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Erster Evangelischer Flüchtlingsgipfel war ein voller Erfolg!

Die 28-jährige Fahise ist froh, in Köln für sich und ihre beiden jüngsten Kinder einen sicheren Platz gefunden zu haben. Vor zwölf Jahren ist sie aus ihrer Heimat Afghanistan in den Iran geflüchtet, aber dort gab es für ihre Familie auch keine Zukunft. Fahise lebt jetzt im Flüchtlingswohnheim des Diakonischen Werkes Köln und Region in Sülz. Sie freut sich, dass sie hier selber kochen kann, auch mit den anderen Frauen zusammen: „Neulich gab es eine afghanisch-ghanaische Mischung – sehr speziell!“

Fahise ist als Flüchtling so eine Art „typischer Fall“. Beim ersten „Evangelischen Flüchtlingsgipfel“ in Köln dient sie als Kunstfigur, verkörpert von Dorothee Schaper von der Melanchthon-Akademie. Hier trafen sich etwa 60 Frauen und Männer aus der Flüchtlingsarbeit, um sich miteinander zu vernetzen und Wünsche und Forderungen zu formulieren.

Ungebrochene Willkommenskultur in den Kirchengemeinden
„Wir stehen im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region für eine ungebrochene Willkommenskultur“, betonte Stadtsuperintendent Rolf Domning zur Begrüßung. „In unseren Kirchengemeinden passiert unglaublich viel. Hier können wir auf ein großes Engagement vertrauen.“ Dieser Flüchtlingsgipfel sei daher vielen kirchlichen Ebenen ein großes Anliegen gewesen, so auch dem Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region (EKV). Die Vorbereitung lag in den Händen des Arbeitskreises Migration. Dessen Vorsitzender Pfarrer Jost Mazuch erläuterte, dass der evangelische Gipfel der Orientierung nach innen und außen dienen solle, zugleich Bestandsaufnahme und auch Vorbereitung sei auf einen Flüchtlingsgipfel, den die Stadt Köln für die Zukunft plane.

Mosaik evangelischer Akteure in der Flüchtlingsunterstützung
Dorothee Schaper alias „Fahise“ führte durch den ersten Teil, ein „Mosaik der evangelischen Akteure der Flüchtlingsunterstützung“. Den Anfang bildete das Flüchtlingswohnheim, das erste in Köln nur für Frauen und Kinder, in dem „Fahise“ seit der Eröffnung im März lebt. Die Leiterin des Fachdienstes Migration des Diakonischen Werkes Köln und Region, Martina Domke, begleitete die Startphase des Wohnheims intensiv. Ihr ist es besonders wichtig, „dass die Frauen von Anfang an im Asylverfahren professionell beraten werden.“ Rund um das Wohnheim hat sich die Willkommensinitiative „Hallo in Sülz“ gegründet. In deren Café erfährt „Fahise“ von Sprachkursen mit Kinderbetreuung an der Christuskirche. Pfarrer Christoph Rollbühler berichtet von dem großen ehrenamtlichen Engagement, das er sich manchmal auch für andere Bereiche wünsche. „Dieses Engagement hat unser Gemeindeleben politisiert“, so Rollbühler. Die Gemeinde subventioniert fünf der neu gebauten Wohnungen an der Christuskirche und vermietet sie über die Stadt an Flüchtlinge.

Wohnungssuche und Aufenthaltsgenehmigung
Das Thema Wohnungssuche führt „Fahise“ zur Antoniter-Siedlungsgesellschaft mbH (ASG). Michael Manthey, kaufmännischer Abteilungsleiter des sozial orientierten Wohnungsbauunternehmens, bezeichnete es als „große Herausforderung, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die ASG habe sich selbst für die Unterbringung von Geflüchteten eine Quote von 15 Prozent gesetzt. „Fahise“ hofft weiter auf eine Wohnung für sich und ihre Kinder, freut sich jetzt aber erst mal über einen Termin für die Anhörung in Dortmund. Eine Praktikantin aus der Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes begleitet sie dorthin. Sollte es Probleme bei der Anerkennung geben, kann sie auf die Erfahrung und die Kontakte der Mitarbeiterinnen in der Flüchtlingsberatung in Köln vertrauen. „Wir haben die sich ständig ändernden Gesetze im Blick“, betont Fachdienstleiterin Domke. Auch für „Menschen ohne Papiere“, die sich illegal in Deutschland aufhalten, gibt es ein von der Stadt finanziertes Beratungsangebot.

Beratungsstelle für geflüchtete Menschen mit Behinderung
„Fahise“ staunt über die vielfältige Unterstützung für Flüchtlinge: In der Diakonie Michaelshoven gibt es nicht nur zwei große Notunterkünfte sondern auch eine Beratungsstelle für geflüchtete Menschen mit Behinderung und Wohngruppen für Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Das Jugendwerk Köln unterstützt Jugendliche in internationalen Flüchtlingsklassen an den Berufsschulen. Das ökumenische Netzwerk „Asyl in der Kirche in NRW“ berät Kirchengemeinden, die Flüchtlingen Asyl gewähren wollen. In der Melanchthon-Akademie gibt es zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Flucht sowie Netzwerk-Treffen diverser Initiativen in der Flüchtlingsarbeit.

Mit-Veranstalter des Gipfels von links: Joachim Ziefle, Pfarrer Jost Mazuch, Martina Domke, Pfarrerin Dorothee Schaper, Michael Manthey, Pfarrerin Reinhild Widdig

Ergebnisse aus fünf Workshops
„Fahise“ freut sich – „So viele wollen uns helfen!“ – und fragt sich aber auch: „Warum machen diese Christen das alles?“ Diese und andere Fragen standen im Mittelpunkt des zweiten Teils des „Evangelischen Flüchtlingsgipfels“. In fünf Workshops beschäftigten sich die Gipfelteilnehmenden mit diversen Themen. Die Ergebnisse stellten sie am Ende im Plenum vor: Der Workshop „Bauen – Wohnen – Unterkunft“ forderte die ASG auf, verstärkt auf Kirchengemeinden zuzugehen, die Grundstücke für neue Wohnungen hätten, und hierzu eventuell ein Symposium zu veranstalten.

Wunsch an die Stadt Köln
An die Stadt Köln gerichtet gab es den Wunsch, Bauanträge zu vereinfachen und das Auszugsmanagement für Flüchtlinge transparenter zu gestalten. Die Gruppe „Recht – Beratung – Asylverfahren“ musste feststellen, dass es nicht ausreichend Beratungskapazitäten gibt, um die gesamte Nachfrage abzudecken. Grundsätzliche Informationen für Flüchtlinge könnten auch über Ehrenamtliche vermittelt werden, auf Papier in mehreren Sprachen und im Internet. Der Workshop „Bildung – Sprache – Arbeit“ forderte den Kirchenverband auf, Sprachkurse stärker finanziell zu unterstützen.

Ehrenamt nur für Flüchtlingsarbeit
Ein gemeinsames Konzept zum Ehrenamt in der Flüchtlingsarbeit erbat sich die Gruppe „Ehrenamt – Koordination – Qualifizierung“ von der Evangelischen Kirche im Rheinland und dem EKV, auch um vor Ort entscheiden zu können, welche Interessierte für ein Ehrenamt geeignet sind und welche nicht. Die Kirche solle außerdem akzeptieren, dass sich viele Ehrenamtliche ausschließlich in der Flüchtlingsarbeit engagieren wollen und nicht für andere Bereiche zur Verfügung stehen.

Kirche soll Sprachräume öffnen
Die Gruppe „Evangelisches Wächteramt – politische Forderungen“ appellierte, Flüchtlinge nicht gegeneinander auszuspielen, sondern den Blick auf den Menschen zu schärfen und die Würde jedes einzelnen hochzuhalten. Die Kirche müsse Sprachräume öffnen, aber auch klar Position beziehen gegen menschenfeindliche Äußerungen in Gesellschaft und Gemeinden. Eine „Wächteraufgabe“ der evangelischen Kirche sah die Gruppe auch darin, die Stadt Köln an die verabredeten Qualitätsstandards bei der Unterbringung und Begleitung zu erinnern, die derzeit nicht eingehalten werden.

Die Ergebnisse der Workshops wird der Arbeitskreis Migration in den Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region einbringen.

Zum Abschluss wies Joachim Ziefle, Stellvertretender Leiter der Melanchthon-Akademie, auf das nächste Netzwerk-Treffen der Willkommens-Initiativen am Donnerstag, 21. April, 19 Uhr, hin. Auch das Programmheft der Akademie hält viele weitere Termine zum Thema bereit.

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Martina Schönhals