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„Es wird Zeit, eine neue, leise Revolution anzuzetteln. Nicht erst morgen. Jetzt!“

„Unzählige Kinderhände produzieren immer noch Kleidung zu Schleuderpreisen. Die Ärmsten der Armen in der Welt machen die Drecksarbeit, das Färben und Nähen am Tag und in der Nacht. Und nur das, was wir kaufen wollen, darf die Grenzen passieren.“ Auch heute noch sei es wie damals, als Jesus von Judas verraten und gekreuzigt wurde, sagte Stadtsuperintendent Rolf Domning in seiner Predigt in der Osternacht in der Kölner Trinitatiskirche: „Die dumpfen Schläge und Tritte als Jesus am Boden lag auf dem Weg zur Hinrichtung. Den Freund verraten. Aber damit war doch nicht zu rechnen, dass sie ihn tatsächlich töten. Der entsetzliche Todeskampf. ‚Warum hast du mich verlassen?‘ Jeder Gedanke an Zukunft: ausgelöscht.“

In der Stille der Osternacht komme alles hoch, was heutzutage geschehe: „Es ist wahr. Es ist wirklich passiert: Wir beuten unsere Natur bis aufs Letzte aus: Wir quälen unsere Mitgeschöpfe in Massentierhaltung. Wir vernichten unsere Insekten und zerstören dabei unsere eigenen Lebensgrundlagen. Seit 1989 sind in unserem Land über drei Viertel der Insektenmasse den Pestiziden zum Opfer gefallen. Dabei sind Bienen, Wespen und Käfer das Fundament unseres Ökosystems. Naturschutzräume, ja selbst unsere Städte werden zu Überlebensorten für manche Insektenarten.“ Auch das sei wie damals, meinte Domning, „die eigene Haut gerettet, einen Freund verraten.“

In die verdunkelte Kirche hinein fragte er: „Wie konnten wir nur so abstumpfen? Wie war es möglich, die Verzweiflung unserer Mitmenschen und Mitgeschöpfe nicht mehr zu spüren? Warum haben wir alles einfach nur hingenommen?“

Tod und Leben stünden nebeneinander – wie in einem Transitbereich. Gleichzeitig spüre man aber auch eine Stimme, die leise sage: „Das kann nicht alles sein! Du bist nicht allein auf dieser Welt, Du bist ein Teil von alldem, Du kannst etwas tun.“ Domning nannte das „eine Trotzreaktion des Lebens gegen die Präsenz des Todes“.
Der reger chor köln unter Leitung von Wolf-Rüdiger Spieler sang in der Trinitatiskirche die Bachkantate
Mitten in der Osternacht, wie eine Vorahnung, komme schließlich die Zuversicht. „Die Zuversicht, das Leben neu zu denken. Neue Ideen zu spinnen. Das Blatt zu wenden.“ Der Stadtsuperintendent sprach von einer „Revolution, die mit mir startet“ und appellierte an die Gemeinde: „Lassen Sie uns als Christinnen und Christen trotzig in Richtung Morgen blicken. Es wird Zeit, eine neue, leise Revolution anzuzetteln. Nicht erst morgen. Jetzt!“

Die feierliche Osternacht in der Kölner Trinitatiskirche am 31. März, 22.30 Uhr, war eine von insgesamt 417 Gottesdiensten und Andachten, die die Kirchengemeinden des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region dieses Jahr von Gründonnerstag bis zum Ostermontag feierten. Vielerorts gab es an Karfreitag Musik zur Sterbestunde Jesu, zum Beispiel die Markuspassion von Jan Bender (1901-1994) in der Erlöserkirche Rodenkirchen.

In einigen Gemeinden trafen sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher am Osterfeuer, meistens vor der Kirche oder im Innenhof der Kirche. Das Feuer symbolisierte ihnen: Mit der Finsternis ist es bald vorbei, das Licht kommt in die Welt. Am Ostersonntag luden einige Gemeinden auch zu österlicher Festmusik ein, zum Beispiel zur Musik mit Panflöte und Orgel in den Altenberger Dom. Einige Gemeinden veranstalteten ein gemeinsames Frühstück im Anschluss an den Ostergottesdienst – zum Zeichen der Verbundenheit miteinander und mit Gott.

Text: APK
Foto(s): APK