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„Es ist genug für alle da“: Die 50. Aktion von Brot für die Welt startet am Ersten Advent

Die Geburtsstunde für „Brot für die Welt“ schlug am 12. Dezember 1959. Rund 12.000 Menschen waren damals in die Berliner Deutschlandhalle gekommen, wo sie der evangelische Theologe Helmut Gollwitzer aufrütteln wollte, „aus der Trägheit des Herzens“. Viele Mark und viele Pfennige wanderten in die aufgestellten großen Spendendosen. Es waren die Dosen, in denen die US-Amerikaner Milchpulver ins darbende Nachkriegsdeutschland geschickt hatten. Aus Dankbarkeit sollten nun deutsche Christinnen und Christen in den ersten Wirtschaftswunderjahren die Hungernden in Indien und Afrika bedenken. Das Echo übertraf alle Erwartungen. Mit fast 20 Millionen Mark Spenden hatten die evangelischen Landes- und Freikirchen, auch heute noch die Träger von „Brot für die Welt“, nicht gerechnet. Das erste Geld ging unter anderem nach Marokko, Chile und Indonesien. Was als einmalige Aktion gedacht war, wurde zur ständigen Einrichtung.

Am ersten Advent 2008 wird nun die 50. Spendenaktion von „Brot für die Welt“ feierlich in der Berliner Heilig-Kreuz-Kirche eröffnet. „Brot für die Welt“ widmet sich heute der Entwicklungsarbeit in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa. Im vergangenen Jahr gingen 52,8 Millionen Euro Spenden ein. Die 50. Aktion steht unter dem Motto „Es ist genug für alle da“ und macht damit die ungleiche Verteilung des Wohlstands auf der Erde zum Thema.

Ziel von „Brot für die Welt“ war immer schon die Hilfe zur Selbsthilfe. Dazu gehört die Sorge um Ernährung und Wasserversorgung, Gesundheit und Bildung, Frieden und Menschenrechte. Aber auch der Kampf gegen Umweltzerstörung, Kinderarbeit, Verfolgung und wirtschaftliches Unrecht ist ein wichtiges Anliegen. Unterstützt werden derzeit insgesamt etwa 1.200 Projekte.

Als einer der Ehrengäste ist beispielsweise auch der anglikanische Erzbischof David Gitari aus Kenia zum Jubiläum eingeladen, der als „Bischof der Armen“ geschätzt wird. Gitari, heute im Ruhestand, kam auch einmal nach Stuttgart, um zu feiern. Der Bischof wollte sich damals mit „Brot für die Welt“ über das friedliche Ende des Regimes von Daniel arap Moi Ende 2002 freuen. „Wir verdanken das Euch“, sagte der Bischof, der mehrere Mordanschläge überlebt hat, zu „Brot-für-die-Welt“-Direktorin Cornelia Füllkrug-Weitzel.

Viele Jahre hatte die Hilfsorganisation die Arbeit des Kenianischen Kirchenrats für Menschenrechte und Demokratie unterstützt. Dieses Projekt steht für den Wandel, den „Brot für die Welt“ in fünf Jahrzehnten vollzog: Von der akuten Nothilfe in den Anfangsjahren zu der langfristigen Entwicklungsarbeit, den politischen Kampagnen und strategischen Hilfen von heute, um die Wurzeln von Hunger und Armut anzugehen. „Brot für die Welt“ verschrieb sich früh der Hilfe zur Selbsthilfe. Doch „es dauerte fast zwei Jahrzehnte, um den Weg vom Großkrankenhaus zum Basisgesundheitsdienst zu gehen“, sagte der 2003 verstorbene langjährige Direktor Hans-Otto Hahn einmal selbstkritisch.

„Brot für die Welt“ ergriff immer Partei und handelte sich trotz strikter Gewaltfreiheit den Vorwurf ein, bewaffnete Gruppen in Brasilien, im Nahen Osten oder den Philippinen zu unterstützen. Für Streit sorgte auch die Apartheid in Südafrika. 1970 zog sich „Brot für die Welt“ schließlich vom Antirassismusprogramm des Weltkirchenrates zurück. Die Aktion „Hunger durch Überfluss“ empörte 1981 die Bauernverbände und löste hitzige Diskussionen über Agrarexporte, Viehfutterproduktion und Fleischkonsum aus. Mit der Grundsatzerklärung „Den Armen Gerechtigkeit“ wurde 1989 das Ziel formuliert, ungerechte Verhältnisse zu ändern. 1997 legt sich „Brot für die Welt“ auf die Förderung einer nachhaltigen kleinbäuerlichen Landwirtschaft fest, ohne Chemie. „Empowerment“ wurde zum Ziel der Entwicklungsprojekte, also die Stärkung und Bildung von landlosen Bauern, Slumbewohnern oder indianischen Frauen, damit sie selbst ihre Rechte einfordern und ihre Lebensverhältnisse verbessern können. „Ich kenne kein besseres Konzept als Empowerment“, sagt Direktorin Füllkrug-Weitzel.

Der frühere Entwicklungsminister Erhard Eppler (SPD) ist überzeugt, dass davon, dass „Brot für die Welt“ in fünf Jahrzehnten Arbeit Millionen von Menschen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht hat. Die Entwicklungszusammenarbeit zwischen kirchlichen Partnern gewinnt für ihn heute neue, brisante Aktualität: „Wo Staaten zerbröseln, halten Kirchengemeinden zusammen.“ Füllkrug-Weitzel misst den Erfolg der Projekte nicht in volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen: Im Mittelpunkt stehe der einzelne Mensch, mit seiner Würde und seinem Stolz, betont sie.

Das Hilfswerk wird getragen von evangelischen Landes- und Freikirchen und ist im Diakonischen Werk in Stuttgart angesiedelt. Bis 2013 ist der Umzug nach Berlin und ein Zusammenschluss mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst geplant, der seinen Sitz derzeit noch in Bonn hat.

Text: EKiR/epd
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