der erste Kurs nach den neuen Standards“, so Klose. „Ich hoffe, dass wir uns auf dem weiteren Weg begegnen werden; dass ich weiterhin Kontakte in Köln knüpfen kann für die Kindertagespflege und Tagesmütter.“ Ulla Legenhausen, eine der zuständigen, langjährigen Dozentinnen, bedankte sich bei den Teilnehmerinnen für ihre Unterstützung und Engagement: „Mir hat es sehr viel Spaß gemacht.“

Umfang und Inhalt der Qualifizierung
Kinder durch Betreuung, Bildung und Erziehung in ihrer Entwicklung zu fördern, sind die wesentlichen Aufgaben von Tagespflegepersonen. Diese Handlungskompetenzen für Bildungs- und Erziehungsprozesse erlangen sie nach wie vor und insbesondere in Grund- und Aufbaukursen. Ein auffälliger Unterschied zu den vorhergehenden Angeboten betrifft zunächst die Stundenzahl. Umfassten beide zuvor insgesamt achtzig Unterrichtsstunden, sind es jetzt 160. Dies bedeutet, dass die behandelten Themenbereiche und deren verschiedenen Lernfelder nun stärker vertieft und erweitert werden können. Beispielsweise sind allein für den Erste-Hilfe-Kurs acht Unterrichtsstunden angesetzt. „Insgesamt wollen wir ein praxisnahes wie übergreifendes Lernen ermöglichen“, sagte Reschke. Die Inhalte würden immer wieder angepasst, sowohl an aktuelle Fachdiskussionen und wissenschaftliche Ergebnisse, als auch an die Bedürfnisse der Teilnehmenden. Als Lernfelder nannte sie unter anderem: Schaffung einer bewussten „beruflichen“ Identität, Anforderungsprofil an die Tagespflegeperson, rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, Tagespflege aus Sicht jeweils der Tagesmutter, des Kindes und der Eltern. Ebenso behandelt werden Haushaltsmanagement und Möglichkeiten der Kreativitätsförderung.

Erstattung von Beiträgen zu Unfall- und Alterversicherung
Rescheke wies darauf hin, dass Tagespflegekräfte in Köln, die nach dem Sozialgesetzbuch VIII Betreuungsplätze für die Vermittlung von Kindern über das Jugendamt zur Verfügung stellen, seit Januar 2006 auch Geldleistungen aus öffentlicher Hand erhalten. Dies betrifft „die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Altersversicherung“.

Teilnehmende sind mit Konzept einverstanden
„Das Interesse ist ungebrochen“, stellt Reschke fest. Der aktuelle Grundkurs sei ausgebucht. „An uns wurde noch keine Kritik herangetragen, dass die inhaltliche Intensivierung und die damit einher gehende zeitliche Ausdehnung überflüssig seien“, so Reschke. Im Gegenteil wünschten sich die Teilnehmenden ausdrücklich eine fundierte Grundlage. Für sie dürfte interessant sein, dass die Kursgebühr durch die FBS erstattet wird. Voraussetzung ist allerdings, dass das Jugendamt die Qualifizierung weiterhin finanziell unterstützt und die Tagespflegeperson für das Jugendamt in Köln tätig ist beziehungsweise sein will.

Angebot der fachlichen Begleitung
Nach der Qualifizierung bietet die FBS den praktizierenden Tagespflegepersonen eine Praxisbegleitung und regelmäßige Treffen an. In dieser Arbeitsgruppe wird nicht nur die Möglichkeit zum Austausch geboten, sondern auch über neue Inhalte und aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Praxis informiert. Sie bietet kollegiale Fachberatung, Begleitung und Stärkung in der Praxis.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich