You are currently viewing Es gibt noch Rest-Karten für Antigone mit Milan Sladek

Es gibt noch Rest-Karten für Antigone mit Milan Sladek

Einen Herzenswunsch erfüllte sich der Pantomime Milan Sladek mit der Premiere am Donnerstagabend in der Trinitatiskirche. Vor rund 50 Jahren hatte er die „Antigone“ erstmals gelesen, nun konnte er die Tragödie des Sophokles endlich mit den Mitteln seiner Kunst auf die Bühne bringen.

Dass es so lange gedauert hat, mag mit den offenkundigen Problemen des Vorhabens zusammenhängen: Der Konflikt eines Menschen, dessen tiefe Überzeugungen den Forderungen der weltlichen Macht widersprechen, mag so aktuell sein wie eh und je. Wie aber soll ein Pantomime das komplexe Spiel darstellen, das sich in einer Vielzahl von Dialogen entfaltet, die auch noch mit Einschüben des Chors wechseln, ohne den Zuschauer zu verwirren und letztlich zu verlieren?

Mut zum Experiment
Um einen Fluch, der auf Ödipus’ Sippe lastet, geht es da zum Beispiel, aber auch um antike Bestattungsbräuche – man durfte gespannt sein, ob es Sladek gelingen würde, am Stoff des Dramas festzuhalten, die Personen nicht auf Personifizierungen menschlicher Leidenschaften und Charaktereigenschaften zu reduzieren. Der 77-jährige Pantomime, gleichzeitig Regisseur des Projekts, löst das Problem mit Mut zum Experiment: Er lässt die Rollen des Stücks von sieben Schauspielern sprechen, die gleichzeitig den Chor bilden, während er auf der Bühne, stets assistiert von vier Pantomimen der Prager Akademie der musischen Künste, in die Kostüme der jeweiligen Rolle schlüpft.

Ausdrucksvolle Gesten vermitteln Kraft
Mit Ausnahme von zwei Epilog-artigen Passagen zu Beginn und am Ende des Stücks, die Sladek in weißem Gewand und weiß geschminktem Gesicht spielt, trägt er in den Szenen, die ebenfalls zu den Rollen gehörenden wuchtigen Masken, die er als gelernter Holzschnitzer selbst angefertigt hat. Er kann also nicht auf sein mimisches Repertoire zurückgreifen, sondern lässt die Figuren ausschließlich durch die Kraft seiner ausdrucksvollen Gesten lebendig werden. Dies gelingt, weil seine Bewegungen und die Texte der schwarz gekleideten sieben Schauspieler, die – wenn sie nicht gerade als Chor gemeinsam agieren – am Rande der Bühne stehen, außerordentlich gut aufeinander abgestimmt sind.

Es geht auch um das Recht einer Frau
Lediglich der Chorführer, gespielt von Mathias Bonhoeffer, Pfarrer an der Kartäuserkirche, greift direkt in die Handlung ein, wenn er etwa König Kreon von der Hinrichtung Antigones abbringen will, die ihren Bruder entgegen der ausdrücklichen Weisung des Königs nach den Gebräuchen bestatten möchte – Menschlichkeit, Ablehnung von Willkür, Grausamkeit und Starrsinn sind die durchaus einem Geistlichen gemäßen Argumente. Während weite Teile des Originaltexts gestrichen wurden, bleiben in dieser Fassung, die aus Passagen verschiedener Übersetzungen der Tragödie montiert ist, doch all jene erhalten, in denen es um Humanität geht – und auch um das Recht einer Frau, ihre Haltung gegenüber einem männlichen Tyrannen zu behaupten.

Eindrucksvolle Fahnentänze und japanische Lautenklänge
Optische und akustische Einfälle unterstützten den Collage-artigen Charakter der Inszenierung – eindrucksvolle Fahnentänze etwa verdeutlichen den aufgewühlten Zustand im vom Kriege heimgesuchten Theben, eine nuancierte Lichtregie zu Streichern, elektronischen Rhythmen und japanischen Lautenklängen gibt den verschiedenen Szenen ihre eigene Färbung. So schlägt der uralte Text der „Antigone“ auch heute noch die Zuschauerinnen und Zuschauer in den Bann.

Inszenierungen im Mai 2015
Die Inszenierung ist noch am 19., 20. und 21. Mai in der Kölner Trinitatiskirche zu sehen. Beginn ist jeweils um 20.07 Uhr. Die Karten kosten 30 Euro, ermäßigt 25 Euro. Sie sind schon im Vorverkauf über KölnTicket erhältlich, telefonisch unter 0221/2801 oder über das Internet.

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s):